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Die Bevölkerung.
Kultur von außen her hereingetragen wird. Das
Wesen dieser Art von Existenzen ist die Dis-
harmonie, der Mißklang, der Widerstreit. Durch
gewisse Bildungsmanieren bricht immer wieder
die alte Roheit durch, und im Einklang hiermit
begegnet man auch in diesen reichen Oderbruch-
dörfern einem beständigen Gegensatz von Spar-
samkeit und Verschwendung, von Kirchlichkeit
und Aberglauben, von Ehrbarkeit und Sitten-
verderbnis ... Krasser Luxus und das völlig
mangelnde Verständnis für Das, was wohltut und
gefällt, laufen nebeneinander her. In dem Wohn-
zimmer steht ein großes Sofa mit blauseidenem
Überzug, aber der Überzug ist zerrissen und ein-
gefettet. Der Kupferstich an der Wand hängt
völlig schief und kein Auge sieht es. Das Glas
des andern Bildes ist mitten durchgesprungen
und niemand denkt daran, es zu ersetzen ...
Nun geht es zu Tisch. Alles reichlich, aber auch
nichts mehr. Die Magd mit klappernden Holz-
pantinen setzt die Speisen auf, das Stück Fleisch
liegt unschön zerhackt auf der Schüssel; die
Teller sind verschieden an Stoff und Form, die
Messer und Gabeln sind abgewaschen, aber nicht
blank geputzt; von Tischgebet keine Rede. So
nimmt man Platz, und schweigend, unschön, ohne
Dank beginnt und endet die Mahlzeit ... Ein-
zelnen, für schweres Geld erstandenen Glanz- und
Prachtstücken wird die Pflicht des Repräsen-
tierens auferlegt; die Personen aber entschlagen