Nachwort.
unter den hervorragendsten Koryphäen der Naturwissenschaft in
Berlin habe ich Männer von hohem Wissen und von ebenso großer
Toleranz auf religiösem Gebiete kennen gelernt; ich nenne hierfür
nur die Namen Wilhelm Waldeyer und Oskar Hertwig.
Von dieser Seite wurde meinen Vorträgen ein wahrhaft wissenschaft-
liches und unparteiisches Interesse entgegengebracht. Die unwürdige
Hetze, die in der «Vossischen Zeitung» und ähnlichen Blättern gegen
mich veranstaltet wurde, ging nicht von den Königen, sondern
von den Kärrnern der Wissenschaft aus, die sich anmaßten, die
«öffentliche Meinung» in der deutschen und speziell in der Berliner
Wissenschaft machen zu wollen.
Kehren wir nun zum Diskussionsabend zurück. Welches
war der Verlauf und das Ergebnis desselben? Bevor ich mich
hierüber äußere, möchte ich hier im Auszuge die Ansicht eines
protestantischen Kritikers, Dr M. Senff, anführen, der im
«Harzer Kurier» vom 27. und 28. April einen fast zehn Spalten
langen Artikel über diese Frage veröffentlichte unter dem Titel:
«Jesuitenpater Wasmann. Pro oder contra?»
Dr Senff schließt seine Untersuchung hauptsächlich an die Rede Prof.
Plates an, welchen er als den «extensiv und intensiv bedeutendsten
Redner» der «temperamentvollen Oppositionspartei» bezeichnet. «Die
Polemik von Prof. Plate», meint Dr Senff, «hat ihre Schwächen.» «Es
ist eine ungerechte Unterschiebung, zu sagen, P. Wasmann lehne die
Deszendenzlehre mit Bezug auf den Menschen aus seinem kirch-
lichen Vorurteile heraus ab. Dieselbe Ablehnung erfolgt tag-
täglich von Naturforschern ersten Rangs, die nicht Jesuiten sind. Die
Ablehnung holt also wohl ihre guten Gründe, und vielleicht ihre besten,
ganz wo anders her, Es ist Pflicht der Vorurteilslosigkeit, auch dem
P. Wasmann die Geltendmachung solcher, Gründe zuzugestehen. Was-
mann hat gute Gründe genug angeführt, welche mit römischer Orthodoxie
gar nichts zu tun haben, welche von protestantischen Gelehrten gerade
so verfochten werden. Was dem einen recht ist, sollte dem andern billig
sein. Es ist meines Erachtens eine unerwiesene Behauptung
Plates, daß bei Wasmann im Konflikte stets der Naturwissenschaftler
dem Theologen unterliege. Diesen angeblichen Konflikt scheint mir Prof,
Plate nur unterzuschieben, um bequemer polemisieren zu können. Ganz
gewiß führt die auf den Menschen ausgedehnte Deszendenztheorie für
den Jesuiten zu einem argen kirchlichen Konflikte; aber wenn Wasmann
den Anspruch erhebt, als Naturforscher und nicht als Jesuit be-
urteilt zu werden, so gehört es zum wissenschaftlichen Anstande, seinem
Verlangen so lange Genüge zu tun, als er wirklich wissenschaftlich bleiht