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Zweiter Teil. Diskussionsabend (18. Febr.) Rede des fünften Opponenten, Herrn Professors v. Hansemann

Full text: Der Kampf um das Entwicklungs-Problem in Berlin / Wasmann, Erich (Public Domain)

Rede des fünften UOpponenten, Herrn Prof. v, Hansemann. 
Weise bewiesen habe — in so ausgezeichneter Weise, fügen wir 
bei —, daß schon Hamann 1892 eine vernichtende Kritik an den 
phantastischen Deutungen Wiedersheims üben konnte 1. 
Vor allem legt v. Hansemann besondern Nachdruck auf den 
Wurmfortsatz des Menschen als eine rudimentäre Bildung. Es 
dünkt ihm unwahrscheinlich, daß Entzündungen desselben bei wilden 
Völkern seltener vorkämen als bei uns; darüber möchte er gerne 
Aufklärung haben. 
Wegen der großen stammesgeschichtlichen Bedeutung, die man 
jenem Processus vermiformis von darwinistischer Seite beigelegt hat 
und noch immer beilegt, will ich hier noch folgendes bemerken (zum 
dritten Vortrag S. 41). Hervorragende Pathologen nehmen gegen- 
wärtig an, daß der Appendix mit seinem reichen lymphatischen 
Gewebe eine ähnliche Rolle für den Darm spiele wie die Tonsillae 
für den Gaumen. Während man ihm früher jede Funktion absprach 
und ihn einfach als «rudimentär» ausschaltete, erkennt man heute 
an, daß er wahrscheinlich eine bestimmte Funktion für den Darm 
habe, obwohl man dieselbe noch nicht näher erforscht hat. Noch vor 
wenigen Jahren vertrat der Pathologe Ribbert (in «Virchows Archiv») 
den Standpunkt, daß eine bei Lebzeiten auftretende Obliteration 
‚Verschließung) des Lumens des Appendix ein typischer In- 
volutionsvorgang sei. Hiernach wäre der Appendix wirklich 
als rudimentäres Organ zu deuten gewesen. Aber im Jahre 1902 
zeigte Dr Jos. Koch (Erfahrungen über die chronische recidi- 
vierende Perityphlitis auf Grund von 200 Radikaloperationen, im 
Archiv für klin, Chirurgie, Bd LXVII [1902], Heft 2), daß diese 
Öbliterationen wohl lediglich als Folgen früherer Ent- 
zündungen aufzufassen sind. Den exakten Beweis hierfür 
erbrachte Professor L. Aschoff 1904 in den Verhandlungen der 
Deutschen Pathologischen Gesellschaft (S. 246 ff) in seiner Arbeit 
«Über die Topographie der Wurmfortsatzentzündung», in welcher 
er in demselben Sinne sich aussprach. Das ihm bei seiner Unter- 
Suchung vorliegende Material von 103 Wurmfortsätzen war ihm 
von Professor Rotter (am Hedwigskrankenhaus in Berlin) zur Ver- 
fügung gestellt worden. Auch die obige Arbeit von Dr Koch, 
damals Assistenzarzt am Hedwigskrankenhaus, stützt sich auf das- 
Selbe Material. 
Der Wurmfortsatz des Blinddarms verwächst hiernach nur infolge 
von krankhaften Erscheinungen. Im Normalzustande beim gesunden 
Menschen hat er, nach seinem Drüsengewebe zu urteilen, wahr- 
| Siehe meine «Biologie und Entwicklungstheorie»? S, 45ı ff,
	        
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