Die Bleistift-Retusche.
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ist, muß der Bleistift steiler, d. h. senkrechter zur Platte ge-
halten werden, um so viel Nachdruck geben zu können, daß
die betreffende Stelle bei dieser einzigen Berührung sofort
Sedeckt erscheint, denn wir sagten bereits vorher, daß bei
Mehrmaligem Überfahren derselben Stelle mit Bleistift durch
die schon im Anfange entstehende Glättung ein weiteres Ab-
setzen des Graphits erschwert, in den meisten Fällen sogar
vollständig unmöglich wird.
Wir gaben mit Absicht, wie auch an mehreren anderen
Stellen dieses Buches, verschiedene Verfahrungsweisen an, um
dem angehenden Retuscheur Gelegenheit zu geben, sich die
seinem Wollen und Können entsprechendste Methode auszu-
Suchen.
Um nun die richtige Methode bei der Bearbeitung eines
Negativs zu erläutern, ist es zweckmäßig, einen konkreten Fall
als Beispiel heranzuziehen; wir wählen als solches eine Porträt-
aufnahme. Wenn der Retuscheur ein Porträt bearbeiten will,
30 muß er natürlich die Fehler kennen, welche sehr häufig bei
Solchen Aufnahmen auftreten. Da in der Porträtphotographie
Sewöhnliche Platten und nur in seltenen Fällen farbenempfind-
liche Platten verwandt werden, haben wir mit den Fehlern
der ersteren, wie sie sich durch unrichtige Wiedergabe der
Farbentöne äußern, zu rechnen. An dem Kopfe treten die
Schläfepartien, besonders bei Personen mit zartem Kolorit,
unmoduliert und zu hell auf, da die Blutgefäße, die hier dicht
unter der Haut liegen, in blauer Farbe durchschimmern. Die
Augenhöhlen werden zu dunkel, da rotviolette Töne hier vor-
nerrschen, so auch die Wangen; um die Mundwinkel lagern
zrünliche Töne und wirken in den meisten Fällen so tief, daß
sie im Ton mit dem Munde zusammenfließen und denselben
viel größer erscheinen lassen, Auf diese Weise entsteht leider
oft genug von einem Kopfe, der im lebenden Original klar
und harmonisch wirkt, ein zerrissenes, unharmonisches photo-
graphisches Abbild. —
Hier nun ist das Feld der verständnisvollen und künst-