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Der Handelsplatz.
in welchen Niederungen der Kulturlosigkeit ihre
lauten und fleißigen Taten vollbracht werden.
Fleißig sind diese Taten wirklich. Mehr noch:
sie sind im gewissen Sinne bewunderungswürdig;
schöpferisch aber sind sie nicht. Sie multipli-
zieren die Arbeitskraft, so daß ungeheure Sum-
men herauskommen ; die Grundzahlen sind jedoch
allemal entlehnt. Das neue Berlin ist darum
wohl in wenigen Jahrzehnten zur Großstadt und
Weltstadt, ist der wichtigste Markt- und Ar-
beitsplatz Deutschlands geworden, aber ein be-
herrschendes Kulturzentrum ist es immer noch
nicht. Auch das neue Berlin ist noch auf das
Mutterland angewiesen, wenn es sich um höhere
geistige Werte handelt. Nicht zuletzt der schöp-
ferischen Armut der Reichshauptstadt ist es zu-
zuschreiben, wenn sich der deutsche Partikula-
rismus, der sich im politischen Leben vor 1870 als
so verderblich erwiesen hat, in den Dingen deut-
scher Kultur bis heute erhalten hat. Der Deut-
sche hat diesen Umstand sogar zu segnen. Dann
wäre das moderne Berlin, seitdem es amerika-
nistisch geworden ist, in Deutschland ebensosehr
ein Zentrum, wie Paris es in Frankreich, London
es in England sind, so sähe es um die deutsche
Zukunft schlimm aus. Die deutschen Haupt-
städte haben sich aber in der Kulturarbeit ge-
teilt und haben es verstanden, sich den Groß-