Vorwort.
halb, weil meine Vorträge nicht an. die Phantasie und die Leiden-
schaft der Zuhörer sich wenden wollten, sondern bloß an den klar
denkenden , ruhig überlegenden Verstand der hier versammelten
Berliner Intelligenz. Sachliche Aufklärung sollten meine Vor-
träge bringen über die wichtige Frage: Was haben wir von
der Entwicklungslehre zu halten?
Diese große Frage löste sich ganz naturgemäß auf in folgende
Gruppen von KEinzelfragen, die in den drei Vorträgen behandelt
wurden:
Erster Vortrag: Was besagt die Entwicklungslehre (Deszendenz-
lehre) als naturwissenschaftliche Hypothese und Theorie? Ist
sze sachlich begründet und inwieweit? Steht sie mit der christ-
lichen Weltauffassung im Widerspruch oder nicht?
Zweiter Vortrag: Ist die Behauptung der Monisten wahr, daß die
naturwissenschaftliche Entwicklungslehre bloß mit dem Monismus
als Weltanschauung vereinbar sei, nicht aber mit dem Theis-
mus? Welche von beiden Weltanschauungen ist vorzuziehen für
einen Naturforscher, der zugleich auch philosophisch zu denken
versteht? Wie verhält es sich ferner mit der populären Ver-
wechslung von Darwinismus und Entwicklungstheorie? Ist sie
wissenschaftlich oder nicht, und was folgt daraus?
Dritter Vortrag: Welche Stellung nimmt endlich der Mensch ein in
dem Entwicklungsproblem? Dürfen wir diese Frage vom rein
zoologischen Gesichtspunkt aus betrachten, oder müssen wir
dafür auch noch andere, höhere Gesichtspunkte heranziehen?
Wie steht es ferner mit den zoologischen und paläontologischen
Beweisen für die tierische Abstammung des Menschen?
Der Zweck des Diskussionsabends, welcher auf die drei
Vorträge folgte, war, eine rein sachliche Aussprache über die zwischen
mir und den Opponenten bestehenden wissenschaftlichen Meinungs-
verschiedenheiten zu pflegen und dadurch unsere gegenteiligen Stand-
punkte einander näher zu bringen. Inwieweit dieser Zweck erreicht
worden ist, werden die Leser aus dem zweiten Teile dieser Schrift
wohl selber am besten beurteilen können.
Im Nachtrage vergleiche man meine Bemerkungen über die soeben
erschienene Gegenschrift von Prof. Plate, die im Nachworte nicht
mehr berücksichtigt werden konnte.