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Zweiter Teil. Diskussionsabend (18. Febr.) Rede des ersten Opponenten, Herrn Prof. Dr. Plate

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Zweiter Teil. Diskussionsabend, 
aber an jener Stelle macht er einen Gegenstrom. Prof. Plate er- 
widerte ihm darauf: Verehrter Freund, wenn das ein Wunder ist, 
ja dann passieren Wunder! 
Ich glaube, daß die Frage nach der Möglichkeit und der Tat- 
sächlichkeit der Wunder sich nicht auf so einfache Weise lösen 
läßt, wie Prof. Plate es hier versucht. Vor allem ist zu betonen, 
daß der Monist, der die Ewigkeit und Undurchbrechbar- 
keit der Naturgesetze behauptet, weit mehr behauptet, als er be- 
weisen kann. Er darf höchstens sagen: als Naturforscher kenne 
ich keinen Anfang der Naturgesetze und keine Ausnahmen von den- 
selben. Aber sobald der Naturforscher einmal zugesteht, wie Prof. 
Plate es oben getan, daß hinter den Naturgesetzen ein Gesetzgeber 
stecke, muß er auch die Möglichkeit der Wunder anerkennen !; 
denn dieser Gesetzgeber kann zum Zwecke einer höheren, über- 
natürlichen Ordnung auch Ausnahmen von Naturgesetzen wollen. 
Insofern hat Plate ganz recht, daß «der Wunderglaube» durch die 
Logik nicht auszurotten sei, zumal das Wunder kein willkürliches, 
launenhaftes Eingreifen in das Getriebe der natürlichen Ordnung 
darstellt. Daß Wunder nicht so häufig vorkommen, ist selbstver- 
ständlich; deshalb kann Plate auch nicht verlangen, daß man sie 
alltäglich beobachte. Aber ein ernster Forscher muß sich doch die 
Frage vorlegen: bietet uns nicht die Geschichte wirklich be- 
glaubigte Tatsachen, welche eine wirkliche Ausnahme von einem 
Naturgesetz waren? Ein solches Wunder ist die Auferstehung Christi. 
die das historische Fundament des ganzen Christentums bildet. 
Nun kommt der letzte Abschnitt der Rede Plates, worin er gegen 
den Felsen der christlichen Weltanschauung sich wendet: 
P. Wasmann freilich sagt: die Kirche ist der Fels, und um ihn 
herum toben die Wogen. Dem muß ich widersprechen. Denken 
Sie an die erste Woge zu Kopernikus’ Zeiten. Schon diese Woge 
fraß ein kolossales Loch in den Felsen der Kirche; die Autorität 
der Bibel war zum erstenmal erschüttert. Die neue Lehre zeigte 
ja, daß Irrtümer in der Bibel sind, und deshalb kann sie nicht 
göttliche Offenbarung sein. Dann kam die zweite Woge, die Re- 
formation, die abermals ein Loch in den Felsen riß. Dann die 
Entwicklungslehre, und die von ihr gewühlte Höhle ist die 
Zertrümmerung des Wunders. Wenn dem aber so ist, geht dann 
das ganze Christentum in Trümmer? Nein, das Christentum wird nur 
veläutert. Es muß sich weiter entwickeln, und meine Hoffnung 
! Prof. Fr. Dahl, der als dritter Opponent an diesem Abend auftrat, spricht 
sich in seiner 1886 erschienenen Schrift «Die Notwendigkeit der Religion» S, 107 
ebenfalls für die Möglichkeit der Wunder aus,
	        
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