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Zweiter Teil. Diskussionsabend (18. Febr.) Rede des achten Opponenten, Herrn Dr. Juliusburger

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Zweiter Teil. Diskussionsabend. 
fällen ist nicht nur ein untergeordnetes Seelenorgan erkrankt, son- 
dern die ganze Persönlichkeit des Menschen ist auf das 
schwerste verändert.» 
(Antwort auf Nr 5.) Die weitgehenden Bewußtseinsstörungen, 
welche Juliusburger hier als «zweiten Zustand» bezeichnet, er- 
klären sich ähnlich wie die Traum- und Dämmerungszustände, 
durch welche die Orientierung über Raum und Zeit und über die 
eigene soziale Stellung aufgehoben wird: der zweite Zustand ist ein 
Fortgesetztes Traumleben. Hier liegt zunächst ein Mangel 
der sinnlichen Aufmerksamkeit vor, welche von der äußeren Sinnes- 
tätigkeit durch die Macht gewisser subjektiven Vorstellungsgebilde 
so sehr abgelenkt wird, daß die Orientierung über die Wirklichkeit 
verloren geht. Auch vielfache Störungen der sinnlichen Gefühls- 
sphäre sind mit dem andauernden Traumzustand verbunden (vgl. 
hierüber Beß mer, Grundlagen der Seelenstörungen 54—955). Nicht 
die Persönlichkeit des Betreffenden ist in diesem Zustande ver- 
ändert — wie Juliusburger behauptet —, sondern nur das Orien- 
tierungsvermögen der Persönlichkeit. 
6. «Alle diese Erfahrungen zeigen unwiderleglich, 
daß es kein einfaches Seelenwesen überirdischer Her- 
kunft geben kann. Einunsterbliches, einfaches Seelen- 
wesen könnte auch gar nicht erkranken und hinfällig 
werden. Gerade die Erkrankung der innersten Persönlich- 
keit des Menschen zeigt, daß man nicht sagen darf: die Seele 
erkranke nicht, sondern nur ihr Organ.» 
(Antwort auf Nr 6.) Alle diese Erfahrungen zeigen 
keineswegs, daß es ein einfaches Seelenwesen nicht 
geben könne. Dies geht zur Genüge hervor aus unserer Kritik 
der fünf vorhergehenden Beweispunkte Juliusburgers. 
Juliusburger geht hier (und im Vorigen) von einer offenbar irrtüm- 
lichen . Voraussetzung aus. Er stellt sich die Seele des Menschen 
als einen reinen Geist vor, der in keiner innigen Verbindung mit 
dem Körper steht und in keiner seiner Tätigkeiten auf körperliche 
Organe angewiesen ist. Daß ein solches Seelenwesen nicht «er- 
kranken», d. h. durch Erkrankung des Körpers in seinen Tätigkeiten 
nicht gestört werden könne, ist selbstverständlich und bedurfte gar 
keines so langen Beweises. 
Nach der christlichen Psychologie, welche Juliusburger hier wider- 
legen wollte, ist aber die Menschenseele kein reiner Geist, sondern 
ein mit dem Leibe des Menschen zu einer vollständigen 
Gesamtsubstanz verbundener Geist. Die Menschenseele
	        
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