Zweiter Teil. Diskussionsabend.
fällen ist nicht nur ein untergeordnetes Seelenorgan erkrankt, son-
dern die ganze Persönlichkeit des Menschen ist auf das
schwerste verändert.»
(Antwort auf Nr 5.) Die weitgehenden Bewußtseinsstörungen,
welche Juliusburger hier als «zweiten Zustand» bezeichnet, er-
klären sich ähnlich wie die Traum- und Dämmerungszustände,
durch welche die Orientierung über Raum und Zeit und über die
eigene soziale Stellung aufgehoben wird: der zweite Zustand ist ein
Fortgesetztes Traumleben. Hier liegt zunächst ein Mangel
der sinnlichen Aufmerksamkeit vor, welche von der äußeren Sinnes-
tätigkeit durch die Macht gewisser subjektiven Vorstellungsgebilde
so sehr abgelenkt wird, daß die Orientierung über die Wirklichkeit
verloren geht. Auch vielfache Störungen der sinnlichen Gefühls-
sphäre sind mit dem andauernden Traumzustand verbunden (vgl.
hierüber Beß mer, Grundlagen der Seelenstörungen 54—955). Nicht
die Persönlichkeit des Betreffenden ist in diesem Zustande ver-
ändert — wie Juliusburger behauptet —, sondern nur das Orien-
tierungsvermögen der Persönlichkeit.
6. «Alle diese Erfahrungen zeigen unwiderleglich,
daß es kein einfaches Seelenwesen überirdischer Her-
kunft geben kann. Einunsterbliches, einfaches Seelen-
wesen könnte auch gar nicht erkranken und hinfällig
werden. Gerade die Erkrankung der innersten Persönlich-
keit des Menschen zeigt, daß man nicht sagen darf: die Seele
erkranke nicht, sondern nur ihr Organ.»
(Antwort auf Nr 6.) Alle diese Erfahrungen zeigen
keineswegs, daß es ein einfaches Seelenwesen nicht
geben könne. Dies geht zur Genüge hervor aus unserer Kritik
der fünf vorhergehenden Beweispunkte Juliusburgers.
Juliusburger geht hier (und im Vorigen) von einer offenbar irrtüm-
lichen . Voraussetzung aus. Er stellt sich die Seele des Menschen
als einen reinen Geist vor, der in keiner innigen Verbindung mit
dem Körper steht und in keiner seiner Tätigkeiten auf körperliche
Organe angewiesen ist. Daß ein solches Seelenwesen nicht «er-
kranken», d. h. durch Erkrankung des Körpers in seinen Tätigkeiten
nicht gestört werden könne, ist selbstverständlich und bedurfte gar
keines so langen Beweises.
Nach der christlichen Psychologie, welche Juliusburger hier wider-
legen wollte, ist aber die Menschenseele kein reiner Geist, sondern
ein mit dem Leibe des Menschen zu einer vollständigen
Gesamtsubstanz verbundener Geist. Die Menschenseele