Rede des fünften UOpponenten, Herrn Prof. v, Hansemann.
Weise bewiesen habe — in so ausgezeichneter Weise, fügen wir
bei —, daß schon Hamann 1892 eine vernichtende Kritik an den
phantastischen Deutungen Wiedersheims üben konnte 1.
Vor allem legt v. Hansemann besondern Nachdruck auf den
Wurmfortsatz des Menschen als eine rudimentäre Bildung. Es
dünkt ihm unwahrscheinlich, daß Entzündungen desselben bei wilden
Völkern seltener vorkämen als bei uns; darüber möchte er gerne
Aufklärung haben.
Wegen der großen stammesgeschichtlichen Bedeutung, die man
jenem Processus vermiformis von darwinistischer Seite beigelegt hat
und noch immer beilegt, will ich hier noch folgendes bemerken (zum
dritten Vortrag S. 41). Hervorragende Pathologen nehmen gegen-
wärtig an, daß der Appendix mit seinem reichen lymphatischen
Gewebe eine ähnliche Rolle für den Darm spiele wie die Tonsillae
für den Gaumen. Während man ihm früher jede Funktion absprach
und ihn einfach als «rudimentär» ausschaltete, erkennt man heute
an, daß er wahrscheinlich eine bestimmte Funktion für den Darm
habe, obwohl man dieselbe noch nicht näher erforscht hat. Noch vor
wenigen Jahren vertrat der Pathologe Ribbert (in «Virchows Archiv»)
den Standpunkt, daß eine bei Lebzeiten auftretende Obliteration
‚Verschließung) des Lumens des Appendix ein typischer In-
volutionsvorgang sei. Hiernach wäre der Appendix wirklich
als rudimentäres Organ zu deuten gewesen. Aber im Jahre 1902
zeigte Dr Jos. Koch (Erfahrungen über die chronische recidi-
vierende Perityphlitis auf Grund von 200 Radikaloperationen, im
Archiv für klin, Chirurgie, Bd LXVII [1902], Heft 2), daß diese
Öbliterationen wohl lediglich als Folgen früherer Ent-
zündungen aufzufassen sind. Den exakten Beweis hierfür
erbrachte Professor L. Aschoff 1904 in den Verhandlungen der
Deutschen Pathologischen Gesellschaft (S. 246 ff) in seiner Arbeit
«Über die Topographie der Wurmfortsatzentzündung», in welcher
er in demselben Sinne sich aussprach. Das ihm bei seiner Unter-
Suchung vorliegende Material von 103 Wurmfortsätzen war ihm
von Professor Rotter (am Hedwigskrankenhaus in Berlin) zur Ver-
fügung gestellt worden. Auch die obige Arbeit von Dr Koch,
damals Assistenzarzt am Hedwigskrankenhaus, stützt sich auf das-
Selbe Material.
Der Wurmfortsatz des Blinddarms verwächst hiernach nur infolge
von krankhaften Erscheinungen. Im Normalzustande beim gesunden
Menschen hat er, nach seinem Drüsengewebe zu urteilen, wahr-
| Siehe meine «Biologie und Entwicklungstheorie»? S, 45ı ff,