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Entwicklungsschicksale

Full text: Berlin / Scheffler, Karl (Public Domain)

Die Gesellschaft. 
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chene Handelsstadt, keine Industriestadt und 
keine Universitätsstadt; es war, vor allem im 
siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert, von 
Allem immer etwas, eine Filiale gewissermaßen 
aller Interessen des Mutterlandes. Daher findet 
man im alten Berlin nicht ein Patriziat von 
Handelsherren, die ihren Beruf und damit eine 
Berufsidee auf Söhne und Enkel vererben; es 
gibt nicht einen alten angesehenen Geistesadel, 
keine Gelehrtendynastien und auch nicht große 
Kapitalisten mit beherrschendem Einfluß. Es 
fehlte die Stetigkeit in allen Bürgerbeschäftigun- 
gen. Darum hatte das Bürgertum selbst am An- 
fange des neunzehnten Jahrhunderts noch kein 
bestimmtes Profil. Dann erst machen sich in 
der Folge ein paar typische Züge bemerkbar. 
Man sieht ein biedermeierlich beengtes Bürger- 
tum entstehen, in dem ein zugleich liberaler und 
loyaler Geist herrscht, dessen Familienleben 
nüchtern und unliebenswürdig ist. Dieses Bürger- 
tum war nicht gemacht, große Männer hervorzu- 
bringen; aber es brachte gute Soldaten hervor, 
zähe Arbeiter und furchtlose Unternehmer. Sein 
größter Fehler war, daß es nicht zu herrschen 
verstand, und daß sein Existenzwille sich nicht 
zum Kulturwillen auszuweiten vermochte. Ob 
es sich loyal gab oder ein wenig Revolution 
machte, gedrängt von den Umständen der Zeit, 
ob es hurrahte, demokratisch schimpfte oder 
auch beides zugleich tat: zur Selbstaristokrati-
	        
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