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Die Positiv-Retusche.
Unvollkommenheiten, so auch die Kreide. Sie markiert sich
hauptsächlich in einem rauhen Aussehen, mitbedingt durch das
rauhere Papier, welches die Kreide im gewissen Grade braucht,
um gleichmäßig abzugeben,
Diese Unvollkommenheiten des Materials blieben nicht
ohne Einfluß auf die Manier; es wurde eine gewisse Derbheit
im Aussehen des Bildes, als zur Kreidemanier gehörig, mit in
den Kauf genom-
men. Wird nun die-
ser mehr oder we-
niger derbe Vortrag,
je nach der Rauheit
des Papiers, zum
Ruhigmachen der
Flächen sowie zur
Ergänzung und Mo-
dulation derFormen
gleichmäßig durch-
geführt, so daß das
Ganze einen harmo-
nischen Eindruck
macht, so haben wir
auch diesem Mate-
rial, daß im übrigen soviel Bequemes mit sich bringt, die
beste Seite abgewonnen.
Das gleichmäßige, mehr oder weniger rauhe Aussehen
einer solchen Kreidearbeit wird, wie schon oben erwähnt,
„Korn‘“ genannt, und man spricht von zartem und grobem
Korn.
Fig. ı
Wie sehr dieses körnige Aussehen eines Kreidebildes seine
Berechtigung hat, wird vom Fachmann am meisten gewürdigt,
aber er wird auch der erste sein, welcher in dem Streben nach
Korn kein Verdienst sieht, wissend, daß nur die Unvollkommen-
heit des Materials das „Korn‘‘ entstehen ließ; er wird der letzte
sein, welcher die Güte des Bildes nach dem Korn beurteilt.