Das moderne Charlottenburg.
Beim Ausscheiden aus dem Teltower Kreise im Jahre
1876 hatte die Stadt Charlottenburg rund 27000 Ein-
wohner. Im Jahre 1894 wurde das erste Hunderttausend
überschritten, im Jahre 1902 das zweite; und im Jahre
1910 ist eine Einwohnerzahl von 300000 erreicht worden.
Dementsprechend wurde auch das Gemeindegebiet immer
dichter bebaut, und heute ist die Grenze zwischen Char-
lottenburg und Berlin nur noch für den Kundigen erkennbar.
Die Besiedlung der Stadt erfolgte von vier Seiten her:
ursprünglich, wie wir gesehen haben, als eine Gemeinde
von Handwerkern und Kleinbürgern südlich des Königlichen
Schlosses angelegt, dehnte sich der Kern der Stadt immer
weiter nach Süden, Osten und Westen aus. Daneben ent-
standen einmal unabhängig davon ein Stadtteil im Anschluss
an das Berliner „Geheimratsviertel“, das man jetzt als den
Alten Westen bezeichnet, während eben der Neue Berliner
Westen kommunalpolitisch fast ganz zu Charlottenburg
gehört, zum anderen ein Fabrikviertel durch Ausdehnung
des Berliner Stadtteils Moabit auf den zu Charlottenburg
gehörenden Gutsbezirk Martinikenfelde, zum dritten ein
akademisches Stadtviertel um die Technische- und die Kunst-
Hochschulen. So zeigen auch heute die Viertel der Stadt
recht verschiedenes Gepräge: Das „Ostviertel“ mit seinen
ruhigen Wohn- und breiten Geschäftsstrassen, das „Kur-
fürstendamm-“ und das „Lietzenseeviertel“ mit ihren Pracht-
bauten, das „Hochschulviertel“, eine richtige Universitäts-
stadt mit Studentenbuden, Studentenkneipen und Paukböden,
die „Innere Stadt“ und der „Lützow“, der Sitz des mittleren
Bürgerstandes, das „Schlossviertel“, bewohnt von Klein-
handwerkern und Arbeitern, „Halbinsel“, „Kalowswerder“
und „Martinikenfelde“ mit ihren Fabriken und „Westend“,
jener Sprössling der Gründerzeit, das erst heute wieder
zu neuem Leben erwacht.