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Denn da niemand alles wissen kann, so liegt ein gewisser Grad
von Unwahrheit darin, der meiner Natur stets am widerstrebendsten
war, und der sich in seinem übrigen Auftreten auch mehr oder
weniger bekundete.
Durch seine Mutter mit einigen guten Familien hier im Lande
verwandt, legte er stets eine Art aristokratischen Anspruchs an den
Tag. Von seinem Vater war möglichst wenig die Rede und in
diesem Wenigen eine möglichst vornehme Geburt durchblicken lassend.
Als er später durch seine Heirat) in der besten Familienver⸗
wandtschaft auftrat, dehnte sich die Schwäche dieses Anspruchs auf
ein ostensibel geführtes Wappen aus, dessen Neuheit jeder Dilettant
in der Heraldik erkennen konnte, und selbst auf Stammbäume und
Familienporträts, deren Originalität vielfach aus kleinen Indizien
bezweifelt wurde. Erst die Revolution von 1848 brachte ihn auf
das richtige Gefühl in dieser Beziehung zurück, nämlich, seine Ehre
darin zu suchen, der Schöpfer seines eigenen Geschickes zu sein,
womit er jedenfalls von vornherein einfacher und würdiger auf⸗
getreten wäre.
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Radowitz
Cbarakter 4
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In Gemüt und Herzen muß er Saiten gehabt haben, die mir
fremd geblieben sind, denn er verstand es, in seiner Familie und
bei zahlreichen Freunden eine enthusiastische Liebe zu erwecken, die
ihn bis über das Grab hinaus begleitet hat, eine Gabe, die wohl
nicht ohne innere Befähigung erlangt werden kann. Man rühmte
ihn zuerst als vortrefflichen Sohn, da er seine alte Mutter mit
nach Berlin brachte. Als Ehemann und Vater ist er stets ein
liebevoller gewesen; er heiratete eine sehr liebenswürdige, uns nahe⸗
stehende Verwandte, und vielleicht erschien er in seinen häuslichen
Verhältnissen peremptorischer, als er es war. In der Erziehung
seiner Kinder zeigte sich nichts von seiner ausgesprochenen Strenge
in allen Dingen.
) Mit der Gräfin Maria v. Voß aus dem Hause Groß,Giewitz, geb.
April 1807, Tochter des Grafen August Ernst und der Gräfin Luise Karoline
v. Voß. Nach Radowitz' eigener Aufzeichnung hatte er seine „liebe Marie“ zuerst
im Mai 1826 im Rochowschen Hause kennen gelernt. (Hassel, a. a. O., S. 34.)
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