Path:
Entwicklungsschicksale

Full text: Berlin / Scheffler, Karl (Public Domain)

58 
Die Stadtanlage. 
nicht folgt, weil sich nicht von alters her 
Uferstraßen an ihm entlang ziehen. Kanal- 
artig fließt die Spree durch die Riesenstadt, 
von Schiffen kaum belebt; die Bewohner bringen 
dem Flusse darum auch Zärtlichkeit nicht ent- 
gegen, wie es doch in Paris und Wien, in Ham- 
burg und Frankfurt am Main der Fall ist, In 
Paris sagt man von einem Stadtteil, einer Straße, 
einem Hause, sie lägen rechts oder links von der 
Seine; in Berlin wird der Fluß in diesem Sinne 
aber niemals zu einem Grenz- und Orientierungs- 
begriff. Er verbindet nicht, er trennt nicht; er 
ist einfach ein Wasserlauf, über den man sich 
Gedanken nicht macht. Nur an einer Stelle, zwi- 
schen Mühlendamm und Janowitzbrücke öffnet 
er landschaftlich ein wenig die Stadt. Es ist be- 
zeichnend, daß er heute noch gerade an der Stelle 
seine feinsten Reize entfaltet, wo er die ersten 
Ansiedler zur Niederlassung lockte. Nur in der 
Gegend des Mühlendamms hat die Spree noch 
ein wenig Alt-Köllner Stimmung. An diesem 
Ort stehen die ältesten Häuser, die Fischkasten 
und Netzstangen erinnern unmittelbar noch an 
die Beschäftigung der ersten Bürger, und das 
Auge kann freier den Raum empfinden als 
anderswo. 
Denn dieses eben ist der größte Nachteil der 
Stadtanlage: daß man nirgend eigentlich Distanz 
nehmen kann. Es fehlt Berlin die Stadtland- 
schaft. Überall ist man mitten drin in den Häu-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.