Die Betrachtungsweise.
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ungünstigen Verhältnissen anzupassen hatten.
Gleichen die einen glücklichen‘ Menschen mit
edel ausgebildeten Gaben, so gleichen die an-
deren Charakteren, die es sich mit dem Leben
müssen sauer werden lassen und die durch die
Lebensmühe, die sie haben, unliebenswürdig und
problematisch werden.
Zu den Städten dieser letzten Art gehört Berlin.
Es ist kein Stadtindividuum, das sich mit sieg-
reicher Souveränität Jeden unterwirft, der sich
ihm naht; es ist keine Stätte, wo sich der
Deutsche heimisch fühlt, wo er sich die wert-
vollsten nationalen Traditionen und die Genesis
der Stadtgeschichte in der Form einer gefestigten
Stadtkultur lebendig entgegentreten fühlt. Ber-
lin ist vielmehr wie ein riesiges Notgebilde und
schwerer als andere Städte als Einheit zu be-
greifen. Nichtsdestoweniger ist es ein Organis-
mus, ein Stadtindividuum, und will als solches
verstanden werden. Mehr als eine andere
deutsche Stadt fordert die Reichshauptstadt
jene über Sympathie und Antipathie erhabene
objektive Betrachtungsweise, die scheinbar kalte
und indifferente Untersuchungsmethode, die
allein imstande ist, den Schleier geschichtlicher
Notwendigkeit ein wenig zu lüften. Nur ein
Blick auf das historische Müssen im Sein und
Werden Berlins, ein Blick auf das in Glück
und Unglück fast tragische Schicksal dieser
Stadt, ist imstande, die heftigen Instinkte der