Die Bautätigkeit.
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hunderten seiner Existenz kann Berlin in keiner
Weise den wichtigen Kunst- und Kulturstätten
zugezählt werden. Aus dem Mittelalter, aus der
Renaissance ist kein Bauwerk von höherer Be-
deutung erhalten. Nirgend findet man die Zeichen
eines mächtigen katholischen Willens oder eines
selbstbewußten protestantischen Geistes; es zeigt
sich in der Baukunst bis nahe an das neunzehnte
Jahrhundert kaum schon ein Zeichen höher ge-
arteter Bürgergesinnung; und es bleibt bis zum
Tode des Großen Friedrich die fürstliche Bau-
kunst selbst etwas künstlich Importiertes. Wenn
sich durch alle Epochen in der Berliner Kultur
und in deren deutlichstem Abbild, der Architek-
tur, etwas wie Lokalgeist verfolgen läßt, so be-
steht der nur aus den Elementen kolonialer Fru-
galität, indifferenter Nüchternheit und innerer
Empfindungslosigkeit.
Ein Hauch des Alters wenigstens, wenn auch
nicht der Schönheit, würde von den wenigen
mittelalterlichen Kirchen ausgehen, wenn Bilin-
der Restauratoreneifer sie nicht umgestaltet, sie
nicht umgefälscht hätte. Echt sind heute von
den ältesten Berliner Kirchen, der Nikolaikirche,
der Marienkirche, der Heiligengeistkapelle und
der Klosterkirche, nur noch einzelne Teile des
Gemäuers, spärliche Mauerreste, aus Findlings-
Steinen gefügt, und ein paar ziegelsteinerne
Wände aus der späteren Periode märkischer
Backsteinarchitektur. Es fehlt den immer wie-