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Der Stadtgeist.
sehr gut, besser oft als alle Anderen im Reiche,
verstanden, von heute auf morgen zu denken,
das Rationelle zu tun und vorzubereiten; für
das Ewige aber hat er sich nie mit ganzer Kraft
eingesetzt.
Höchstens hat er sich bemüht, reflektierend
Begriffe für das Ewige zu finden. Es ist be-
zeichnend, daß Einem in der Geschichte Ber-
lins mehr als sonstwo in Deutschland die Er-
scheinung entgegentritt, wie die Religion früh
schon Neigung zeigt, sich der Philosophie zu
nähern und sich mit ihr zu vermischen. Der
religiöse Rationalismus hat in dem kühl prote-
stantischen Berlin solange immer nach dem
Warum gefragt, bis sich der Priester gezwungen
sah, halb als Philosoph zu antworten. Doch
waren Skepsis und Kritik in dieser Stadt der
Nützlichkeiten dann auch wieder zu phantasie-
los, als daß es zu einer ganz groß gearteten
Philosophie hätte kommen können. Daß der
große Kant in Königsberg blieb und in Berlin
manche Verfolgung zu erdulden hatte, ist durch-
aus als Symptom zu nehmen. Ein Geist, der im
höchsten Sinne schöpferisch denkt und unbe-
dingt das Ideale will, hat in Berlin niemals eine
Heimat gefunden, denn die Bevölkerung war
eines monumentalen Verstandesidealismus eben-
so unfähig, wie einer tiefen Gefühlsreligion. Für
Berlin war ein frommer Dialektiker, ein kluger
Kompromißler und „spinozistischer Prediger‘ wie