Zweiter Teil. Diskussionsabend,
c) Pantheismus. Derselbe leugnet die wesentliche Verschieden-
heit Gottes von der Welt und behauptet die substantielle
Identität beider, Die Ideen von der Allgegenwart Gottes und
von Gottes Mitwirkung zu allen geschöpflichen Handlungen hat er
aus dem Theismus entlehnt. Der Pantheismus hat die verschiedensten
Schattierungen aufzuweisen. Bald betrachtet er Gott als die Haupt-
s£che und die Welt nur als seine nebensächliche Erscheinungsform,
bald wird er zum bloßen Naturalismus, der eigentlich nur. den
Weltdingen Realität zuerkennen will, den Begriff «Gottes» aber
nur als einen andern Ausdruck für die «Universalnatur» beibehält,
um den Atheismus, der darunter steckt, zu bemänteln. Das
ist bekanntlich die «pantheistische» Weltanschauung
Ernst Haeckels,
Nachdem ich Herrn Dr Schmidt-Jena über diese Unterschiede
aufgeklärt habe, möchte ich ihn ersuchen, künftighin meine theistische
Weltanschauung nicht wieder mit dem Deismus zu verwechseln und
sie noch viel weniger zu dem Atheismus Haeckels in Beziehung zu
dringen; denn das wäre eine Vorspiegelung falscher Tatsachen.
Herr Dr Schmidt-Jena hat auch bei den Wanderreden, die er
als Generalsekretär des Deutschen Monistenbundes im Frühjahr 1907
in Wien usw. hielt, um daselbst für jenen neuen Bund Propaganda
zu machen, die Behauptung wiederholt, P. Wasmann sei bereits vom
Theismus zum Deismus übergegangen und im Begriffe, Pantheist zu
werden. Wenn der Deutsche Monistenbund solcher Mittel bedarf,
um das Publikum für seine neue Weltanschauung zu gewinnen, so
dient er jedenfalls nicht der «Aufklärung». Ich stimme ganz dem
scharfen Urteile bei, das Prof. Reinke in seiner Herrenhausrede
vom 10. Mai 1907 über die Bestrebungen dieses Monistenbundes
fällte, indem er sie als gemeingefährlich für die Kultur des
deutschen Volkes bezeichnete!,
Herr Prof. Reinke hat ferner in seinem Vortrage «Natur-
wissenschaft und Religion» (Die Propyläen, 13. März 1907,
Nr 24) ‚wesentlich dieselben Anschauungen über die Beziehungen
zwischen der Naturforschung und der theistischen Weltanschauung
entwickelt, die auch in meinen Berliner Vorträgen enthalten sind.
Rede des elften Opponenten, Herrn Dr Thesing.
Der Redner glaubt, daß die Zuhörer ebenso von der Diskussion
ermüdet seien wie er selbst; deshalb will er sich möglichst kurz
1 Siehe auch Reinkes Schrift «Haeckels Monismus und seine Freunde. Ein freies
Wort für freie Wissenschaft», Leipzig 1907.
"no,