. TECHNIK
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die mit dem Pinsel äußerlich spielen; aber diese haben, wie jene
Schreiber, nicht einen prägnanten Charakter darzustellen, sondern eben
nur ihre Eitelkeit.
Nicht nur Künstlerindividualität und Technik bedingen einander,
sondern auch Stilidee und Technik. Wie sich die einzelnen Talente in
ihren Vortragsweisen unterscheiden, so tun es die Schulen. Denn auch
Völker sind in gewisser Weise Individuen; auch Stilkonventionen stehen
in der Geschichte wie Persönlichkeiten mit determiniertem Eigenwert da.
Unmöglich hätten Giotto und Signorelli ihre Absichten mittels einer
Technik ausdrücken können, die zu den Zielen Tizians oder Velasquez’
paßt; die Maltechnik der Gotiker war von der der Renaissancemeister
verschieden, nicht nur aus Gründen mangelnder Einsicht, sondern weil
die Gefühlsformen auseinandergingen; und Lancrets Darstellungsart wäre
für einen Holländer des siebzehnten Jahrhunderts unbrauchbar gewesen.
Dagegen herrscht stets eine gewisse Verwandtschaft des Technischen inner-
halb einer Stilidee. Pieter de Hoogh und Terborch, Adrian van de
Velde und Ruisdael, Frans Hals und Vermeer unterscheiden sich in ihrer
Technik gewiß durch sehr wesentliche Sonderzüge, sie stehen mit ihren
Handschriften nebeneinander als verschiedene Temperamente und Potenzen;
aber doch ist ein Gemeinsames nicht nur in dem Stoffkreis, dem sie ihre
Motive entnehmen, nicht nur in den Formen der Komposition, Farben-
gebung und Naturauffassung, sondern auch in den technischen Mitteln, die
sie anwenden. Und das ist nicht nur Tradition und Begrenztheit; ein
verwandtes Lebensgefühl führte vielmehr Allen gleichmäßig die Hand.
({n diesen Sinne ist auch dem Impressionismus, als einer lebendigen,
notwendig gewordenen Stilidee, eine besondere Technik eigen. Das Er-
lebnis des Gefühls, das wir Impression nennen, fordert eine bestimmte
Pinseltechnik und eine besondere Art des Pigmentauftrags, eine "Technik,
die sich von der früherer Zeiten ebenso unterscheidet, wie die moderne
Anschauungsform vom Lebensgefühl der Vergangenheit. Eines bedingt
notwendig das Andere. Wer die impressionistische Malerei gelten lassen
will, aber ihre Technik nachlässig findet, versteht nicht den wesentlichen
Punkt zu erfassen. Immer wieder muß man ja den Vorwurf hören, diese
Technik sei skizzenhaft, flüchtig und liederlich. In Wirklichkeit ist sie
bei den großen Meistern, wie Manet und Degas, ebenso solide wie in
der Kunst der alten Holländer; sie ist nur anders. Was skizzenhaft
aussieht. bedeutet nicht einen geringeren Aufwand von Mühe, denn in