DIE IMPRESSIOL "
stimmungsvoll oder charakteristisch, was die vielen Lustempfindungen, wo-
für es keine Benennung gibt, in uns erweckt, das weist immer aufs Raum-
gefühl. Wie eine Erkenntnis des Willens, der Entwickelungsideen ohne
Zeitsinn nicht möglich ist, so ist Erkenntnis des Zuständlichen ohne Raum-
zefühl undenkbar. Darum stempelt es Liebermann recht eigentlich zum
Maler von ursprünglicher Organisation, daß er ein so starkes Raumbewußt-
sein hat. Die Menschen, Häuser, Wellen, Pferde, Bäume auf seinen Bildern
handeln nicht, sie sind rein zuständlich gesehen. Aber der Raum handelt.
Dieser läßt die Dinge idyllisch oder romantisch erscheinen, bedeutend und
charaktervoll, er umkleidet sie mit all der Poesie, wofür es keine Worte
gibt. Wer den Dichter in Liebermann erkennen will, muß das Räumliche
seiner Bilder nachempfinden können. Wo der mittelmäßige Maler mit den
Gesetzen der Perspektive arbeitet und die Naturobjekte kulissenhaft richtig
anordnet, da vertieft sich Liebermann in die geheimnisvoll stumme Sprache,
die das Hinter- und Nebeneinander der Dinge spricht. Während er die
malerische Kunstarbeit tut, das Dreidimensionale der Natur ins Zwei-
dimensionale des Bildes zu übertragen, versteht er die Psychologie der Ent-
fernung zu ergründen. Mit einem Nichts an Aufwand vermag er zwingende
Raumverhältnisse anzudeuten und damit eingeborene Gefühlswerte auszu-
drücken. Was seine oft so unscheinbaren Bilder mit dem häßlichen Stoff
and uninteressanten Milieus so befreiend wirken läßt, ist diese Raumdich-
tung. Der große Zug, das starke Atmen der Empfindung spricht aus
Liebermanns Kunst, weil er den unendlichen Raum ebenso sicher mit dem
Zwergenmaß der menschlichen Begriffsfähigkeit, an der Hand von ewig-
zültigen Teilungsgesetzen zu symbolisieren weiß, wie die Schwingungs-
verhältnisse konsonierender Töne die unendliche Zeit im mathematischen
Gleichnis des Schwingungsgesetzes symbolisieren.
Als Raumkünstler hat Liebermann die feinste Meisterschaft und darum
auch die größte Originalität entwickelt. Nicht in dem Sinne, daß bei ihm
von einer in die Augen fallenden, strengen Perspektive oder einer auf die
Raumidee gerichteten Komposition gesprochen werden darf. Eine kompositio-
nelle Stilisierung ist wenigstens nur selten in seinen Bildern deutlich nach-
zuweisen, da sie bei ihm mehr in einem Weglassen des Irritierenden be-
steht, als in merkbaren Gruppierungen. Wie es in seinen Bildern ist,
könnte es scheinbar auch immer in der Natur gewesen sein. Nur in einem
Punkte wird eine Methode der Komposition deutlich genug, daß sie sich
mitteilen läßt. Ganz sichtbar ist Liebermanns Vorliebe für das Parallele,