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Der Pionierwille.
losigkeit dazu nutze gewesen, das in der Fremde
aufleuchtende Signal rechtzeitig zu erkennen. Es
ist fast phantastisch, wenn man in dem kunst-
fremden Milieu der neuen Großstadt, im Berlin
Antons von Werner, der Siegesallee und der
großen Kunstausstellungen ein echtes Talent
wie das Liebermanns auftauchen sieht, wenn
man mit Erstaunen wahrnimmt, daß sich in
dieser starken Begabung die kärglichen Kunst-
traditionen des alten Berlin organisch mit den
Lehren verbinden, die die moderne französische
Malerei zu geben hat, und wenn man sieht, daß
dieser moderne Künstler dann nicht nur zum
Vater einer neuen Berliner Malschule, sondern
auch zu einem Führer eines ganzen neuen deut-
schen Malergeschlechts werden konnte. Dieser
Umstand wird nur um so romantischer, wenn
man sieht, daß dieser Erneuerer der malerischen
Anschauung in Deutschland, in dem die Tra-
ditionen des neunzehnten Jahrhunderts so leben-
dig wiedergeboren werden, der Abkömmling
eines alten Berliner Judenpatriziats ist, also ein
Kind der. Gesellschaftsschicht, in der in der
Mitte des vorigen Jahrhunderts vielleicht am
meisten Familienkultur war. Diese Art, wie der
Berliner Geist mit Hilfe eines starken Talents
aus seinen eigenen Überlieferungen und aus den
modernen Lehren der Franzosen ein Neues ge-
bildet hat, ist vielleicht seine reifste und höchste
Leistung in der neuen Zeit. Es ist damit ein