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Die Betrachtungsweise

Full text: Berlin / Scheffler, Karl (Public Domain)

Die Betrachtungsweise. 
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ungünstigen Verhältnissen anzupassen hatten. 
Gleichen die einen glücklichen‘ Menschen mit 
edel ausgebildeten Gaben, so gleichen die an- 
deren Charakteren, die es sich mit dem Leben 
müssen sauer werden lassen und die durch die 
Lebensmühe, die sie haben, unliebenswürdig und 
problematisch werden. 
Zu den Städten dieser letzten Art gehört Berlin. 
Es ist kein Stadtindividuum, das sich mit sieg- 
reicher Souveränität Jeden unterwirft, der sich 
ihm naht; es ist keine Stätte, wo sich der 
Deutsche heimisch fühlt, wo er sich die wert- 
vollsten nationalen Traditionen und die Genesis 
der Stadtgeschichte in der Form einer gefestigten 
Stadtkultur lebendig entgegentreten fühlt. Ber- 
lin ist vielmehr wie ein riesiges Notgebilde und 
schwerer als andere Städte als Einheit zu be- 
greifen. Nichtsdestoweniger ist es ein Organis- 
mus, ein Stadtindividuum, und will als solches 
verstanden werden. Mehr als eine andere 
deutsche Stadt fordert die Reichshauptstadt 
jene über Sympathie und Antipathie erhabene 
objektive Betrachtungsweise, die scheinbar kalte 
und indifferente Untersuchungsmethode, die 
allein imstande ist, den Schleier geschichtlicher 
Notwendigkeit ein wenig zu lüften. Nur ein 
Blick auf das historische Müssen im Sein und 
Werden Berlins, ein Blick auf das in Glück 
und Unglück fast tragische Schicksal dieser 
Stadt, ist imstande, die heftigen Instinkte der
	        
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