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Die Stadtanlage.
lich geworden, wie es die Bürgerstadt war. Auch
diese Fürstenanlage erscheint wie aus zweiter
Hand. Sie besteht eigentlich nur aus einigen
halb zufällig angeordneten Gebäuden und aus
einer einzigen Straße. Mit den Champs Elys&es
lassen sich die Linden nicht vergleichen. Der fran-
zösische Name sagt schon, daß es sich in Paris
um ein ganzes Feld handelte, das auf das Schloß
bezogen wurde. Zu den Champs Elysees gehören
gewissermaßen die Anlagen der Invalidenespla-
nade, und das ganze Champ de Mars, die Fluß-
ufer gehören dazu, der Tuileriengarten, ganze
Stadtteile und wichtige Straßenzüge. Die Kö-
nigstadt in Paris ist eine große Landschaft; in
Berlin ist sie eine einzige Straße. Denn was sonst
zur Königstadt gehört, das regelmäßige Straßen-
netz der Friedrichstadt, der Dorotheenstadt
usw., das waren von vornherein nur Haufen
bürgerlicher Wohnstätten, aus praktisch kolo-
nisatorischen Erwägungen angelegt. Zum Schloß
standen diese Stadtteile niemals repräsenta-
tiv anschaulich in Beziehung. Die verschie-
denen Hohenzollernfürsten haben diese Stadtteile
nicht angelegt um der Wirkung willen, sondern
mehr wie Fabrikherren, die geräumige und ge-
sunde Arbeiterhäuser gruppenweis erbauen. In
diesen Anlagen ist mehr zopfiger Amerikanismus
als Renaissancegeist. Weder der Große Kur-
fürst noch der erste Preußenkönig haben es ge-
wagt, Schloß, Domkirche und via triumphalis