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Die Positiv-Retusche.
seiner Natur nach auch eigentlich als ein Kolorierverfahren zu
gelten hat und dementsprechend erst bei dem Abschnitt „Das
Übermalen‘“ eingehend besprochen werden soll, so wollen wir
es nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß unserer Meinung
nach die Bedeutung des Verfahrens für den Pigmentdruck fast
eine größere ist, als für das Kolorieren von Bildern. Wir haben
Versuche mit dem Assurverfahren angestellt und gefunden, daß
es kein Verfahren gibt, bei dem einmal die Farbe so weitgehend
mit dem Charakter der Pigmentfarbe übereinstimmt, daß eine
mit Assurfarbe angelegte Fläche sich kaum von der eigentlichen
Pigmentschicht unterscheiden läßt, das andere Mal die Aus-
führung der Retusche nicht einfacher gedacht werden kann.
Wie viele Pigmentbilder leiden an zu großer Härte, auf wie
vielen Pigmentbildern finden sich leere Flächen, die, wenn sie
getönt wären, den Wert des Bildes in einem ganz anderen Lichte
erscheinen lassen würden; auf wie vielen Bildern wird der Him-
mel durch eine Papierfläche dargestellt, weil am Tage der
Aufnahme vollständig wolkenloser blauer Himmel war? Hier
setzt nun das Assurverfahren ein, und wenn dann die Fläche
ohne besondere Vorsicht beim Innehalten der Konturen mit
dem Wattebausch und der Farbe gleichmäßig eingerieben wor-
den ist, dann ist es ein Leichtes, auch die feinsten Konturen
mit dem angespitzten Gummi wieder von Farbe frei zu machen,
nach Belieben einzelne Teile herauszunehmen und Wolken
herauszuradieren. Wer dieses Verfahren nur einmal versucht
hat, wird überrascht sein, welches Hilfsmittel in demselben
liegt, um einem Pigmentbilde, das auf den Beschauer einen
toten Eindruck machte. warmes Leben zu verleihen.
Retusche auf Bromsilbergelatinepapier.
Die größte Umwälzung auf dem Gebiete der Retusche
wurde in erster Linie bei der Herstellung von Vergrößerungen
durch das Fortschreiten der photographischen Technik und
die hiermit verbundene Einführung des Bromsilbergelatine-