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Erster Teil. Vorträge über das Entwicklungsproblem Dritter Vortrag (17. Febr.). Die Anwendung der Deszendenztheorie auf den Menschen

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Erster Teil. Vorträge über das Entwicklungsproblem. 
der zunächst eine eigene Gattung sein sollte, schließlich nichts weiter 
wurde als eine ältere Menschenrasse. 
In einem Lichtbilde zeigt der Vortragende den Neandertalschädel 
(nach Schaafhausen) und erörtert dann an einem andern Lichtbilde 
/Schädelkurven nach Macnamara) folgendes: Zwischen einem Schim- 
pansenschädel und dem Schädel des Pithecanthropus besteht kein wesent- 
licher Unterschied, abgesehen von der Größe. Bei einem Vergleich des 
Schädelumfangs des Neandertalschädels mit dem Schädel eines rezenten 
Australnegers ergibt sich, daß die Differenz äußerst gering ist, geringer 
als zwischen dem rezenten Australnegerschädel und dem rezenten Schädel 
eines Engländers*. Jedenfalls stehen einer Schlußfolgerung aus den ge- 
fundenen Schädeln zu Gunsten der tierischen Abstammung des Menschen 
große Schwierigkeiten entgegen. 
Die weitere Geschichte des Neandertalschädels spielte sich dann 
1905 ab. Um jene Zeit waren sehr interessante neue Skelettfunde 
gemacht worden in Krapina in Kroatien. Es kam nun Kram- 
berger, der namentlich die.kroatischen Skelett- und Schädelreste 
sehr genau studierte und sie auch verglichen hat mit dem größten 
bisher einem Forscher zur Verfügung stehenden Material fossiler 
und rezenter Schädel, zu folgendem Resultat, das im letzten Heft 
1905 des «Biologischen Zentralblattes» veröffentlicht ist. Damit Sie 
nicht glauben, ich stelle die Sache subjektiv dar, will ich einiges 
zitieren. Kramberger stellt als Resume folgenden Satz hin: Der 
Homo primigenius zeigt zahlreiche allmähliche Übergänge zum re- 
zenten Menschen. Er schließt sich ihm so an, daß vom Homo 
primigenius zum Homo sapıiens eine ununterbrochene Entwick- 
lungsreihe besteht, und zwar derartig, daß I. alle Merkmale, welche 
den Homo primigenius unterscheiden vom Homo saptens, gelegent- 
lich auch beim rezenten Menschen vereinzelt auftreten können; 
2. daß anderseits wiederum gelegentlich bei Schädeln des Homo 
primigenius Merkmale rezenter Menschen sich finden können. Kram- 
berger schließt daraus auf eine «Kontinuität der Entwick- 
lung» zwischen dem Homo primigenius und dem rezenten Men- 
schen. Ich glaube aber, daß hieraus nicht bloß eine Kontinuität 
der Entwicklung folgt zwischen Homo primigenius und dem rezenten 
Menschen, sondern es folgt einfach, daß der Homo primigenius nichts 
weiter ist als eine ältere Rasse des rezenten Menschen. 
Warum? Weil zahlreiche allmähliche Übergänge vorhanden 
sind zwischen dem Urmenschen und dem noch lebenden Menschen. 
Näheres siehe «Die moderne Biologie»® S. 476 u. 480.
	        
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