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Großstadtschicksale I.

Full text: Berlin / Scheffler, Karl (Public Domain)

Die Großstadt. 
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ist die Tatsache, daß die junge Reichshauptstadt 
sich mit wahrer Gier und mit Leidenschaft zum 
Anwalt der neuen Lebensidee gemacht hat, zur 
Vorkämpferin der neuen Industriekultur, daß es 
sich zuerst in Deutschland und am rücksichts- 
losesten in ganz Europa amerikanisiert hat. Die- 
ses letzte Wort ist von der Zeit gebildet worden, 
weil man Beispielen, daß der moderne wirtschaft- 
liche Großstadtgedanke allein und unumschränkt 
herrscht, vor allem in Amerika, im Lande neuer 
Stadtgründungen begegnet. Es wird damit eben 
Das bezeichnet, was das moderne Berlin charakte- 
risiert. Diese Entwicklungskonsequenz über- 
rascht in der jungen Reichshauptstadt freilich 
nicht, wenn man auf ihre Geschichte blickt. Ber- 
lin konnte und mußte sich amerikanisieren, weil es 
an der Entfaltung des wirtschaftlichen Materialis- 
mus durch tief wurzelnde Traditionen nicht ver- 
hindert wurde, weil es auf dem östlichen mär- 
kischen Boden seit Jahrhunderten eine Pionier- 
stadt war, ähnlich den Städten der neuen Welt. 
Der internationale, allen Partikularismen feind- 
liche Handels- und Industriegeist konnte in 
Deutschland nirgend so tiefe Wurzeln schlagen 
wie in Berlin, weil er dort kaum anders gerichtete, 
wesentliche historische Überlieferungen zu über- 
winden fand. Er brauchte Berlin nur von neuem 
und in einem neuen Sinne zu Dem zu machen, 
was es von alters her gewesen und was es im tie- 
feren Sinne stets geblieben ist: zur Kolonialstadt.
	        
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