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Erster Teil. Vorträge über das Entwicklungsproblem Zweiter Vortrag (14. Febr.). Theistische und atheistische Entwicklungslehre. Entwicklungslehre und Darwinismus

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Zweiter Vortrag. Theistische und atheistische Entwicklungslehre, 
Zweiter Vortrag (14. Febr.). 
Theistische und atheistische Entwicklungslehre. 
Entwicklungslehre und Darwinismus. 
Hochansehnliche Versammlung! 
Wenn ich heute abend um Ihre besondere Aufmerksamkeit bitte, 
50 ist das in der Schwierigkeit und Trockenheit meines heutigen 
Themas begründet. Ich will Ihnen nicht‘ mit glänzenden Farben 
die theistische Weltanschauung schildern mit ihrer herrlichen Gottes- 
idee, welche den höchsten und erhabensten Gegenstand des mensch- 
lichen Erkennens bildet; ich will auch nicht an Ihr Gemüt appellieren 
und Ihnen die Vorzüge warm ans Herz legen, welche die christliche 
Weltanschauung durch ihre Unsterblichkeitslehre besitzt gegenüber 
der trostlosen monistischen Weltauffassung, wo mit dem Tode alles 
aus ist für uns, wo wir nur fortleben in den Atomen, die einst unsern 
sterblichen Leib zusammensetzten. Nein, ich will mich nur an Ihren 
Verstand wenden und Ihnen die wichtigsten Begriffe klarzulegen 
suchen, die auf dem Gebiet der Entwicklungslehre häufig vermengt 
werden. Deshalb soll zuerst die philosophische Entwicklungs- 
lehre besprochen werden, um die Hauptgegensätze der Auffassungen 
auf diesem Gebiete klar und scharf zu zeichnen. Dann gehen wir 
zum kritischen Vergleiche der Begriffe Darwinismus und Ent- 
wicklungslehre über. 
Im letzten Vortrag lernten wir die Entwicklungslehre als natur- 
wissenschaftliche Hypothese und Theorie kennen. Als 
Ihren Gegenstand fanden wir: die tatsächliche und ursäch- 
liche Erforschung der Stammesreihen der organischen 
Wesen, welche von der ältesten paläozoischen Zeit bis zur Gegen- 
Wart hinaufreichen, wo wir als letzte Ausläufer jener Stammbäume 
die lebenden Arten der Gegenwart finden. Hieraus ergibt sich bereits 
unmittelbar, daß diese Entwicklungstheorie mit der Weltauffassung 
als solcher gar nichts zu tun hat. Mag man Monist sein oder Theist, 
diese naturwissenschaftliche Entwicklungslehre kann man in gleicher 
Weise anerkennen. 
Daraus folgt weiter, daß es nicht richtig ist und nicht den tat- 
sächlichen Verhältnissen entspricht, wenn von monistischer Seite, 
wie es seit 40 Jahren durch Haeckel geschehen ist, die Entwicklungs- 
lehre als Sturmbock gegen die christliche Weltanschauung gebraucht 
wird, oder wie Haeckel sagte, als «schwere monistische Artillerie» 
Segen das Christentum. Die naturwissenschaftliche Ent-
	        
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