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Die Bautätigkeit.
gierungszeit stammt das erste typische Berliner
Bürgerhaus. Daran ist freilich nichts Beson-
deres zu sehen; aber endlich steht man doch
vor etwas halbwegs Organischem, endlich sieht
man eine planmäßige Bauarbeit beginnen. Ber-
lin hat in dieser Zeit, unter der Regierung des
als geizig verschrienen Königs, die erste bedeu-
tende Bauperiode erlebt. Die Dorotheen- und
die Friedrichstadt wurden bis zur Mauerstraße
hinausgeschoben, es entstand der Pariser Platz
und der Leipziger Platz, die Wilhelmstraße wurde
angelegt und in ihr wurden bequeme und schöne
Herrschaftshäuser wohlhabender Adeliger ge-
schaffen. Es wurde unter Friedrich Wilhelm dem
Ersten das heutige Reichskanzlerpalais gebaut
und das Gebäude, das jetzt das Ministerium des
königlichen Hauses beherbergt; es entstand das
Kammergericht in der Lindenstraße, das Prin-
zessinnenpalais und die Seehandlung. Alles Ge-
bäude, die zu den vornehmsten Kulturpunkten
der Berliner Architektur gehören und die wahr-
haft populär werden konnten, weil in ihnen
lebendige Stadtstimmung zum erstenmal sieg-
reich zum Ausdruck kam. Es schlossen sich
zur selben Zeit die unbehaglichen Lücken im
Stadtbild. Wurde Berlin auch nicht schön,
so wurde es doch wohnlicher und reinlich. Es
herrschte im allgemeinen ein kalter, klassi-
zistischer Stil aus zweiter Hand; aber klassi-
zistisch und eklektizistisch ist, wie es scheint,