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Technik

Full text: Max Liebermann / Scheffler, Karl (Public Domain)

. TECHNIK 
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die mit dem Pinsel äußerlich spielen; aber diese haben, wie jene 
Schreiber, nicht einen prägnanten Charakter darzustellen, sondern eben 
nur ihre Eitelkeit. 
Nicht nur Künstlerindividualität und Technik bedingen einander, 
sondern auch Stilidee und Technik. Wie sich die einzelnen Talente in 
ihren Vortragsweisen unterscheiden, so tun es die Schulen. Denn auch 
Völker sind in gewisser Weise Individuen; auch Stilkonventionen stehen 
in der Geschichte wie Persönlichkeiten mit determiniertem Eigenwert da. 
Unmöglich hätten Giotto und Signorelli ihre Absichten mittels einer 
Technik ausdrücken können, die zu den Zielen Tizians oder Velasquez’ 
paßt; die Maltechnik der Gotiker war von der der Renaissancemeister 
verschieden, nicht nur aus Gründen mangelnder Einsicht, sondern weil 
die Gefühlsformen auseinandergingen; und Lancrets Darstellungsart wäre 
für einen Holländer des siebzehnten Jahrhunderts unbrauchbar gewesen. 
Dagegen herrscht stets eine gewisse Verwandtschaft des Technischen inner- 
halb einer Stilidee. Pieter de Hoogh und Terborch, Adrian van de 
Velde und Ruisdael, Frans Hals und Vermeer unterscheiden sich in ihrer 
Technik gewiß durch sehr wesentliche Sonderzüge, sie stehen mit ihren 
Handschriften nebeneinander als verschiedene Temperamente und Potenzen; 
aber doch ist ein Gemeinsames nicht nur in dem Stoffkreis, dem sie ihre 
Motive entnehmen, nicht nur in den Formen der Komposition, Farben- 
gebung und Naturauffassung, sondern auch in den technischen Mitteln, die 
sie anwenden. Und das ist nicht nur Tradition und Begrenztheit; ein 
verwandtes Lebensgefühl führte vielmehr Allen gleichmäßig die Hand. 
({n diesen Sinne ist auch dem Impressionismus, als einer lebendigen, 
notwendig gewordenen Stilidee, eine besondere Technik eigen. Das Er- 
lebnis des Gefühls, das wir Impression nennen, fordert eine bestimmte 
Pinseltechnik und eine besondere Art des Pigmentauftrags, eine "Technik, 
die sich von der früherer Zeiten ebenso unterscheidet, wie die moderne 
Anschauungsform vom Lebensgefühl der Vergangenheit. Eines bedingt 
notwendig das Andere. Wer die impressionistische Malerei gelten lassen 
will, aber ihre Technik nachlässig findet, versteht nicht den wesentlichen 
Punkt zu erfassen. Immer wieder muß man ja den Vorwurf hören, diese 
Technik sei skizzenhaft, flüchtig und liederlich. In Wirklichkeit ist sie 
bei den großen Meistern, wie Manet und Degas, ebenso solide wie in 
der Kunst der alten Holländer; sie ist nur anders. Was skizzenhaft 
aussieht. bedeutet nicht einen geringeren Aufwand von Mühe, denn in
	        
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