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Die Bautätigkeit.
akademisches Stilgehäuse anweisen: für solche
Bestrebungen repräsentiert Schinkels Name.
Mit diesem mehr feinen als starken, mehr
spirituellen als sinnlichen, mehr einsichtigen
als gestaltenden Künstler setzt sich in Ber-
lin der Jahrhundertwahn fest, man hätte Kul-
tur, wenn man sie denken kann. Es kommt mit
ihm in Berlin aber auch das Prinzip zum Durch-
bruch, das einer Garnison- und Kolonialstadt
allein dauernd gemäß ist. Der Klassizismus,
wie Schinkel ihn verstand, hat seine Parallelen
in München, in Wien, überall in Deutschland;
aber nirgend ist er zu einem so ausschließlich
bestimmenden Stadtbaustil geworden wie in
Berlin.
Mit Recht ist die preußische Hauptstadt dem
Philhellenen aus Neu-Ruppin so dankbar. Denn
er tat, was die Zeit forderte und was der immer
noch formlosen Hauptstadt nötig war, mit wahr-
haft adeliger Gesinnung. Sei es wie es sel:
immerhin ist es der Zeit doch erst, der Schinkels
Name voranleuchtet, gelungen, was sieben Jahr-
hunderten nicht gelingen wollte. In der Herr-
schaftsperiode des Eklektizismus erst, von 1780
bis 1860 etwa, und am meisten während des
direkten Einflusses Schinkels, ist Berlin archi-
tektonisch erst zu einem Organismus geworden,
zu einer Residenzstadt, würdig dieses Namens.
Die puritanisch ‚repräsentativen, langweilig
prächtigen Stadthausfassaden erscheinen noch