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Zweiter Teil. Diskussionsabend (18. Febr.) Rede des fünften Opponenten, Herrn Professors v. Hansemann

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Zweiter Teil. Diskussionsabend, 
scheinlich die physiologisch bedeutsame Funktion einer Nebendrüse 
des Darms (Darmtonsille) zu erfüllen. Welches diese Funktion ist, 
bleibt noch näher zu erforschen. Jedenfalls ist hiermit bereits die 
alte Ansicht hinfällig geworden, welche den Processus vermiformits 
für ein «rudimentäres Organ» hielt. 
Gegenüber dem Nachdruck, welchen v. Hansemann auf die 
pathologischen Erscheinungen beim Menschen legte, um dadurch 
seine Unzweckmäßigkeitstheorie zu beweisen, sei hier darauf hin 
gewiesen, daß einer der bedeutendsten Pathologen, Professor G. Bier. 
Nachfolger v. Bergmanns in Berlin, schon 1897 in «Virchows Archiv» 
die These aufgestellt und bewiesen hat, daß die Entzündungen 
überhaupt keine «Unzweckmäßigkeiten» sind, sondern zweckmäßige 
Abwehrvorrichtungen des Organismus gegen eingedrungene 
Bakterien und gegen andere Schädlichkeiten!. Eine interessante 
Diskussion über diese Theorie Biers fand auf dem 35. Kongreß der 
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zu Berlin am 7. April 1906 
statt (Verhandlungen S. 220—265). Professor Bier hielt daselbst 
gegen alle Einwendungen seine These aufrecht, daß die Ent 
zündung ein nützlicher Vorgang für den Organismus sel. 
Dies dürfte genügen zum Beweise, daß v. Hansemanns Anschauungen 
iber Unzweckmäßigkeiten in der menschlichen Pathologie zum 
mindesten sehr einseitig sind. 
Kehren wir jetzt zum Vortrage des Herrn Redners zurück, Eı 
kommt nun auf meine Ansichten in der vergleichenden Psycho 
logie. Wasmann verlasse da — und das gehe weniger aus seinen 
Vorträgen als aus seinen Schriften hervor — den Boden der ge 
sicherten naturwissenschaftlichen Tatsachen und gehe zu Defint 
tionen über; aber diese Definitionen formuliere er so, daß man 
nichts anderes beweisen könne, als daß die betreffenden Dinge dem 
Menschen eigentümlich seien, die Tiere aber sie nicht haben, So 
verfahre er mit dem Verstande gegenüber dem Instinkt. Er könnte 
ebensogut beweisen: allein der Mensch hat ein Gehirn, die Tiere 
haben keines; denn wenn er Gehirn definiert als nervöses Zentral 
organ, so hat der Mensch ein Gehirn und viele Tiere, wenn er aber 
sagt: Gehirn ist ein Zentralorgan, das in einer Schädelkapsel liegt, 
gewisse Funktionen hat, das und das Gewicht, dann hat nur der 
Mensch ein Gehirn, und die Tiere keines, und so verfährt er 
bei dem Beweise, daß nur der Mensch Verstand und 
die Tiere nur Instinkt haben. 
' Vgl. hierüber auch Prof. G. Bier, Hyperämie als Heilmittel, Leipzig 1007 
ferner den Artikel «Iie Biersche Hyperämiebehandlung» in der Beilage zur «Al! 
gemeinen Zeitung» 10907, Nr 89. S. 107—100,
	        
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