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Zweiter Teil. Diskussionsabend (18. Febr.) Rede des ersten Opponenten, Herrn Prof. Dr. Plate

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Rede des ersten Opponenten, Herrn Prof, Dr Plate, 
geht dahin, daß die Naturwissenschaft den Protestantismus und den 
Katholizismus so weiter entwickelt, daß sie später zu einer Ein- 
heitskirche verschmelzen. 
Diese ganze Schilderung Plates ist wohl mehr rhetorisch als 
logisch. Daß durch das kopernikanische Weltsystem ein Loch in 
den Felsen der Kirche gefressen worden sei, ist eine Täuschung. 
Kopernikus hat der Bibel keinen Irrtum nachgewiesen, sondern nur 
gezeigt, daß gewisse Stellen derselben anders auszulegen seien, als 
man früher glaubte. Sonst würde ja auch Prof. Plate einen «Irrtum» 
begehen, wenn er heute noch vom Sonnenaufgang oder vom Sonnen- 
untergang redet. Der Sprachgebrauch der Bibel ist eben derjenige 
der gewöhnlichen Menschen. Es ist überhaupt schwer begreiflich, wes- 
halb Prof. Plate hier die Bibel angreift, nachdem er oben (S. 67-—68) 
selber erklärt hatte: «Ich finde es durchaus nicht richtig, 
wenn man die Bibel angreift, und ich unterschreibe es voll- 
ständig, wenn P. Wasmann sagt: die Bibel ist kein Lehrbuch 
der Naturwissenschaften, kein Lehrbuch der Zoologie oder der 
Astronomie. » 
Plates zweite Woge, die Reformation, hat offenbar mit der 
Diskussion über meine Vorträge gar nichts zu tun, da diese Woge 
keineswegs eine «wissenschaftliche» war, Daß endlich die dritte 
Woge, die Entwicklungslehre, soweit es um die naturwissen- 
schaftliche Theorie sich handelt, der christlichen Weltauffassung nicht 
feindlich sei, war bereits in meinen Vorträgen zur Genüge gezeigt 
worden. Dem Christentum feindlich ist nur das dogmatische Schaum- 
gebäude des Monismus, das jedoch mit der wissenschaftlichen Ent- 
wicklungslehre gar nichts gemein hat. 
Plates letzter Wunsch nach Beseitigung der traurigen Religions- 
spaltung im deutschen Vaterland ist sehr schön und auch mir sehr 
sympathisch (vgl. die betreffenden Ausführungen in meiner Schluß- 
rede), Aber die Rolle, welche die Naturwissenschaft bei 
Lösung dieser edien Aufgabe spielen soll, ist mir aus Plates Worten 
nicht ganz klar geworden. Meint er damit, man solle auch fürder- 
hin sich bestreben, die Menschheit darüber aufzuklären, daß zwischen 
Naturwissenschaft und Christentum kein wahrer Widerspruch bestehe, 
wie ich es in meinen Berliner Vorträgen getan hatte? Dann ist 
mir seine vorhergehende Polemik gegen diesen Versöhnungsversuch 
völlig unverständlich. Oder meint er, man solle von monistischer 
Seite friedlicher sein als bisher und nicht mehr die Naturwissen- 
Schaft mißbrauchen als Sturmbock gegen das Christentum? Dann 
hat er jedenfalls in seiner Rede selber kein gutes Beispiel gegeben.
	        
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