Die Bautätigkeit.
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jeder Kolonialstil. Im Berlin Friedrich Wilhelms
des Ersten war in diesem nachgeborenen Stil
immerhin die besondere Nuance einer gewissen
großräumigen Sachlichkeit. Die französischen
und holländischen Elemente der Bevölkerung
brauchten jetzt nur lebendig heimatlich zu emp-
finden, um diesen aus Italien, Frankreich, aus
Süddeutschland und den Niederlanden stammen-
den Bürgerstil zu verstehen und um ihn sogar in
gewisser Weise repräsentativ zu steigern. Und
um Etwas wie Tradition zu schaffen. Davon le-
gen eben jene Palais in der Wilhelmstraße, die
Garnisonkirche, die beiden reizvollen protestan-
tischen Zentralkirchen in der Mauerstraße und
das von dem Architekten des holländischen Vier-
tels in Potsdam, Boumann d. Ä., als Palais für den
Prinzen Heinrich etwas später freilich erbaute
heutige Universitätsgebäude aufs nachdrück-
lichste Zeugnis ab. Berlin beginnt endlich ein
wenig residenzlich auszusehen. Es ist sozusagen
in Allem, was im Berlin dieser Zeit entstanden
ist, Zopfstil; aber trotzdem begegnet man end-
lich dem Sinn für Form, Maß und Rhythmus als
etwas Allgemeinem. Hinter der Uniformität,
hinter der jungen Konvention regt sich leise
zum erstenmal etwas wirklich Individuelles.
Der geniale Sohn Friedrich Wilhelms des
Ersten bedeutet für die Berliner Architektur
dann wieder weniger. Auch er war zu genialisch,
zu selbstherrlich für Das, was der mühsam wer-