Die Bevölkerung.
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stand, der entsteht, wenn Eroberer in ein wildes
Land kommen, wo alles neu aus dem Nichts ge-
schaffen werden muß, sondern einem Zustand,
wie er gegeben ist, wenn Barbarenhorden ein
höher kultiviertes Land überschwemmen und
die Kulturformen, die sie vorfinden, parvenühaft
mißbrauchen. Während es tatsächlich eine Auf-
lösung, eine Vernichtung ist, was nach 1870
rapide eintrat, erschien es zuerst, erscheint es
heute Vielen noch als eine Entwicklung zu
höheren Zuständen. Denn die neue Bevölke-
rung fühlt sich stark und selbstbewußt schon
um ihrer Kopfzahl willen. Höher als das Stadt-
gefühl stellt sie das Millionengefühl, höher als
städtische Kultur den reichshauptstädtischen
Illusionismus. Sie hat die amerikanistische Ten-
denz, alle aristokratisch gegliederte Form auf-
zulösen. Sie erkennt kein spezifisch städtisches,
ja, kaum ein kulturelles nationales Interesse
an, denn jede Willensregung wird ihr zum wirt-
schaftlichen Interesse. Die Not der Selbsterhal-
tung treibt die Millionen gewaltsam in eine Ko-
lonialmenschenexistenz.
Die Statistiken von Berlin sprechen in diesen
Jahrzehnten eine sehr deutliche Sprache. Sie
zeigen einwandfrei, zum Beispiel, daß es vor allem
die Volkselemente des Ostens sind, mit deren
Hilfe Berlin seine Einwohnerzahl so rapide ver-
mehrt hat. Im Jahre 1890, also zwanzig Jahre erst
nach der Reichsgründung, waren aus Brandenburg,
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