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Erinnerungen der Karoline v. Rochow geb. v. d. Marwitz Fünftes Kapitel. Am Hofe des Kronprinzen (etwa 1820-1825)

Full text: Vom Leben am preußischen Hofe / Rochow, Caroline von (Public Domain)

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Einzug 
in Berlin 
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X — 6 — 
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Alle Stände, Korporationen, hoch und niedrig, wetteiferten 
darin, ihre Teilnahme und Freude über die ersehnte Ankunft der 
künftigen Landesmutter zu bezeigen. Die kostbarsten Anstalten zum 
Empfang an Ehrenpforten, Begleitungen, Ausschmückungen, Depu⸗ 
tationen, Illuminationen, Feuerwerken, hörten von Zeitz bis Berlin 
nicht auf, reihten sich aneinander, von der ersten Begleitung der 
Altenburger Bauern in ihrer Landestracht, auf den schönsten Pferden, 
bis auf die großartigste Entfaltung aller, bis dahin fast schlafen 
gegangenen Gewerkey) mit ihren Emblemen, geführt von der vor⸗ 
nehmen Kaufmannschaft auf den besten englischen Pferden, — 
der erste damalige Bankier Schickler, ein Anglomane und vortreff 
licher Reiter, an der Spitze — welche die Prinzessin in die Tore 
ihrer künftigen Hauptstadt einführten. 
Leider fehlte es auch nicht an den ominösen Anglücksfällen, 
die so oft ähnliche Freudenbezeugungen begleiten. Bei der schönsten, 
großartigsten Illumination war es „ein Mißverständnis“, das die 
von dem Zuge zuerst eröffnete Schloßbrücke wieder schloß, so daß auf 
der noch bestehenden Notbrücke das Gedränge mehrere Menschen⸗ 
leben zum Opfer forderte. Man strebte natürlich danach, dies der 
Prinzeß zu verbergen, um nicht eine Erinnerung an unglückliche 
Vorgängerinnen hervorzurufen. Man könnte es auch vielleicht als 
Vorbedeutung auffassen, denn vieles, in mancherlei Gestalt hat sie 
in dem Schicksal ihres neuen Vaterlandes, ihrer neuen Familie durch⸗ 
zuleben gehabt, wenn auch bis jetzt (ich schreibe 1854) noch nicht 
das Schlimmste geschehen, aber auch das Ende noch nicht erreicht ist. 
Zuerst fragte man sich: in welcher Gemütsstimmung kann diese 
junge Prinzeß, nach dem Losreißen aus einem geliebten und glück⸗ 
lichen Familienkreise, ihren Jugendverhältnissen, in denen, wie man 
hörte, sie sich einfach und ungeniert in Umgang und Freundschaft 
bewegt hatte, geängstigt über ihren konfessionellen Standpunkt, durch 
sparnisse sind mehr für die Zukunft als für die Gegenwart gedacht; auch 
hat Kircheisen (Friedrich Leopold v. Kircheisen [1749-1825], 1810 - 1825 
preußischer Justizminister) keinen Substitut. 
y Vgl. hierzu Marwitz, a. a. O. J, S. 110.
	        
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