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Erster Teil. Vorträge über das Entwicklungsproblem Dritter Vortrag (17. Febr.). Die Anwendung der Deszendenztheorie auf den Menschen

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Dritter Vortrag. Die Anwendung der Deszendenztheorie auf den Menschen. 
meine die Blutreaktionsuntersuchungen, die Friedenthal, 
Nuttal, Uhlenhuth, Wassermann, Schütze usw. teils direkt mit 
Rücksicht auf die Erforschung der Verwandtschaft des Menschen mit 
den höheren Affen, teils zu andern Zwecken anstellten. Dr Frieden- 
thal hat vor einigen Jahren in einer Arbeit den Satz aufgestellt : 
auf Grund der Blutreaktionen stamme der Mensch nicht bloß 
vom Affen ab, sondern sei selber ein echter Affe. Mit 
dem Beweis verhält es sich folgendermaßen: Es war bekannt, daß, 
wenn man von einer Wirbeltierart, namentlich von Säugetierarten 
Blut einspritzte in die Adern anderer Arten, Krankheitserschei- 
nungen auftraten infolge Zersetzung der roten Blutkörperchen der 
einen Art durch das Blutserum der andern Art. Diese Erscheinung 
bleibt aber aus, wenn beide Arten dem zoologischen System nach 
sehr nahe verwandt sind. Nun hat sich auf Grund eingehender 
Versuche herausgestellt, daß zwischen Menschenblut und dem Blut 
höherer Affen die Reaktion ebenfalls recht schwach war. Daraus 
schloß man, daß der Mensch und die Anthropoiden ganz unmittelbar 
verwandt seien. Bei der Antiserumreaktion zeigt sich umgekehrt 
die giftige Wirkung am schärfsten bei den nächstverwandten Arten, 
Wir wollen einen kritischen Maßstab an diese Versuche und 
Schlußfolgerungen anlegen. Die Versuche sind höchst geistreich. 
Sie bringen, davon bin ich überzeugt, nicht nur der forensischen 
Medizin großen Nutzen, sondern erteilen in vielen Fällen auch 
interessante Aufschlüsse über die Stammesverwandtschaft der be- 
treffenden Formen. Aber wir dürfen nicht schlechthin die Bluts- 
verwandtschaft in dem Sinne einer Stammesverwandtschaft 
verwechseln mit der chemisch-physiologischen Ähnlich- 
keit zweier Blutarten. Nehmen wir an, Menschenblut und 
Affenblut seien ähnlich. Dann hätten wir den Beweis, daß das Blut- 
gewebe zwischen Mensch und höheren Affen auch so ähnlich ist, 
wie das Skelett und die andern Organe es sind. Man darf aber 
nicht aus der Ähnlichkeit des Blutes auf eine Blutsverwandtschaft 
wie unter Vettern, Basen und Brüdern schließen. Das geht nicht 
an. Eine interessante Arbeit über diesen Gegenstand hat neuer- 
dings Rößle! veröffentlicht. Er meint, die Blutreaktion erlaube 
nur den Schluß, daß das eine Tier näher mit dem andern verwandt 
sei als ein drittes, aber es gehe daraus nicht hervor, wie nahe beide 
Tiere unter sich verwandt sind. Also würde auch die Blutreaktion 
bei Menschen und höheren Affen nicht den Schluß erlauben: Mensch 
Im Biologischen Zentralblatt 1905, Nr IT u. 12.
	        
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