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Zweiter Teil. Diskussionsabend (18. Febr.) Rede des achten Opponenten, Herrn Dr. Juliusburger

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Zweiter Teil. Diskussionsabend. 
dem Menschen ein inneres Prinzip der Denk- und Willenstätigkeiten 
d. h. eine einfache, geistige Seele zuschreiben. 
2. «Es gibt im Menschen kein einheitliches Seelen 
wesen. Die Analyse ergibt Empfindungen oder Wahrnehmungen 
einfacher Art, Erinnerungsbilder solcher Wahrnehmungen, die das 
Wesen der Vorstellung ausmachen, Verknüpfung dieser Vorstel- 
lungen zu zusammengesetzten Vorstellungsbildern. Konkrete und 
abstrakte Vorstellungen haben die gleiche Quelle ihrer Entstehung, 
nämlich die Empfindung oder Wahrnehmung. Das materielle Sub- 
strat der Verbindung der Empfindungen und Vorstellungen unter: 
einander und miteinander ist in den der Anatomie wohlbekannten 
Assoziationsfasern zu suchen. Die Wahrnehmungen und Vorstel- 
lungen sind mit Gefühlen oder Willenserregungen verbunden. Diese 
hier kurz skizzierte: Assoziationstheorie ist unvereinbar mit der 
Annahme einer einfachen Seele.» 
(Antwort auf Nr 2.) Daß ein einfaches Seelenwesen im 
Menschen vorhanden sein müsse, ergibt sich direkt weder aus der 
Introspektion noch aus dem objektiven Experiment, sondern nur 
durch eine Schlußfolgerung. Das Vorhandensein einer Seele 
als psychischen Prinzips erschließt man schon aus jedem einzelnen 
psychischen Akte. Die Einfachheit der Menschenseele aber er 
gibt sich durch Schlußfolgerung aus dem Vorhandensein eines ein: 
heitlichen Selbstbewußtseins (Persönlichkeitsbewußtseins. 
wie auch aus der psychologischen Analyse der Begriffs-, Urteils- und 
Schlußbildung beim Menschen. Empfindungen, sinnliche Wahr 
nehmungen und Vorstellungen erschöpfen keineswegs den In 
halt unseres psychischen Lebens nach seiner Erkenntnisseite. All 
gemeine Begriffe, Urteile und Schlüsse sind viel vorzüglichere Be- 
standteile unseres Erkennens, und zu ihrer Erklärung reicht selbst 
die psychologische Assoziation nicht aus, geschweige denn die Asso: 
ziation im physiologischen Sinne, deren anatomische Grundlage die 
sogenannten Assoziationsfasern darstellen. Allerdings bauen sich auch 
unsere Begriffe, Urteile und Schlüsse auf den sinnlichen Empfindungen 
auf, aber in ganz anderer Weise als die sinnlichen Vorstellungen. 
in die sie als Elemente eintreten. Der alte Satz: Nihzl est in intel 
lectu, quod non antea fuerit in sensu, ist nur insofern richtig, als 
die sinnlichen Empfindungen und Wahrnehmungen die Vorbedin 
gungen zu den eigentlichen Geistestätigkeiten bilden und das Ma 
terial zu denselben liefern. Die richtig verstandene Assoziations 
theorie ist also, wenn sie in ihren wirklichen Grenzen sich hält. 
durchaus vereinbar mit der Annahme einer einfachen Seele, ja sie 
führt sogar notwendig zu dieser Annahme.
	        
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