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Entwicklungsschicksale

Full text: Berlin / Scheffler, Karl (Public Domain)

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Die Stadtanlage. 
wirrt die Stadt immer von neuem. Sie tut sich 
nirgend eigentlich weit hindeutend auf, sie zieht 
den Wanderer in ihr gleichmäßiges Straßengewirr 
hinein und lähmt seine Phantasie, weil sie nicht 
natürliche Anhaltspunkte und physiognomische 
Sonderzüge aufweist. Sie tötet das rhythmische 
Raumgefühl. Und das allein wäre schon Be- 
weises genug, daß Berlin künstlich entstanden ist. 
Denn das musikalische Glücksgefühl, das man 
in einer schönen alten Stadt empfindet, ist nichts 
anderes, als daß Einem ihre Geschichte lebendig 
wird, als daß Einem das Zeitliche als ein Raum- 
haftes entgegentritt. 
Von Anfang an ist Berlin ein Opfer seines 
Dualismus gewesen. Zwei Städte, zwei Ver- 
waltungen, zwei isolierte Interessen: was sagt da 
die gemeinsame Stadtmauer! Um 1307 erst 
wurden beide Städte einer einzigen Verwal- 
tung unterstellt; dann aber fand Friedrich 
der Zweite es bequemer, zwei konkurrierende, 
aufeinander eifersüchtige und sich gegenseitig 
lähmende Städte zu beherrschen als eine, die 
ihm mit geeinter Macht entgegentreten konnte, 
Er trennte um 1442 schon wieder die Ver- 
waltung und es blieb dann bei einem unfrucht- 
baren Dualismus bis zum Jahre 1709, bis zu 
einem Zeitpunkt also, wo der Grundriß der Stadt 
längst festgelegt worden war. Hätte es sich nun 
wirklich um zwei selbständige Städte gehandelt, 
so hätte sich jede für sich organisch entwickeln
	        
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