Die Großstadtgesellschaft.
li
genz, um das mit Grazie und Intimität zu tun.
Der männliche Berliner markiert andererseits viel
Hausvatergefühl und Gemütlichkeitsempfindung,
aber doch nur, soweit sich das durch Hemds-
ärmel, Hausschuhe und Zigarrenrauchen im
„Salon‘‘ oder gar im Schlafzimmer ausdrücken
läßt. Für den Pariser, den Londoner, den Wie-
ner ist sein Haus etwas wie ein Symbol des
ganzen Lebens; für den Berliner ist es ein Zu-
fluchtsort, etwas dem Leben in wesentlichen
Dingen Entgegengesetztes. Darum kontrastiert
bei ihm so grotesk of das Privatleben mit seinem
öffentlichen Auftreten. Zuhause lebt er ein-
fach, kärglich und provinzmäßig salopp; zum
Ausgang aber frisiert man sich weltstädtisch
auf. Oder man schließt ein paar Zimmer, die
besten und gesündesten der Wohnung, fest zu,
steckt die Möbel in Überzüge und lebt in den
Hofzimmern eng gedrängt alltags dahin, damit
am festlichen Abend vor den Gästen die Reprä-
sentationsräume in imponierender Neuheit er-
strahlen. In keiner Stadt Deutschlands ist der
Mittelstand zugleich so sehr auf Sparsamkeit
und eitle Repräsentation bedacht. Aus diesem
Zwiespalt entspringt alles Unechte, die Lust
am Surrogat. So entstehen Gesellschaftsformen,
die halb roh naturalistisch und halb eklekti-
zistisch sind. Man kultiviert die aristokratische
Form und zugleich die aus dem Hinterhaus. Es
treten die Erscheinungen auf, derentwegen der