DOKUMENTATION N o 170
NACHHALTIGKEIT IN DER
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
INHALT
GEMEIMSAMES VORWORT DStGB + agiplan
Dr. Gerd Landsberg und Dr. Christian Jacobi ............... 3
4 HANDLUNGSFELDER UND
PRAXISBEISPIELE KOMMUNALER
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNGEN
1 EINLEITUNG/AUSGANGSSITUATION ............ 5
2 ERGEBNISSE DER
KOMMUNALBEFRAGUNG ................................... 7
2.1 Die Rolle von Nachhaltigkeit für
Wirtschaftsförderungen ........................................ 8
2.2 Handlungsfelder nachhaltiger
Wirtschaftsförderung ............................................. 9
2.3 Stakeholder und Treiber nachhaltiger
Entwicklung vor Ort .............................................. 13
4.1 Strategie
18
4.2 Innovations- und Technologietransfer
23
4.3 Gewerbeflächenentwicklung
24
4.4 Energieversorgung
29
4.5 Regionale Wirtschaftskreisläufe
33
4.6 Corporate Social Responsibility
37
5 FAZIT
3 HERAUSFORDERUNGEN DER
NACHHALTIGEN TRANSFORMATION
IN DEN KOMMUNEN ............................................ 15
IMPRESSUM
Herausgeber
DStGB Dienstleistungs GmbH
April 2023
Konzept und Idee
17
Verantwortlich für den Deutschen Städte- und Gemeindebund
Timm Fuchs, Jan Strehmann
Verantwortlich für agiplan GmbH
Dr. Sven Wardenburg, Nomo Braun, Jens Hüsgen
Gestaltung und Satz Birgit Pointinger
Fotos Titelblatt von links oben im UZS:
© BillionPhotos.com - Fotolia.com | Aukid – stock.adobe.com | ragon – stock.adobe.com
41
Dr. Gerd Landsberg © Benjamin Westhoff
Dr. Christian Jacobi
GEMEINSAMES VORWORT
DR. GERD LANDSBERG UND DR. CHRISTIAN JACOBI
Die Wirtschaft in unseren Städten und Gemeinden verändert
sich, und dass nicht erst seit der „Zeitenwende“. Der Umbau
im produzierenden Gewerbe aber auch im Dienstleistungsbereich und in der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit,
Ressourcenschonung und Energieeffizienz findet statt. Die
Kommunen sind auch als Wirtschaftsförderer gefordert,
dies zu unterstützen, nicht zuletzt, um den eigenen Wirtschaftsstandort zukunftsfest zu machen. Ohnehin nehmen
die Kommunen gerade beim Klimaschutz eine zentrale Rolle
ein. Sie stehen in Kontakt mit den Bürger:innen, der lokalen
Wirtschaft sowie weiteren Akteuren und haben direkten
Zugriff auf die Infrastruktur vor Ort. Zudem gestalten sie
durch ihre kommunalen Unternehmen maßgeblich die
Energie- und Mobilitätswende. Doch diese Funktionen
können Kommunen nur wahrnehmen, wenn ihnen eine
positive wirtschaftliche Entwicklung und die damit verbundenen Arbeitsplätze und Steuereinnahmen die notwendigen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Umso wichtiger
ist es, dass Kommunen und Wirtschaft gemeinsam den Weg
der nachhaltigen Transformation gehen. Dabei dürfen sie
insbesondere nicht durch eine überbordende Bürokratie bei
der Inanspruchnahme von Fördermitteln belastet werden.
vielen Dimensionen beschäftigt. Dazu zählt beispielsweise
der Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Ziel eines
CO2-neutralen Standorts. Letzterer ist nicht nur unter dem
Aspekt des kommunalen Klimaschutzes, sondern auch
mit Blick auf regionale Wertschöpfungseffekte und Unternehmensansiedlungen hervorzuheben. Wichtig ist, dass
Kommunen und Wirtschaft sich als Partner auf Augenhöhe
verstehen und gemeinsam an der Zukunft unserer Städte
und Gemeinden arbeiten.
Die kommunalen Wirtschaftsförderungen sind als Vermittler
zwischen der Kommunalverwaltung und den Betrieben
gefordert, Anforderungen an Klima- und Ressourcenschutz
mit wirtschaftlicher Entwicklung in Einklang zu bringen
und häufig auch zwischen Kommunalverwaltungen und
Wirtschaft zu moderieren. Zudem können Wirtschaftsförderungen die Unternehmen vor Ort bei ihrer nachhaltigen Transformation gezielt beraten und unterstützen. Die
Ergebnisse unserer Umfrage und die vorgestellten Beispiele
dieser gemeinsamen Publikation des DStGB und der agiplan
GmbH zeigen, dass sich die große Mehrheit der Kommunen
bereits aktiv mit der Frage einer nachhaltigen Wirtschaft in
Dr. Christian Jacobi
Berlin, im April 2023
Dr. Gerd Landsberg
Hauptgeschäftsführer Deutscher Städte- und Gemeindebund
Geschäftsführender Gesellschafter agiplan GmbH
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 3
© AdobeStock_2ragon
4 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
1
EINLEITUNG / AUSGANGSSITUATION
Die politischen Ziele und die Marschrichtung sind klar: Nach
dem Klimaschutzgesetz des Bundes soll Deutschland bis zum
Jahr 2045 klimaneutral werden. Erreicht werden die Klimaschutzziele des Bundes allerdings vor allem auf kommunaler
Ebene: Hier werden aus politischen Vorgaben konkrete Maßnahmen – wobei sich die Kommunen zum Teil noch deutlich
ehrgeizigere Klimaschutzziele gesetzt haben. Doch in vielen
Bereichen muss ein konkreter Pfad zur Klimaneutralität erst
noch gefunden werden.
Vor dem Hintergrund dieser Ausgangslage zeigen sich auch
die Herausforderungen für die Wirtschaft in den Städten und
Gemeinden. Die Energiewirtschaft und die Industrie verursachen in Deutschland zusammen mehr als die Hälfte aller
CO2-Emissionen und sind ebenso für die Hälfte des gesamten Wasserverbrauchs verantwortlich. Eine dekarbonisierte
und damit „grüne“ Wirtschaft ist daher ein entscheidender
Hebel auf dem Weg zur Klimaneutralität. Damit einher geht
ein erheblicher Transformationsbedarf für viele Unternehmen in den Kommunen, der von diesen weitreichenden Anpassungen und Investitionen erfordert. Der Veränderungsund Innovationsbedarf ist mittelfristig enorm hoch. Hieraus
leitet sich die Ausgangshypothese der vorliegenden Studie
ab: Die Förderung und Begleitung der nachhaltigen und klimaneutralen Transformation der Wirtschaft wird zu einer zentralen Aufgabe der kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderung der kommenden 15 Jahre.
Doch gerade die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen der vergangenen Jahre haben verdeutlicht, wie
schnell langfristige Nachhaltigkeitsziele aufgrund akuter Probleme und Herausforderungen in den Hintergrund treten
können. Viele Unternehmen sehen sich derzeit vielfältigen,
multidimensionalen Krisen gegenüber, die kurzfristige Problemlösungen erfordern und Ressourcen binden. Dabei zeigen sich schon jetzt vielfältige Handlungsbedarfe:
• In vielen Kommunen sorgen die anhaltende Energiekrise
und Inflation für einen hohen Druck auf die Wirtschaft und
führen zu erheblichen Kostensteigerungen, zum Beispiel
für Energie, Rohstoffe oder CO2-Abgaben.
• Internationale Spannungen und die Corona-Pandemie
haben dafür gesorgt, dass Unsicherheiten innerhalb von
Wertschöpfungsketten entstehen, insbesondere bei
Rohstoff- und Energieverfügbarkeiten. Internationale
Stoffströme und Absatzmärkte werden dadurch radikalen
Veränderungen ausgesetzt.
• Neue Technologien, insbesondere im Kontext der Digitalisierung, machen es nötig, dass Unternehmen sich immer
wieder an diese Marktentwicklungen anpassen.
• Der wachsende Fachkräftemangel sorgt dafür, dass
Unternehmen vielerorts zunehmend Probleme haben,
qualifizierte Fachkräfte zu finden.
• Der politische und der gesellschaftliche Druck durch die
Nachhaltigkeitsziele wächst (exemplarisch seien hier der
European Green Deal und die Sustainable Development
Goals genannt).
• Kunden und Konsumenten entwickeln zunehmend ein
steigendes Nachhaltigkeitsbewusstsein. Das führt zu sich
verändernden Anforderungen an Unternehmen und ihre
Zulieferer.
• Die Pflicht zur Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten
gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive
(CSRD) gilt ab dem Geschäftsjahr 2024 auch für kleinere
Unternehmen ab 250 Mitarbeitern und betrifft gesamte
Wertschöpfungsketten. Die Prozesse und Infrastrukturen,
um notwendige Daten zu erheben, sind allerdings in
vielen Unternehmen noch nicht vorhanden.
Wie kann es kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderungen in dieser Gemengelage gelingen, die richtigen
Ansatzpunkte zu finden? Wie können Wirtschaftsförderungen mit ihrem Handeln die Nachhaltigkeitstransformation der lokalen Unternehmen unterstützen und damit deren
langfristige Wettbewerbsfähigkeit und ihre wichtige Rolle als
lokale Arbeitgeber sichern?
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 5
NACHHALTIGKEIT
»
Der Begriff der Nachhaltigkeit umfasst
in diesem Kontext nicht nur die ökologische
Dimension, sondern auch ökonomische
und soziale Komponenten, sehr deutlich
zusammengefasst in den 17 Sustainable Development Goals der Vereinten
Nationen. So gehören auch die Förderung
von wertorientiertem Wirtschaften, Social
Entrepreneurship, Corporate Social Responsibility (CSR) und Gemeinwohlökonomie zu
einer nachhaltigen Wirtschaft.
Wirtschaftsförderungen müssen jetzt die Nachhaltigkeit der
Wirtschaftsstruktur fördern, um Wertschöpfung und Arbeitsplätze langfristig vor Ort zu halten. Das erfordert, dass sich
Angebote der Wirtschaftsförderung flächendeckend an
Nachhaltigkeitskriterien orientieren müssen. Die Entwicklung
neuer, innovativer Angebote und Maßnahmen wird für die
Wirtschaftsförderung zu einem Schlüssel für eine nachhaltige Kommunalentwicklung. Entsprechend dieser Prämissen
wurden die zentralen Fragestellungen für diese Studie
gewählt:
Mit welchen Maßnahmen können Kommunen und
kommunale Wirtschaftsförderungen die nachhaltige
Transformation ihrer Wirtschaft unterstützen?
Was sind die größten strukturellen
Herausforderungen für eine nachhaltige
Wirtschaftsförderung?
Welche Maßnahmen haben Vorbildcharakter
für andere Kommunen?
?
?
?
?
Wirtschaftsförderungen
Abbildung 1: Fragestellungen der Studie
Bislang gibt es kaum umfassende Handlungsleitfäden für
Kommunen zur Unterstützung der Nachhaltigkeitstransformation in der Wirtschaft. Hier möchte diese Publikation
Perspektiven und Gestaltungsspielräume für eine nachhaltige Wirtschaftsförderung aufzeigen. Die Ergebnisse bauen
auf einer gezielten deutschlandweiten Befragung auf, die
der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) im Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 zusammen mit der Unternehmens- und Wirtschaftsförderungsberatung agiplan
GmbH durchgeführt hat und an dem sich 160 Wirtschaftsförderungen beteiligt haben. Die Befragung liefert eine
Bestandsaufnahme der aktuellen Nachhaltigkeitsaktivitäten
kommunaler und regionaler Wirtschaftsförderungen. Neben
den Befragungsergebnissen werden in dieser Dokumen-
6 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
tation Best-Practices mit Modellcharakter vorgestellt, die
zeigen, wie der anstehende Wandel für alle Stakeholder gleichermaßen zu einem Erfolg werden kann.
Die Dokumentation zeigt auf diese Weise konkrete Gestaltungsräume auf und gibt Handlungsempfehlungen für
Wirtschaftsförderungen für die erfolgreiche Umsetzung der
Nachhaltigkeitstransformation. Dabei muss und soll natürlich berücksichtigt werden, dass die Ausgangssituation in
den einzelnen Kommunen teils sehr unterschiedlich ist und
es dementsprechend keine allgemeingültigen Antworten
oder Lösungen geben kann.
2
ERGEBNISSE DER KOMMUNALBEFRAGUNG
Abbildung 2
Ökonomisch
wettbewerbsfähig & an
Marktentwicklungen
angepasst
Ökologisch verträglich
Sozial inklusiv
Erhalt und Förderung
attraktiver
Beschäftigung
Stärkung der
Wettbewerbsfähigkeit
Senkung von
Ressourcenbedarf und
Emissionen
Geringe Abhängigkeit
von Rohstoff- und
Energiemärkten
Soziale Verantwortung
in Unternehmen
Verbesserung von
Arbeitsbedingungen
Innovationen
Steigerung von
Einkommen
Entkopplung von
Wachstum &
Ressourcenverbrauch
Beitrag zum
Klimaschutz
Stärkung von
Chancengleichheit &
Integration)
Verbesserung der
Lebensqualität
Abbildung 2: Dimensionen der Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaftsstruktur
Die nachhaltige Transformation der Wirtschaft besteht aus
mehr als der reinen Dekarbonisierung und hat unterschied1
liche Zielebenen, wie Abbildung 2 zeigt. Hierzu zählen
beispielsweise auch das langfristige Wachstum von Beschäftigung und Wertschöpfung sowie die soziale Verträglichkeit.
Die geforderte Ausrichtung von Angeboten der Wirtschaftsförderung an einer nachhaltigen Entwicklung ist daher keine
Abkehr von ihren klassischen Zielen, sondern erfordert lediglich die Anpassung von oftmals etablierten Angeboten und
Maßnahmen an die aktuellen Bedarfe.
Abbildung 3
Die Befragung greift die Vielschichtigkeit einer nachhaltigen
Wirtschaftsförderung auf. Es wurden, neben allgemeinen
Angaben zur Wirtschaftsförderung, unterschiedliche Themenbereiche im Kontext der Nachhaltigkeit abgefragt. Dazu
zählen die allgemeine Rolle von Nachhaltigkeit in der Praxis
der Wirtschaftsförderungen, Handlungsfelder im Bereich der
Nachhaltigkeit, die Frage nach Akteuren und Stakeholdern,
die eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung fördern, sowie
die Frage nach konkreten Maßnahmen, die in den Kommunen
durchgeführt werden. Ein besonderes Augenmerk wurde
dabei auch auf aktuelle Hemmnisse und Herausforderungen
gelegt. Was hindert Wirtschaftsförderungen gegebenenfalls
an der Umsetzung von Unterstützungsangeboten und nachhaltigen Projekten?
Befragungsteilnehmer:innen - administrative Einheiten
80
74
70
65
60
50
40
30
20
10
7
12
2
0
Abbildung 3: Befragungsteilnehmer:innen
nach administrativen Einheiten
Region
Landkreis
Stadt
Gemeinde (inkl. Verwaltungsgemeinschaften) sonstiges
n=160
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 7
Abbildung 4
Größe der befragten Einheiten nach Einwohner:innen
70
64
60
50
38
40
30
20
21
20
17
10
0
weniger als 5.000
5.000 - 20.000
20.000 - 50.000
50.000 - 100.000
mehr als 100.000
n=160
Abbildung 4: Größe der Kommunen der Befragungsteilnehmer:innen
Die 160 vollständigen Befragungsteilnahmen decken die
gesamte Bandbreite an Kommunen ab – von der Kleinstkommune bis hin zur Großstadt. Ein großer Teil stammt
von kommunalen Wirtschaftsförderungen der Städte und
Gemeinden. Doch auch der Blickwinkel regionaler Wirtschaftsförderungen und Kreiswirtschaftsförderungen ist in
den Ergebnissen abgebildet. Die in den Abbildungen 3 und 4
gezeigte Struktur der Teilnehmenden lässt erwarten, dass die
Ergebnisse auch auf vergleichbare Kommunen übertragbar
sind.
2.1
Die Rolle von Nachhaltigkeit
für Wirtschaftsförderungen
Mehr als 70 Prozent der befragten Wirtschaftsförderungen
stimmen eher oder sogar voll zu, dass die nachhaltige
Entwicklung eine ihrer zentralen Zielvorgaben ist. Bei Wirtschaftsförderungen mit mehr als 15 Mitarbeitenden sind
es sogar 100 Prozent. 60 Prozent stimmen außerdem der
Aussage eher oder voll zu, dass die nachhaltige Entwicklung
auch bei ihrer täglichen Arbeit eine wichtige Rolle einnimmt.
Auch hier steigt die Zustimmung bei mehr als 15 Mitarbeitenden – auf 85,7 Prozent. In den Wirtschaftsförderungen der
Kreise und Regionen liegt dieser Anteil bei 80 Prozent.
Es zeigt sich, dass bisher vor allem regionale und größere
kommunale Wirtschaftsförderungen das Thema einer
nachhaltigen Entwicklung intensiv bearbeiten. Hier liegt
die Schlussfolgerung nahe, dass dies auch eine Frage der
personellen und finanziellen Kapazitäten ist, die eine intensivere Beschäftigung mit verschiedenen, auch strategischen
Themenfeldern erlauben. Insofern ist es nicht überraschend,
dass lediglich 15 (9,4 %) der Teilnehmenden angeben, dass es
in ihrer Institution oder Kommune ein Wirtschaftsförderungskonzept mit einem expliziten Fokus auf Nachhaltigkeit gibt.
8 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
In Kommunen mit weniger als 50.000 Einwohnern sind dies
sogar nur 5 von 123 (4 %) – wohingegen diese Zahl in Kreisen,
Regionen und Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern bei
fast 50 Prozent liegt (8 von 17). Dabei ist zu beachten, dass
Großstädte, Kreise und Regionen grundsätzlich häufiger strategische Wirtschaftsförderungskonzepte erarbeiten als kleinere Kommunen.
STRUKTUR DER TEILNEHMENDEN
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNGEN
• 82,2 Prozent der teilnehmenden
Wirtschaftsförderungen sind
verwaltungsangehörig.
• 14,6 Prozent der teilnehmenden Wirtschaftsförderungen sind privatrechtlich
organisierte Organisationen – in der Regel
als GmbH. Meist ist dies in Großstädten
und bei regionalen Wirtschaftsfördereinrichtungen der Fall. 2,5 Prozent aller Rückmeldungen kommen von eingetragenen
Vereinen.
• 79 Prozent der teilnehmenden Wirtschaftsförderungen haben fünf oder weniger
Mitarbeiter:innen. Vor allem in kleineren
Kommunen gibt es oft nur eine Person,
die mit Wirtschaftsförderung befasst ist
und in vielen Fällen auch noch zusätzliche
Aufgabengebiete hat.
• 9,5 Prozent der teilnehmenden Wirtschaftsförderungen verfügen über mehr als
15 Mitarbeiter:innen.
Quantitative Ergebnisse Die Rolle von Nachhaltigkeit in Wirtschaftsförderungen
Rolle von Nachhaltigkeit in der Praxis
Die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ist eine explizite
6,0%
23,5%
44,3%
Zielvorgabe der Arbeit meiner
DieWirtschaftsförderung
Rolle von Nachhaltigkeit in Wirtschaftsförderungen
27,5%
Die
einer
nachhaltigen
Entwicklung
eine explizite
DieFörderung
nachhaltige
Entwicklung
nimmt
in meiner ist
täglichen
Arbeit
Zielvorgabe dereine
Arbeit
meinerRolle
Wirtschaftsförderung
wichtige
ein
6,0%
7,2%
23,5% 32,9%
38,8%
27,5%
21,1%
Bei Unternehmensansiedlungen werden
Die nachhaltige Entwicklung
nimmt in meiner
Arbeit
Nachhaltigkeitsaspekte
der Ansiedlung
geprüft täglichen
(z.B. Klimaund
eine
wichtige
Rolle
ein
Umweltauswirkungen, soziale Verantwortung des
Unternehmens)
7,2%
7,3%
21,2%32,9%
38,8%
32,5% 21,1%
0%
Bei Unternehmensansiedlungen werden
Nachhaltigkeitsaspekte der Ansiedlung geprüft (z.B. Klima- und
7,3%
stimme
gar nicht zu
stimme eher nicht zu
Umweltauswirkungen, soziale
Verantwortung
des
Unternehmens)
Abbildung 5: Die Rolle von Nachhaltigkeit in Wirtschaftsförderungen
37,7%
20%
40%
21,2%
20%
60%
80%
37,7%
stimme eher zu
0%
2.2
44,3%
32,5%
stimme voll zu
40%
100%
60%
80%
100%
Handlungsfelder
nachhaltiger
unternehmerischen
stimme
gar nicht zu
stimme eher nicht zu
stimme eher zu Transformation
stimme voll zu zur Nachhaltigkeit, zu der
kommunale Verantwortliche nur indirekt beitragen können,
Wirtschaftsförderung
spielt dagegen bisher eine untergeordnete Rolle.
Die derzeitigen TOP 5 Handlungsfelder für Wirtschaftsförderungen (Abb. 6) zeigen, dass Wirtschaftsförderungen bisher
vor allem in ihrem direkten Wirkungsbereich tätig sind, also
dort wo kommunale Verantwortliche durch Planung oder
Strategieentwicklung aus der Verwaltung heraus einen
direkten Einfluss nehmen können. Dies zeigt insbesondere
die Rolle von Gewerbe- und Industriegebieten im Rahmen
der Flächennutzungs- und Bauleitplanung sowie die Bedeutung der Energieversorgung als kommunale Pflichtaufgabe
(in den meisten Bundesländern). Die Unterstützung der
Entsprechend spielt für 84 Prozent der Teilnehmenden die
nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung eine sehr wichtige
oder wichtige Rolle. Nur 4 Prozent geben an, dass sie keine
Rolle spielt. Diese Ergebnisse sind flächendeckend gültig und
unabhängig von der Größe der Kommune, der Wirtschaftsförderung oder der Organisationsform der Wirtschaftsförderung.
Auch die Reduktion des Flächenverbrauchs findet sich in den
wichtigsten Handlungsfeldern der Befragung. Vor allem in
Städten, in denen Flächen in der Regel bereits knapp sind,
Abbildung 6
TOP-5 Handlungsfelder der nachhaltigen Wirtschaftsförderung
Nachhaltige (Weiter-)Entwicklung
von
Gewerbe- und Industriegebieten
3,9%
Ausbau regenerativer
Energieversorgung
8,4%
18,1%
Strategische Entwicklung einer
nachhaltigen Wirtschaftsstruktur
7,9%
19,1%
Förderung regionaler
Wirtschaftskreisläufe
Reduktion des Flächenverbrauchs
10%
Dieses Handlungsfeld spielt in der Arbeit meiner Wirtschaftsförderung:
27,6%
45,4%
20%
31,1%
38,4%
27,2%
5,3%
31,6%
41,9%
19,9%
10,6%
0%
42,9%
38,3%
14,9%
21,9%
45,7%
30%
keine Rolle
40%
50%
eine eher unwichtige Rolle
60%
70%
eine eher wichtige Rolle
80%
90%
100%
eine sehr wichtige Rolle
Abbildung 6: TOP 5 Handlungsfelder
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 9
© AdobeStock_ j-mel
spielt der Flächenverbrauch häufiger eine sehr wichtige Rolle
(31,4 %) als in Gemeinden (12,9 %) und Kreisen bzw. Regionen (10,5 %). Das Ziel der Bundesregierung, den Verbrauch
von Flächen bis 2030 auf durchschnittlich maximal 30 Hektar
pro Tag zu reduzieren – festgelegt in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – erfordert fast eine Halbierung der
täglichen Flächenversieglung in Deutschland gegenüber
den Ausgangszahlen von 2017. Dies erfordert dementsprechend neue Strategien der Gewerbeflächenpolitik.
Ein weiter wichtiger Punkt für viele Teilnehmende ist der
Ausbau der regenerativen Energieversorgung. Rund drei
Viertel der Befragten geben an, dass das Thema für sie sehr
wichtig oder eher wichtig ist. Da die Sicherstellung der Energieversorgung in vielen Bundesländern eine kommunale
Pflichtaufgabe ist, besitzen diese einen entscheidenden
Hebel für die Umsetzung der Energiewende. Die Befragung
zeigt, dass die regenerative Energieversorgung vor allem für
kleinere, verwaltungsangehörige Wirtschaftsförderungen
eine wichtige Rolle spielt. Das kann daran liegen, dass es
gerade hier viele Schnittstellen zu anderen Verwaltungsbereichen wie etwa der Planung oder zu kommunalen oder
regionalen Energieversorgern gibt.
Hinzu kommt, dass auch kommunale Liegenschaften mit
Energie versorgt werden müssen, wodurch sie direkt von
möglichen Verbesserungen in der Energieversorgung profitieren. Insbesondere in ländlichen und strukturschwachen
Kommunen ergeben sich durch die Produktion von regenerativen Energien vor Ort neue Einnahme- und Wertschöpfungspotenziale. Deren Vorteile liegen auf der Hand – zu
10 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
nennen sind hier unter anderem eine dezentrale Energieproduktion, keine oder nur geringe Energieimporte und damit
eine Energieunabhängigkeit, Einnahmepotenziale durch den
Verkauf von Energie bei einer Produktion über dem lokalen
Bedarf sowie zusätzliche Steuereinnahmen.
Wenn Wirtschaftsförderungen die strategische Entwicklung der Wirtschaftsstruktur verantworten, können sie eine
Ausrichtung der Wirtschaftsentwicklung vor Ort entlang von
Nachhaltigkeitsanforderungen angehen und entsprechende
Maßnahmen entwickeln. Dieses Handlungsfeld spielt daher
ebenfalls eine große Rolle. Dabei gilt: Je größer die Region,
desto eher erfolgt auch eine strategische Entwicklung der
Wirtschaftsstruktur. In Regionen und Städten mit mehr als
100.000 Einwohnern geben alle befragten Wirtschaftsförderungen an, dieses Handlungsfeld sei für sie wichtig oder
sogar sehr wichtig. In Gemeinden mit weniger als 5.000
Einwohnern hingegen ist es nur rund die Hälfte. Auffällig
dabei ist, dass für insgesamt 73 Prozent aller Antwortenden
die strategische Entwicklung der Wirtschaftsstruktur eine
wichtige oder sehr wichtige Rolle einnimmt, obwohl nur
10 Prozent ein Konzept für eine strategische Förderung der
Nachhaltigkeit besitzen (siehe Kapitel 2.1). Es kann vermutet
werden, dass eine nachhaltige Entwicklung für viele Stakeholder zwar langfristig wichtig wird – etwa durch Vorgaben
von Bund, Ländern, der Kommune selbst oder durch die
Kopplung der Vergabe von Fördermitteln an Nachhaltigkeitsziele – diese Bedeutung aber bislang selten in Konzeptform
auf Ebene der Wirtschaftsförderung verschriftlicht worden
ist, sondern in die kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien
(sofern vorhanden) integriert ist.
Die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe ist insbesondere in Gemeinden von hoher Bedeutung (sehr wichtig:
37,7 %) – in Kreisen und regionalen Wirtschaftsförderungen
ist dies deutlich seltener der Fall (sehr wichtig: 21,1 %). Regionale und lokale Wertschöpfungsketten haben vor allem
durch die Unsicherheit von globalen Lieferketten an Bedeutung gewonnen – eine Entwicklung, die durch die CoronaPandemie und den russischen Krieg gegen die Ukraine
Abbildung
7 ist. Hinzu kommt, dass sich die systemische
verstärkt worden
Kreislaufwirtschaft durch große Wertschöpfungs- und Einsparpotenziale etwa bei Rohstoffen, Ressourcenverwertung und
Müllproduktion auszeichnet und damit ökonomische und
ökologische Potenziale vereint. Für ein nachhaltiges Wirtschaftssystem mit regionalen Wirtschaftskreisläufen sind auf
lokaler Ebene zudem regionale Vermarktungsstrategien wie
eine Direktvermarktung von vornehmlich landwirtschaftlichen Erzeugnissen von Bedeutung.
5 Handlungsfelder, die in der nachhaltigen Wirtschaftsförderung (bisher) eine
untergeordnete Rolle spielen
Wissens- und Innovationstransfer zur
Steigerung der Nachhaltigkeit in
Unternehmen
13,8%
33,6%
31,6%
31,5%
Soziales Unternehmertum (Social
Entrepreneurship)
40,4%
29,3%
Förderung der Nachhaltigkeitszertifizierung
von Unternehmen
23,3%
44,2%
32,9%
Weiterbildung von Fachkräften im Bereich
Nachhaltigkeit
21,1%
23,1%
41,6%
36,3%
4,8%
18,8%
35,6%
3,4%
6,7%
21,2%
6,8%
Nachhaltige Gestaltung von Güterverkehren
0,0%
keine Rolle
10,0%
eine eher unwichtige Rolle
20,0%
30,0%
40,0%
eine eher wichtige Rolle
50,0%
60,0%
70,0%
80,0%
90,0%
100,0%
eine sehr wichtige Rolle
Abbildung 7: Handlungsfelder nachhaltiger Wirtschaftsförderung, die bisher eine untergeordnete Rolle spielen
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 11
© Bundesregierung
Produziert und übersetzt vom UNO-Informationsdienst (UNIS) Wien.
Äquivalent werden auch diejenigen Handlungsfelder deutlich, die aktuell eine untergeordnete Rolle für eine nachhaltige Wirtschaftsförderung spielen. Es verdichtet sich der
Eindruck, dass Wirtschaftsförderungen bislang in der Förderung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Unternehmen
weniger präsent sind. Zwar ist die Unterstützung der Innovationsfähigkeit des Unternehmensbestandes Teil des Kerngeschäfts von Wirtschaftsförderungen, dies scheint allerdings
im Bereich der Nachhaltigkeit bisher kaum zu erfolgen. Allerdings gibt es einen deutlichen Unterschied in der Struktur:
53 Prozent der regionalen Wirtschaftsförderungen geben
an, dass der Wissens- und Innovationstransfer zu Nachhaltigkeitsaspekten eine sehr wichtige Rolle spielt. In Gemeinden
sind dies nur 8 Prozent. Ähnliches gilt auch für Netzwerkund Dialogveranstaltungen (47 % gegenüber 14 %). Auch
hier scheinen die personellen und finanziellen Kapazitäten
ausschlaggebend zu sein. Innovations- und Know-howTransfer sowie Netzwerkveranstaltungen hingegen erfordern
mehr finanzielle und personelle Ressourcen und werden
entsprechend eher von den größeren Wirtschaftsförderungen
in Angriff genommen.
Auch das Thema Social Entrepreneurship spielt bisher eine
untergeordnete Rolle. Dabei lägen die Vorteile eines solchen
Fokus auf die unternehmerische Verantwortung auf der Hand:
12 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Unternehmen mit einem intrinsischem Nachhaltigkeitsbezug
leisten einen Beitrag zu den Herausforderungen in ganz unterschiedlichen Bereichen – zu nennen sind hier beispielsweise
der Klimawandel, der demographische Wandel, verbesserte
Arbeitsbedingungen, Chancengleichheit und Integration
sowie eine stärkere Jugendarbeit.
Auch die Nachhaltigkeitszertifizierung von Unternehmen
spielt bisher eine eher unwichtige Rolle. Dabei kann die
Förderung der Nachhaltigkeitszertifizierung von Unternehmen ein geeigneter Hebel sein, um in Unternehmen
Nachhaltigkeitsmaßnahmen anzustoßen und Nachhaltigkeitsdaten zu erfassen. Auf diese Weise können Nachhaltigkeitszertifizierungen oder -audits den Unternehmen helfen,
die zukünftig für viele Unternehmen notwendige Berichterstattung ordnungsgemäß durchführen zu können.
Die nachhaltige Gestaltung von Güterverkehren spielt für
die Wirtschaftsförderungen bislang die geringste Rolle, kann
jedoch ebenfalls ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur
Klimaneutralität sein. Dies betrifft nicht nur den Transport auf
der Schiene. Insbesondere die emissionsfreie City-Logistik ist
ein interessanter Ansatzpunkt für eine nachhaltige Transformation. Erste Ansätze sind bislang vor allem in Großstädten
sichtbar.
Mit welchen regionalen Stakeholdern arbeiten Sie
in Nachhaltigkeitsthemen regelmäßig zusammen?
Bürgermeister*in/Landrät*in
Verwaltung
21,7%
43,3%
35,0%
Großunternehmen
23,1%
35,5%
41,3%
Hochschulen/Forschungseinrichtungen
11,3%
36,8%
51,9%
KMU
3,6%
33,1%
63,3%
Regionale Wirtschaftsförderung
2,2%
31,7%
66,2%
Lokalpolitik
23,4%
46,0%
30,6%
Landes- und Regionalplanung
26,1%
48,7%
25,2%
IHK
26,0%
48,8%
25,2%
Handwerkskammer
16,9%
Landeswirtschaftsförderung
15,7%
47,1%
37,2%
Weitere Wirtschaftsverbände
14,5%
48,2%
37,3%
0%
10%
34,7%
48,4%
20%
häufig
30%
selten
5,6%
16,7%
77,8%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
nie
Abbildung 8: Regionale Stakeholder
2.3
Stakeholder und Treiber
nachhaltiger Entwicklung vor Ort
Der Ausbau einer nachhaltigen Wirtschaftsstruktur ist eine
explizite Zielvorgabe für die Mehrheit der Wirtschaftsförderungen (siehe Kapitel 3.1). Eine zentrale Frage der Studie
ist daher, durch welche Akteure dies in den Kommunen
vorangetrieben wird. Die Befragung zeigt, dass Wirtschaftsförderungen in der nachhaltigen Entwicklung vor allem mit
kommunalen Akteuren zusammenarbeiten. Am häufigsten
sind dies die Bürgermeister:innen bzw. Landrät:innen.
Dahinter folgen die Verwaltung und die Lokalpolitik (siehe
Abbildung 8). Besonders verwaltungsangehörige Wirtschaftsförderungen in kleinen Kommunen sind, wenig
überraschend, eng an die anderen Verwaltungsbereiche
angebunden – der/die Bürgermeister:in ist in diesen Fällen
oft in allen Themen der/die direkte Ansprechpartner:in und
Vorgesetzte. Diese Tatsache hat auch Einfluss auf das Design
der Studie genommen: Gefragt wurde deshalb nicht nur nach
der regelmäßigen Zusammenarbeit, sondern auch, wen die
Befragten als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung in den
Kommunen sehen. Auch hier liegen die Hauptverwaltungsbeamten mit 45 aller Nennungen ganz vorne. Die Lokalpolitik
und die Verwaltung (jeweils 28 Nennungen) folgen dahinter.
Aus Sicht der befragten Wirtschaftsförderungen wird nachhaltige Entwicklung vor allem stark aus den kommunalen Strukturen vorangetrieben.
Auch mit regionalen Wirtschaftsförderungen arbeiten die
befragten Wirtschaftsförderungen häufig in Nachhaltigkeitsthemen zusammen (51,9 %), dies gilt insbesondere für Großstädte und Kreise (76,9 %). Die Landeswirtschaftsförderungen
spielen in dieser Hinsicht der Befragung zufolge eine untergeordnete Rolle. Nur in einem Fall wird sie als Treiber nachhaltiger Entwicklungen genannt.
Betrachtet man die Ebene der Unternehmen, so arbeiten 41,3
Prozent der Wirtschaftsförderungen häufig gemeinsam mit
KMU an Nachhaltigkeitsthemen. Bei den Großstädten und
Regionen sind es sogar 60 Prozent. Eine ähnliche Struktur
zeigt sich bei der Zusammenarbeit mit Großunternehmen
(alle: 30,6 % / Großstädte und Regionen: 46,7 %). Insgesamt
arbeiten Wirtschaftsförderungen also häufiger mit KMU
zusammen als mit Großunternehmen. Letztere werden
hingegen etwas öfter als Treiber nachhaltiger Entwicklungen
wahrgenommen (16 zu 14 Nennungen gegenüber KMU).
Unternehmen sind demnach aus Sicht der Wirtschaftsförderungen deutlich seltener diejenigen, die eine nachhaltige
Entwicklung forcieren. Trotz eines oft engen Kontakts arbeiten
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 13
Die 5 häufigsten Treiber nachhaltiger Entwicklung
aus Sicht der Wirtschaftsförderungen
Bürgermeister:in
oder Landrät:in
Hochschulen/
Forschungseinrichtungen
Regionale
Wirtschaftsförderungen
Lokalpolitik
Verwaltung
Abbildung 9: Treiber nachhaltiger Entwicklung
die Wirtschafsförderungen mit Wirtschaftsverbänden noch
seltener an Nachhaltigkeitsthemen. Nur 26 Prozent geben an,
dass dies bei der IHK regelmäßig der Fall ist, 17 Prozent bei den
Handwerkskammern. Lediglich 12 (IHK) beziehungsweise 5
(HWK) Wirtschaftsförderungen erleben diese als Treiber nachhaltiger Entwicklungen.
Hochschulen und Universitäten können in der Nachhaltigkeitstransformation eine besondere Rolle zukommen. Sie sind
Wissensträger:innen, absorbieren nationale und internationale
Forschungsergebnisse und können diese im regionalen Innovationssystem an handelnde Personen in den Kommunen
und Unternehmen sowie an Studierende weitergeben, die
dieses Wissen in die Unternehmen tragen. Der räumliche
Zugang zu Hochschulen ist allerdings begrenzt, denn nicht
jede Kommune hat eine Hochschule. Entsprechend arbeiten
im Bereich nachhaltiger Entwicklung insgesamt 35 Prozent
der Wirtschaftsförderungen häufig mit Hochschulen und
anderen Forschungseinrichtungen zusammen. In Kommunen
und Regionen mit mehr als 100.000 Einwohnern, die in der
Regel solche Wissenschaftseinrichtungen besitzen, sind es
66,7 Prozent, in Kommunen mit weniger als 50.000 Einwohnern erwartungsgemäß nur 26 Prozent. Hier zeigt sich, wie
wichtig es ist, den Zugang zum notwendigen Wissen gerade
an diesen Standorten zu verbessern.
Darüber hinaus wurden diejenigen Befragten, die angaben,
dass die nachhaltige Entwicklung eine explizite Zielvorgabe
14 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
für sie ist, gefragt, von wem sie diese Zielvorgaben erhalten.
Die meisten Zielvorgaben stammen aus der Lokalpolitik
(62), der Wirtschaftsförderung selbst (57) oder aus anderen
Bereichen der Verwaltung (51). Die Unternehmen oder Unternehmensverbände als Treiber für Vorgaben wurden nur von
18 der 160 Befragten benannt. Dabei ist es vor allem in den
kleineren Kommunen die lokale Politik, die Ziele vorgibt. In
Kommunen und Regionen mit mehr als 50.000 Einwohnern
stammen die Zielvorgaben vor allem aus der Wirtschaftsförderung selbst. Bei über 100.000 Einwohnern sogar in 77
Prozent der Fälle. Dies bestätigt: Je größer die Kommune und
damit auch die Kapazitäten der Wirtschaftsförderung, desto
mehr kann letztere von sich aus die nachhaltige Entwicklung
in den Fokus nehmen.
3
HERAUSFORDERUNGEN DER
NACHHALTIGEN TRANSFORMATION
IN DEN KOMMUNEN
Sowohl die Bedeutung als auch die Akzeptanz von Nachhaltigkeitsthemen haben in Unternehmen in den vergangenen
zehn Jahren stark zugenommen. Umgekehrt bedeutet dies,
dass Maßnahmen von Wirtschaftsförderungen zur Steigerung
der Nachhaltigkeit auf eine zunehmend höhere Akzeptanz
treffen. Im qualitativen Teil der Befragung wurde allerdings
auch deutlich, dass es nach wie vor eine Reihe von Faktoren
gibt, die die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen aus
Sicht der Wirtschaftsförderungen hemmen:
• Die vorhergehende Auswertung zeigt, dass die Möglichkeiten von Kommunen und Wirtschaftsförderungen zur
Einflussnahme begrenzt sind und deshalb bestimmte
Themen der nachhaltigen Entwicklung der Wirtschaft nur
in geringem Maße gesteuert werden können. Kommunalen Akteuren bleibt auf dem privaten Markt oft eine
moderierende Funktion.
• Der Personal- und Ressourcenmangel bei den Wirtschaftsförderungen konnte durch die Befragung als ein zentrales
Hemmnis identifiziert werden. Insbesondere kleinere
Wirtschaftsförderungen haben oft zu geringe Kapazitäten,
um sich in der nötigen Tiefe mit den Themen auseinanderzusetzen.
• Externe Herausforderungen für Kommunen und Wirtschaftsförderungen wie der russische Angriffskrieg, die
Energiekrise, die Corona-Pandemie, der demographische
Wandel und die Migration erfordern kurz- und langfristige Maßnahmen und binden die Ressourcen in den
Kommunen, die es für die nachhaltige Entwicklung der
Wirtschaft benötigt.
• Für viele Unternehmen gilt dasselbe. Auch sie befinden
sich in einem dauerhaften Krisenmodus. Die Folgen der
Corona-Pandemie, steigende Rohstoffpreise und der Fachkräftemangel bringen sie in Bedrängnis. Hinzu kommen
zunehmend oftmals unsichere Zukunftsaussichten. Die
Anpassung an Nachhaltigkeit erfordert allerdings Investitionen und Kapazitäten, die sich meist nicht sofort
rentieren. Notwendige finanzielle und personelle
Ressourcen sind besonders in KMU oft nicht vorhanden.
Vor allem kleine Unternehmen sind daher umso stärker auf
externe Unterstützung (zum Beispiel durch Wissensvermittlung oder Fördermittel) angewiesen.
• Hinzu kommt, dass sich durch die Umstellung der Art zu
Wirtschaften oft Risiken für Unternehmen ergeben. Anpassungen wie Prozessumstellungen oder Tests und Weiterentwicklungen von Roh- und Werkstoffen müssen im
laufenden Betrieb passieren. Das kann etablierte Prozesse
in Gefahr bringen und bindet darüber hinaus wichtige
Kapazitäten.
• Noch ist ein nachhaltiges Wirtschaften oft mit höheren
Kosten verbunden, wie ein Blick auf Rohstoffe und
Verpackungsmaterialien zeigt. Gerade bei engen Kalkulationen und Wettbewerbsdruck stehen sich kurzfristige
wirtschaftliche Interessen und langfristige Nachhaltigkeitsziele gegenüber – was wiederum zu einer geringeren
Akzeptanz von Nachhaltigkeitsmaßnahmen innerhalb der
Wirtschaft führen kann.
• Maßnahmen wie Nachhaltigkeitszertifizierungen sind
mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden,
während ihr Nutzen für die Unternehmen nicht direkt
sichtbar ist.
Im Ergebnis zeigt sich das Dilemma der Unternehmen: Die
strategische Planung hinkt operativen Belastungen und der
Krisenbewältigung hinterher. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeitsthemen ist noch nicht so stark flächendeckend verankert,
dass es auch bei Widrigkeiten zwangsläufig zur Umsetzung
kommt. Doch um die gesteckten Ziele zu erreichen, ist ein
strategisches Vorgehen der Unternehmen nötig – während
diese zum Teil mit dem Tempo der Transformation überfordert
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 15
© Hurca! / stock.adobe.com
sind. Das gilt insbesondere für Unternehmen ohne eigene
F&E-Abteilung. Hinzu kommen fehlendes Know-how und –
auf Seiten der Wirtschaftsförderungen – ein nicht ausreichend
vorhandenes Wissen über die tatsächlichen Transformationsbedarfe in Unternehmen.
In den Kommunen, das zeigt die Befragung, ist das Bewusstsein für eine nachhaltige Wirtschaftsstruktur durchaus verankert. Allerdings gibt es auch hier einen zentralen Zielkonflikt.
Die Gewerbesteuer, als Band zwischen Wirtschaft, Kommunen
und ihren Bürger:innen sichert gute Standortbedingungen,
ist die wichtigste gemeindliche Steuereinnahmequelle und
lag im Jahr 2021 bei 51 Milliarden Euro. Die hohe Bedeutung der Gewerbesteuer setzt die Kommunen, insbesondere solche mit angespannter Haushaltslage, oftmals unter
Druck, mögliche Einnahmen durch neue Ansiedlungen zu
verbessern – und zwar unabhängig von der Nachhaltigkeit
des Vorhabens. Dies steht den Zielen wie einer Vermeidung
von Flächenversiegelungen oder einer strategischen Ansiedlungsplanung oftmals entgegen. Planungsrechtliche Anreize
für besonders nachhaltige Ansiedlungen sind bisher noch
nicht ausreichend vorhanden.
Als weitere Hemmnisse werden von den teilnehmenden
Wirtschaftsförderungen in der Befragung unzureichende
rechtliche Rahmenbedingungen und eine langwierige Bürokratie, insbesondere bei Förderprogrammen genannt. Es fehlt
16 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
demnach zudem an ausreichenden Fördermitteln für Nachhaltigkeitsmaßnahmen auch wenn sich die Programme von
EU, Bund und Ländern derzeit stärker an Nachhaltigkeitszielen
ausrichten. Ein Beispiel für diese Veränderung stellt die neue
Zielsystematik der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der
regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) dar. Diese zielt nicht
mehr allein auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern
umfasst künftig auch das Ziel, Transformationsprozesse hin
zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft zu
beschleunigen. Damit nachhaltige wirtschaftspolitische Aktivitäten vor Ort ermöglicht werden, braucht es letztlich aus
Sicht der Wirtschaftsförderungen niedrigschwellige Förderprogramme, sowie eine Vereinfachung und Beschleunigung
von Planungs- und Genehmigungsverfahren.
4
HANDLUNGSFELDER UND
PRAXISBEISPIELE KOMMUNALER
WIRTSCHAFTSFÖRDERUNGEN
Vorteile einer nachhaltigen
Wirtschaftsentwicklung
Die Studienergebnisse belegen, dass die nachhaltige Entwicklung für Wirtschaftsförderungen bereits eine große Rolle spielt.
Bei der Förderung von unternehmerischen Nachhaltigkeitstransformationen gibt es hingegen noch deutliche Potenziale. Der Club of Rome stellte dazu im Herbst 2022 erneut
fest, dass unser Wirtschaftssystem in regionaler und globaler
Konkurrenz oftmals ein nicht-nachhaltiges Vorgehen kurzfristig belohnt, während die entstehenden Kosten, etwa durch
die Folgen des Klimawandels oder sozialer Ungleichheit, von
der Gesellschaft getragen werden müssen. In der Konsequenz
erzielen viele Unternehmen durch den Einsatz nicht-nachhaltiger Rohstoffe und Verpackungen nach wie vor die größeren
Gewinne – und Kommunen können ihre Einnahmen aus der
Gewerbesteuer auch durch eine nicht-nachhaltige und damit
in Teilen einfachere Ansiedlungspolitik erhöhen.
Diese Umstände werden sich allerdings bereits mittelfristig
ändern. Eine nicht-nachhaltige Wirtschaftsweise wird zunehmend Folgekosten mit sich bringen, die nicht nur zu abstrakten
gesellschaftlichen, sondern bei Verbraucher:innen und Unternehmen auch zu konkret zählbaren, steigenden Kosten führen
werden, wie etwa steigende Preise für fossile Energieträger,
Rohstoffe und Emissionen. Ziel dieses Kapitels ist es daher
aufzuzeigen, dass Maßnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit Teil der Lösung für die in Kapitel 3 skizzierten Herausforderungen sein können. Als Beispiele seien hier die Reduzierung
von Kosten für Rohstoffe und Energie, die Erschließung neuer
Absatzmärkte, die Erhöhung der Attraktivität des Unternehmens für Mitarbeiter:innen und die Vermeidung von zusätzlichen Abgaben etwa durch eine CO2-Besteuerung genannt.
Nachhaltigkeitsmaßnahmen in der Wirtschaftsförderung
dienen also nicht nur dazu, die abstrakten Nachhaltigkeitsziele
zu erreichen, sondern können zu langfristigem Wachstum
führen und die lokale Wirtschaftsstruktur langfristig stärken.
Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es der Entkopplung von
wirtschaftlicher Leistung und Ressourcenverbrauch sowie
gegebenenfalls einer Ausweitung der Ziele regionaler Wirtschaftsförderung hin zu qualitativem Wachstum. Darunter
wird verstanden, dass nicht nur die Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts und die Zahl der Arbeitsplätze im Vordergrund
stehen, sondern gute Arbeitsbedingungen, die Lebensqualität oder der Umgang mit natürlichen Ressourcen gefördert
• Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit von Bestandsunternehmen durch
Anpassung an sich verändernde Marktumfelder.
• Erschließung langfristiger, attraktiver und
wissensbasierter Arbeitsplätze durch die
Förderung nachhaltiger und innovativer
Wirtschaftsweisen.
• Erschließung innovativer und zukunftsfähiger
Wachstumspotenziale auch für strukturschwache Kommunen.
• Chancen zur Profilierung der Kommune als
nachhaltig agierender Wirtschaftsstandort
und damit eine Erhöhung der Standortattraktivität und eine bessere Positionierung im
zunehmenden Wettbewerb um
Fachkräfte.
werden. Zudem hat sich der Arbeitsmarkt vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels bereits in den meisten Bereichen
zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Es geht daher nicht
länger darum, möglichst viele Menschen in Beschäftigung zu
bekommen, sondern darum, qualifizierte Arbeitnehmer:innen
mit attraktiven Stellen zu gewinnen.
Bei der Nachhaltigkeitstransformation handelt es sich daher
um einen umfassenden Strukturwandel, der insbesondere
Strukturen von energie-, emissions- und flächenintensiven
Branchen nachhaltig verändert und dabei nicht nur einzelne
Regionen betrifft.
Es hat sich gezeigt, dass der unmittelbare Wirkungsbereich von
Wirtschaftsförderungsmaßnahmen begrenzt zu sein scheint.
Auch die Kapazitäten von Wirtschaftsförderungen, sich mit
Nachhaltigkeitsthemen auseinanderzusetzen, variieren stark.
Nur selten liegen dabei konkrete Strategien zur Förderung der
Nachhaltigkeit in der Wirtschaftsförderung vor. Im Folgenden
werden daher konkrete Gestaltungsspielräume und Chancen
für regionale Wirtschaftsförderungen aufgezeigt. Es ist dabei
nicht der Anspruch, einen allgemeingültigen Leitfaden zu
entwickeln, denn die Ausgangspositionen unterscheiden sich
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 17
Ein Konzept der nachhaltigen
Wirtschaftsentwicklung dient als
Leitlinie beziehungsweise Zielvorgabe
für die Wirtschaftsförderung.
• Es basiert auf der Aufnahme regionsspezifischer Ausgangssituationen und
Herausforderungen und muss individuell
angepasst werden und Lösungsansätze
bereithalten. Diese müssen nicht zwangsläufig sofort umgesetzt werden.
© AdobeStock_M Einero_peopleimages.com
je nach Wirtschaftsstruktur der Kommune stark. Vielmehr geht
es darum, geeignete Herangehensweisen für die verschiedenen Akteure mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen
zu finden.
4.1
Strategie
Eine nachhaltige Wirtschaftsstruktur ist das Ergebnis eines
langfristigen Prozesses, der von den Wirtschaftsförderungen
im richtigen Maß gesteuert werden sollte. Ein strategisches
Vorgehen ermöglicht es, den Wirtschaftsstandort ganzheitlich
weiterzuentwickeln und langfristige Entwicklungsziele auch
bei kurzfristigen Handlungszwängen im Blick zu behalten. Die
Befragung hat allerdings gezeigt, dass ein solch strategisches
Vorgehen bisher in vielen Fällen nicht erfolgt.
Wirtschaftsförderungen sind aufgrund ihrer Schnittstellenfunktion zwischen Kommunen und Unternehmen geeignete
Verantwortliche für die Entwicklung einer solchen Strategie.
Dies ermöglicht es, noch stärkere Synergien zwischen einer
nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung und kommunaler
Entwicklungsstrategien, insbesondere der kommunalen
Nachhaltigkeitsstrategie, aber auch integrierten kommunalen Entwicklungskonzepten, Gewerbeflächen- und
Bauleitplanung herzustellen. Insbesondere kommunale
Klimaschutzmanager:innen, sofern vorhanden, können als
Verantwortliche von Klimaschutzmaßnahmen eine wichtige
Schnittstelle in die übrigen Bereiche nachhaltiger Entwicklung in Kommunen sein und mit ihrem Fachwissen ergänzende Kompetenzen in den Strategieprozess einbringen. Eine
auf kommunalpolitischer Ebene beschlossene Strategie sorgt
zudem für eine höhere Akzeptanz einzelner Maßnahmen.
In ein solches Konzept sollten ebenso weitere zentrale
Aspekte eingebunden und geeignete Maßnahmen gefunden
werden, um etwa dem demographischen Wandel, dem Fachkräftemangel und dem Strukturwandel zu begegnen. Auch
Themen wie eine strategische Gewerbeflächen- und Ansied-
18 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
• Es identifiziert Chancen und Potenziale für
die kommunale beziehungsweise regionale
Wirtschaftsentwicklung und ermöglicht
damit eine strategische Fokussierung auf
Branchen mit Wachstumspotenzialen.
Dazu können je nach Region beispielsweise
Green-Tech, erneuerbare Energien, Wasserstoff, erneuerbare Roh- und Werkstoffe,
die nachhaltige Land- und Forstwirtschaft
oder ein nachhaltiger Tourismus gehören.
• Es identifiziert Einsparpotenziale bei
Energie und Ressourcen.
• Es erarbeitet konkrete kommunale Ziele,
Handlungsfelder und (langfristige)
Maßnahmen für die Wirtschaftsförderung.
lungspolitik sollten berücksichtigt werden, da Standortentscheidungen innovativer Unternehmen immer stärker von
der Nachhaltigkeit der Wirtschaftsstruktur abhängen. So kann
das langfristige Ziel verfolgt werden, solche Unternehmen
vermehrt in der Region oder Kommune anzusiedeln. Nicht
zuletzt spielt der Aspekt des Standortmarketings eine Rolle:
Bei entsprechender Kommunikation der Nachhaltigkeitsmaßnahmen können diese im Standortmarketing verwendet
werden, ermöglichen eine stärkere Profilierung und sorgen
unter Umständen für einen Imagegewinn.
Hinzu kommt, dass die Nachhaltigkeit der Vorhaben bei der
Entwicklung von Förderprojekten in der Regel nachgewiesen
werden muss, damit eine Förderfähigkeit gegeben ist. Als
Beispiel sei das Förderprogramm EFRE 2021–2027 genannt.
Aber auch andere Förderausschreibungen wie der Bundeswettbewerb „Zukunft Region des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Klimaschutz” werden immer stärker an den
Nachhaltigkeitszielen ausgerichtet. Während die Wirtschaftsförderung als Organisation diese Nachhaltigkeitsgedanken
mittragen und nach außen senden sollte, schafft ein entsprechendes Konzept zusätzliche Sicherheiten und hilft bei der
Akquise von Förderprojekten. Welche Vorteile von einem
solchen strategischen Vorgehen ausgehen, zeigen die Erfolge
des Wirtschaftsraums Augsburg – nachzulesen im Best Practice Beispiel „Nachhaltigkeit als neue Querschnittsaufgabe
und Schwerpunkt in der Wirtschaftsförderung“.
© BillionPhotos.com - Fotolia.com
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 19
PRAXISBEISPIEL
NACHHALTIGKEIT ALS
NEUE QUERSCHNITTSAUFGABE
AUTOR: ANDREAS THIEL (GESCHÄFTSFÜHRER REGIO AUGSBURG WIRTSCHAFT GMBH)
Die Regio Augsburg Wirtschaft GmbH, gemeinsame Gesellschaft der Stadt Augsburg und der Landkreise Augsburg und
Aichach-Friedberg, besetzt das Thema nachhaltiges Wirtschaften seit 2016 mit einem eigenen Geschäftsfeld.
Die Rolle der Wirtschaftsförderung hat sich, angesichts der
immer deutlicher werdenden Herausforderungen in den
Bereichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz, analog zum gesellschaftlichen Diskurs und den Herausforderungen in den
Unternehmen in kurzer Zeit stark gewandelt. Nachhaltigkeit
ist von einem erklärungsbedürftigen Ansatz zu einem annährend selbstverständlichen Querschnittsthema geworden,
mit Verbindungen zu den etablierten WirtschaftsförderungsAufgaben Fachkräftesicherung, Innovationsförderung und
Standort- und Fachkräftemarketing. Inzwischen ist die Regio
Augsburg Wirtschaft GmbH im Nachhaltigkeitsbeirat der
Stadt Augsburg vertreten. Mit dem „Nachhaltigkeitstag Wirtschaft A³“ hat sich eine jährliche Kooperationsveranstaltung
mit dem Büro für Nachhaltigkeit der Stadt Augsburg etabliert.
Mehrere Aspekte lassen sich als Erfolgsfaktoren für die Etablierung des Geschäftsfeldes beschreiben:
Durchführung des Forschungsprojekt ADMIRe A³ – Strategische Allianz „Demographie Management, Innovationsfähigkeit und Ressourceneffizienz“ am Beispiel der
Region Augsburg (2012–2015) und Verstetigung der
Maßnahmen im Regionalmanagement (2014–2020)
Die Region Augsburg sah sich 2011 in ihrer wirtschaftlichen
Entwicklung insbesondere von den drei Megatrends demographischer Wandel, Innovationsfähigkeit und Ressourceneffizienz stark tangiert. Die inhaltliche Annahme hinter dem
Vorhaben „ADMIRe A³“ war, dass diese drei Handlungsfelder
systemisch untrennbar miteinander verknüpft sind, sodass
sektorale Ansätze zu kurz greifen.
Nachhaltiges Wirtschaften wurde darin als eine Schlüsselkompetenz der Region identifiziert. Dies erstreckt sich auf die
Betrachtung des gesamten Wirtschaftsgeschehens und der
betrieblichen Prozesse, umfasst Wertschöpfungsketten und
20 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
komplette Stoffströme vom Rohstoff bis zur Entsorgung sowie die Effizienz des regionalen Innovationssystems. Schnell
hat sich der Fokus der Projektarbeit hin zu einer integrativen
Transformation der Region und deren Wirtschaft in Richtung
Nachhaltigkeit geschärft. Es wurden über 100 Projektideen
formuliert, deren Umsetzung zum Teil bereits während der
Laufzeit begann. Die Grundlage für ein eigenes Geschäftsfeld
bildete die Überführung von Projekten in das Regionalmanagement (2014–2020) für den Wirtschaftsraum Augsburg,
angesiedelt bei der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH.
In dieser Phase wurden beispielsweise Maßnahmen zum
nachhaltigen Personalwesen und ganzheitlicher Arbeitgeberattraktivität, Ressourceneffizienz und nachhaltigem Wirtschaften im technologischen und im Produktsinne sowie CSR
und regionale Identität verankert. Damit wurde der etwas
gewandelte Ansatz verfolgt, nachhaltiges Wirtschaften nicht
nur als explizites Thema, sondern auch als implizites oder
Querschnittsthema in allen Bereichen durchzudeklinieren, in
denen Unternehmen ihre Stellschrauben zur Förderung der
Wettbewerbsfähigkeit sehen. Maßnahmen des Regionalmanagements waren zum Beispiel:
• Die Entwicklung eines crossmedialen Kommunikationskonzeptes zur Sensibilisierung der Wirtschaftsakteure in
Sachen nachhaltiges Wirtschaften
• Etablierung eines CSR-Expertennetzwerk mit
Fachexpert:innen und den zuständigen Mitarbeiter:innen
in Unternehmen
• Entwicklung eines Online-CSR-Barometer: Selbstcheck für
KMU mit ersten Empfehlungen für noch wenig besetze
Aktivitätsbereiche innerhalb der CSR-Dimensionen
• Exkursionsreihe zu Best-Practice-Unternehmen, mit den
Inhalten CSR und nachhaltiges Wirtschaften
• Entwicklung einer Online-Plattform für Verbraucher:innen
mit Informationen zu regionalen Produkten und Dienstleistern (inzwischen auch B2B: www.lifeguide-augsburg.de)
• Wissensatlas: Entwicklung eines online verfügbaren, regionalen Nachhaltigkeits-Atlas als zentrale Seite für nachhaltiges Wirtschaften in der Region
»
Die Rolle der Wirtschaftsförderung.
Zuerst: Sensibilisieren, Informieren, Vernetzen
für nachhaltiges Wirtschaften – und neu:
Beraten und eigene Nachhaltigkeits-Angebote schaffen
• Jährliche Durchführung des Kongressformats „Nachhaltigkeitstag Wirtschaft“, eingebettet in mehrere „Wochen der
Nachhaltigkeit im Wirtschaftsraum Augsburg“ mit Fokus
auf Nachhaltigkeitsthemen für Unternehmen
• Herausgabe einer ausführlichen Informations-Broschüre
zu nachhaltigem Wirtschaften mit zahlreichen Good-Practice-Beispiele aus Unternehmen.
Die genannten Aktivitäten sind inzwischen als Daueraufgaben in das Geschäftsfeld Nachhaltiges Wirtschaften übernommen worden.
Technologische Kompetenzen
als ein Fokus nachhaltigen Wirtschaftens
Der Wirtschaftsraum Augsburg hat, ausgehend von einer
langen Industriegeschichte, in den letzten Jahrzehnten einen
rasanten Strukturwandel hin zu neuen Kompetenzfeldern
absolviert: Mechatronik und Automation, Faserverbundtechnologie und Aerospace, Umwelttechnologie sowie Informations- und Kommunikationstechnologien. In der Steigerung
der Ressourceneffizienz liegt eine wichtige Schnittmenge,
denn die effiziente Nutzung von Rohstoffen und deren Rückführung in den Produktionskreislauf sind die Säulen eines
zukunftsfähigen Produktionsstandortes. Gebündelt werden
diese Aktivitäten im Zentrum für Ressourceneffizienz, das
eine nationale und teilweise internationale Strahlkraft besitzt,
beispielsweise in den Bereichen Leichtbau, Digitalisierung
und KI („KI-Produktionsnetzwerk“) oder Umwelttechnologie.
Darüber hinaus wird derzeit der Aufbau eines eigenen Reallabors für die energieflexible Produktion bzw. energieflexible
Fabrik in der Modellregion angestrebt. Dies ist ein wichtiger
technologischer Schritt, um KI-gesteuerte Produktion energieadaptiv zu optimieren.
Die Rolle der Wirtschaftsförderung.
Zuerst: Sensibilisieren, Informieren, Vernetzen für nachhaltiges Wirtschaften – und neu: Beraten und eigene Nachhaltigkeits-Angebote schaffen
Bei der Gründung des Geschäftsfeldes Nachhaltiges Wirtschaften 2016 war der Zugang zu Unternehmen mit dem
Themenfeld nachhaltiges Wirtschaften durchaus schwierig und erklärungsbedürftig. Erst die Betrachtung als Querschnittsthema in den Aufgabenbereichen Fachkräfte und
Innovation stellte einen wirkungsvollen Wandel im Zugang
zu den Unternehmen dar, insbesondere im Hinblick auf die
Sensibilisierung für die Bedeutung des Themas im Kontext
der Fachkräftesicherung und des wahrnehmbaren Wertewandels der jüngeren Generation, die von ihrem (zukünftigen) Arbeitgeber eine Ausrichtung auf Nachhaltigkeitsthemen erwartet. Spätestens seit 2020/2021 ist bei der Regio
Augsburg Wirtschaft GmbH ein Wandel in der Wahrnehmung des Themas Nachhaltigkeit festzustellen: Seitens der
Gesellschafter:innen erfolgte explizit der Auftrag, sich in einer
weiteren geförderten Phase des Regionalmanagements mit
Themen des regionalen Kilmaschutzes und der Kreislaufwirtschaft in der Region zu beschäftigen. Diese Themen sind nun
im Projekt „Green Economy“ verankert, das im Regionalmanagement 2021–2024 aufgelegt wurde. Spätestens damit ist
der Schritt von Sensibilisieren und Informieren hin zu eigenen Angeboten der Wirtschaftsförderung im Bereich Nachhaltigkeit erfolgt.
Die eigene, 2022 gestartete Initiative der Wirtschaftsförderung „A³ klimaneutral“ hat zum Ziel, mindestens 100 regionale Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität im Jahr
2030 zu begleiten. Das Projekt verlässt zeitlich und finanziell den Förderrahmen des Regionalmanagements und wird
in der Umsetzung zu Vollkosten durch die teilnehmenden
Unternehmen refinanziert. Gleichzeitig hat die Regio Augsburg Wirtschaft GmbH die Verantwortung für das Angebot
Ökoprofit in der Region übernommen, insbesondere für das
Gewinnen von teilnehmenden Unternehmen. Unternehmen
werden hier über mehrere Beratungseinheiten im Bereich
Material- und Energieeffizienz sowie mittelbar bei der CO2Reduktion unterstützt. Weiterhin wurde das betriebliche Mobilitätsmanagement als neues Vorhaben aufgenommen. Im
Bereich der Kreislaufwirtschaft hat sich die Region Augsburg
auf den Bereich Zirkuläres Bauen spezialisiert, nicht nur we-
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 21
PRAXISBEISPIEL
gen der Bedeutung des Stoffstroms und der CO2-Relevanz
des Bausektors, sondern auch weil dieser Sektor im Wirtschaftsraum Augsburg besonders stark ausgeprägt ist.
Als weiteres Förderprojekt des Freistaats Bayern startet im
Frühjahr 2023 ein Vorhaben für ein regionales Nachhaltigkeitsmonitoring. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule Augsburg als Dienstleister wird ein regionaler Nachhaltigkeitsmonitor konzipiert und durch jährliche Befragungen
operationalisiert. Ziel ist es, den Status Quo des regionalen
Nachhaltigkeitsniveaus zu erheben und über die Folgejahre
in der Analyse der Daten Zeitreihen aufzubauen und daraus
Handlungsempfehlungen abzuleiten, die Verbesserungspotenziale für den Nachhaltigkeitsstatus von Unternehmen
und weiteren Stakeholdern wie Kommunen in der Region
Augsburg identifizieren sollen. Mit der objektiven Messung
des Nachhaltigkeitsstatus kann zum einen die Verbesserungsarbeit nach innen beginnen, aber auch der Imagefaktor Nachhaltigkeit für die Reputation von Unternehmen und
Produkten bei Kund:innen und bei Fachkräften substanziell
untersetzt werden.
Durch diese Vorhaben hat das Geschäftsfeld Nachhaltiges
Wirtschaften stark an Bedeutung für die Regio Augsburg Wirtschaft GmbH als regionale Wirtschaftsförderung gewonnen.
Dies korrespondiert mit einer besseren Ressourcenausstattung des Geschäftsfeldes, das von einem Vollzeitäquivalent
auf zwei Projektleiter:innen und drei Projektmanager:innen
(3 VZÄ) anwächst. Dabei geht die Regio Augsburg Wirtschaft GmbH von einem weiteren Bedeutungszuwachs des
Themenkreises aus, insbesondere durch die Integration von
Nachhaltigkeitsthemen im Kontext von nachhaltigen Gewerbeimmobilien oder des Fachkräftemarketings.
Durch die Aufnahme von nachhaltigem Wirtschaften in den
Kanon der Regio Augsburg Wirtschaft GmbH konnten Unternehmen sehr frühzeitig für die entsprechenden Trends sensibilisiert, informiert sowie auf bevorstehende Änderungen wie
gesetzliche Rahmenbedingungen aufmerksam gemacht wer-
22 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
den. So hatten Unternehmen die Chance, sich mit ersten Tools
wie dem CSR-Barometer zu orientieren oder durch GoodPractice-Beispiele aus anderen Unternehmen Anregungen
mitzunehmen. Durch die Aufnahme von Nachhaltigkeit als
Querschnittsthema in den Bereichen Fachkräftesicherung und
Innovation wurden frühzeitig Impulse gesetzt, die seit 2022
in einer konkreten Unterstützung der Unternehmen durch
eigene Angebote der Wirtschaftsförderung, etwa im Bereich
Klimaneutralität und Ressourceneffizienz ergänzt wird.
Aus dem sukzessiven Aufbau des Aufgabenbereichs Nachhaltigkeit im Wirtschaftsraum Augsburg lässt sich verallgemeinern, dass Wirtschaftsförderungen frühzeitig und auch
gegen erste Widerstände Megatrends erfolgreich aufgreifen
können – etwa, um im ersten Schritt Sensibilisierungsarbeit
zu leisten. Ähnlich wie vor 15–20 Jahren beim Thema Demographischer Wandel können Reaktionen von Unternehmen
und anderen Stakeholder zuerst einmal negativ ausfallen.
Nicht selten zeigt sich bei entsprechendem Durchhaltevermögen, dass die gesetzten Themen sehr wohl die richtigen
sind und die Bedeutung des Themas erst mit der Zeit durch
einen gesellschaftlichen, politischen und gesetzgeberischen
Wandel in der kompletten Breite erkannt wird. Im Falle des
Wirtschaftsraums Augsburg hat sich gezeigt, dass es durchaus sinnvoll sein kann, als Wirtschaftsförderung an einem
Forschungsprojekt teilzunehmen, aus dem dann, für manche
unerwartet, tatsächlich konkrete Impulse für Aktivitäten der
Wirtschaftsförderung entspringen. Die oftmals zu Beginn sehr
abstrakt klingenden Forschungsvorhaben können dann sehr
wohl einen konkreten Impact besitzen – auch wenn das konkrete Aufgreifen und Umsetzen von Ergebnissen zuerst eher
schwierig erscheint und Durchhaltevermögen gefragt ist.
»
Einfache Maßnahmen wie die
Umstellung der Fahrzeugflotte auf Elektromobilität oder der Bezug erneuerbarer
Energien sind nicht ausreichend, um sich
den langfristigen Marktentwicklungen
anzupassen. Vielmehr werden innovative
Veränderungen in tiefgreifenden Unternehmensbereichen notwendig sein:
• Produktinnovationen mit Blick auf
nachhaltige, klima- und ressourcenneutrale Materialien, Herkunft und
Langlebigkeit der Produkte.
• eine nachhaltige Weiterentwicklung
von Produktionsprozessen, zum
Beispiel beim Energieverbrauch, beim
Energieträger (z. B. Wasserstoff ) und in
der Digitalisierung.
© AdobeStock_Kletr
4.2
Innovations- und
Technologietransfer
• eine nachhaltige Weiterentwicklung
von Geschäftsmodellen (z. B. Leasing
und Sharing-Modelle).
• eine Restrukturierung von Lieferketten
und Stoffströmen.
Nachhaltige, dekarbonisierte Unternehmen sind ein Schlüssel für den Aufbau einer zukunftsfähigen Wertschöpfung
in den Kommunen. Das Wachstum einer ressourcenneutralen Wirtschaft wird Wertschöpfungsketten aufbrechen
und Strukturen verändern. Dies führt zu einem erheblichen
Transformationsdruck sowohl für die Wirtschaft insgesamt
als auch für einzelne Unternehmen, der vergleichbar ist mit
den Herausforderungen der Digitalisierung. Die Innovationsförderung als wichtige Aufgabe von Wirtschaftsförderungen
erhält damit einen weiteren Schwerpunkt: die Förderung von
Nachhaltigkeitsinnovationen.
für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsinnovationen ist daher der Aufbau des benötigten Know-hows in den Unternehmen entscheidend.
Insbesondere von produzierenden Unternehmen mit hohem
Ressourceneinsatz erfordert die nachhaltige Transformation
einen strukturellen Wandel ihrer Wirtschaftsweise.
In diesem Prozess sind Wirtschaftsförderungen nicht als Umsetzer, sondern als Ansprechpartner, Kommunikator und Vernetzer gefragt. Sie müssen den Zugang zu relevantem Wissen für die Nachhaltigkeitstransformation verbessern und ein
wichtiger Multiplikator im Transformationsprozess sein.
Es ist zu erwarten, dass die Treiber einer nachhaltigen Transformation bei Maßnahmen, die die Struktur der Unternehmen umfassend beeinflussen, auf Widerstände stoßen. Diese
können unterschiedliche Ursachen haben, beispielsweise
unternehmerische Unsicherheiten, Investitionserfordernisse
oder finanzielle und personelle Ressourcen. Als Grundlage
Insbesondere KMU sind in vielen Regionen wichtige Arbeitgeber und Rückgrat der Wirtschaft. Ihnen fehlt es aber oft an
Ressourcen und Wissen, die benötigten Maßnahmen im laufenden Betrieb in ihre Prozesse zu integrieren, während Konzerne meist eigene F&E-Abteilungen besitzen. KMU haben
daher in der Regel einen höheren Beratungsbedarf und sind
die entscheidende Zielgruppe für den Know-how-Transfer.
Die Aufzählung zeigt, dass es vor allem darum geht, Unternehmen zu befähigen, sich an Markterfordernisse anzupassen und mit den Marktdynamiken Schritt zu halten. Außerdem unterstreicht sie die notwendige, serviceorientierte
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 23
AUFGABEN VON WIRTSCHAFTSFÖRDERUNGEN ALS MULTIPLIKATOR
Herangehensweise für Wirtschaftsförderungen, die vor allem
informieren – und damit Innovationen und mögliche Marktchancen für die Unternehmen sichtbar machen und entsprechende Prozesse anstoßen können. Wirtschaftsförderungen
können auf diese Weise die Nachhaltigkeitstransformation
von Unternehmen entscheidend unterstützen, obwohl sie
nur indirekte Maßnahmen ergreifen können.
Die gute Nachricht ist, dass es die Nachhaltigkeitsinnovationen an sich oft schon gibt und es nun vor allem darum
geht, sie auch anzuwenden. Entsprechende Potenziale besitzen beispielsweise:
• die innovative Verwendung von Materialien und
Werkstoffen.
• die Steigerung der Rohstoffproduktivität durch eine
zeitlich aufeinanderfolgende und möglichst effiziente
Materialnutzung.
• die Schließung von Stoffkreisläufen. Sie ermöglicht mehr
Wertschöpfung in der Region zu kreieren – vom Rohstoff
bis zum fertigen Produkt.
• die Digitalisierung, beispielsweise durch KI-gestützte
Instandhaltung, energie- und ressourcenoptimierte
Produktionsprozesse entlang der Wertschöpfungskette
oder durch eine intelligente Schließung von
Materialkreisläufen.
4.3
•
Der Aufbau und die Verbesserung von
Transferstrukturen mit einer passgenauen Vermittlung von Kontakten
und Expertenwissen. Letzteres kann aus
unterschiedlichen Quellen stammen,
dazu zählen Hochschulen, regionale
oder lokale Transfergesellschaften,
Landesagenturen und überregionale
Klimaschutznetzwerke.
•
Die Förderung von Unternehmensnetzwerken und Kooperationen.
•
Die Vermittlung der Weiterbildung
von Mitarbeiter:innen und Auszubildenden, die dann ihrerseits Potenziale
zur Förderung der Nachhaltigkeit in
den Unternehmen identifizieren oder
ihr Expertenwissen in zukunftsfähige
Industrien einbringen.
•
Die Anpassung der Inhalte bestehender
Transferzentren (zum Beispiel Innovationszentren und Mittelstand-DigitalZentren) an die Inhalte und Bedarfe der
Nachhaltigkeitstransformation.
•
Die Förderung von Unternehmensgründungen mit einer nachhaltigen
Wirtschaftsweise. So konnten 2021 laut
Start-Up-Monitor rund 43 Prozent der
Start-Ups dem Bereich Green Economy
zugeordnet werden.
•
Die Vermittlung von Angeboten zur
Umsetzung nachhaltiger Prozesse und
Leistungen (beispielsweise ÖKOPROFIT
und Nachhaltigkeitszertifizierungen).
Gewerbeflächenentwicklung
Eine nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung ist – wie die
Befragung gezeigt hat – bereits heute das wichtigste Handlungsfeld für Wirtschaftsförderungen. Gleichzeitig musste
das Bundesziel, die Flächenversiegelung auf 30 ha pro Tag
zu begrenzen, bereits von 2020 auf 2030 verschoben werden und wird nach wie vor deutlich übertroffen. Etwa ein
Viertel des Flächenverbrauchs entfällt in Deutschland aktuell auf Gewerbe- und Industrieflächen. Dies macht deutlich,
dass eine expansive Gewerbeflächenplanung auf der grünen
Wiese nicht mehr zeitgemäß sein kann. Damit einher geht,
dass großflächige Gewerbeflächenprojekte ohnehin vor Akzeptanzproblemen stehen und planerische Restriktionen
die Möglichkeiten der Flächenentwicklung stark einschränken. Trotzdem ist klar, dass auch in Zukunft Gewerbe- und
Industrieflächen benötigt werden, um der lokalen Wirtschaft
Entwicklungsmöglichkeiten zu geben und dadurch Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen und zu erhalten.
Ein stärkerer Fokus ist auf Doppelnutzungen (z.B. PV auf
Dachflächen) sowie einer verbrauchsnahen Energieerzeugung auch im Kontext von Gewerbegebieten zu legen. Die
24 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Kommunen haben mit ihren Bebauungsplänen auch ein
entsprechendes Instrument zur Hand beispielsweise Mindestausnutzungsgrade für eine effiziente Flächennutzung
sowie die Verlegung von Parkplätzen unter die Erde oder auf
die Gebäudedächer zu veranlassen.
Aktuell hat die Mehrheit der Kommunen mit einer akuten
Flächenknappheit zu kämpfen. Neue Gewerbegebiete können nur schwer oder sogar gar nicht mehr ausgewiesen
werden. Daher umfasst eine nachhaltige Gewerbeflächenentwicklung nicht nur die entsprechende Entwicklung neuer
MERKMALE GRÜNER GEWERBEUND INDUSTRIEGEBIETE
Flächen, sondern auch die Weiterentwicklung bestehender
Gewerbegebiete. Eine Lösung liegt in „grünen Gewerbegebieten“. Diese erfordern ein Umdenken in der Gewerbeflächenpolitik.
Die Realisierung grüner Gewerbegebiete bedarf einer integrierten Gewerbeflächenplanung und der Erstellung eines
kommunalen Leitbilds. Bei entsprechender Größe braucht
es zudem ein zentrales Gewerbeflächenmanagement, das
bei der Kommune angesiedelt sein sollte. So kann der ineffizienten Nutzung knapper Flächen vorgebeugt werden. Gerade bei knappen Flächen braucht es zudem eine Vergabe
städtischer Grundstücke in Abhängigkeit von diesem Leitbild.
Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll sein kann, nicht jeder Ansiedlungsanfrage zu entsprechen, sondern Flächen für diejenige Ansiedlung mit dem größten Mehrwert zurückzuhalten.
Eine strategische Ansiedlungspolitik kann sich beispielsweise
auf die Steigerung von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuern,
die Erzielung von Synergievorteilen, einzelne Branchen, Stoffströme oder mögliche Effizienzvorteile durch Abwärmenutzung konzentrieren.
Immer mehr Kommunen entwickeln daher Leitlinien oder
konkrete Indikatoren für den Verkauf städtischer Gewerbeflächen. Dies deckt sich auch mit den Ergebnissen der Befragung, bei der 70,2 Prozent der Befragten angaben, bei Unternehmensansiedlungen die Nachhaltigkeitsaspekte zu prüfen.
Bei Wirtschaftsförderungen mit mehr als 15 Mitarbeiter:innen
sind es sogar 91,7 Prozent. Nur in wenigen Kommunen sind
diese Kriterien jedoch bisher formal festgelegt, objektiv,
nachvollziehbar und politisch abgestimmt.
Im Vordergrund der Prüfung stehen bislang vor allem ökologische (Emissionsvermeidung) und wirtschaftliche Kriterien
(Arbeitsplätze) (siehe Abbildung 10). Soziale Aspekte wie das
Lohnniveau (13 Nennungen), die Gleichstellung (10 Nennungen) oder Integration und Inklusion (11 Nennungen)
spielen bisher eine untergeordnete Rolle bei der Vergabe von
städtischen Gewerbeflächen. Zusätzlich besteht die Option,
städtische Flächen nach dem Erbbaurecht zu vergeben. In diesem Fall behalten die Kommunen langfristig einen Zugriff auf
die Flächen und bewahren sich ihre Gestaltungsspielräume.
Eine Veränderung der Gewerbeflächenstruktur kann nur
langfristig erreicht werden und erfordert auch eine entsprechende planerische Ausrichtung. So sollte darauf geachtet
werden, eine minderwertige Bodenversieglung beispielsweise durch ebenerdige Kfz-Abstellflächen zu vermeiden und,
wo möglich, ein versickerungsfähiges Pflaster einzusetzen.
Regenwasser wird in den meisten Fällen von den asphal-
•
Eine strategische und integrierte
kommunale Gewerbeflächenplanung
und Ansiedlungspolitik im Einklang mit
kommunalen Entwicklungsstrategien
anstelle eines „Fahrens auf Sicht“.
•
Eine bedarfsorientierte Planung von
Gewerbegebieten anstatt einer reinen
Angebotsplanung.
•
Im Fokus steht die Revitalisierung im
Brownfield – zum Beispiel durch die
Erschließung von Industriebrachen
und die Nachverdichtung bestehender
Gewerbegebiete. Ein aktives Brachflächenmanagement und -kataster
können dabei helfen, geeignete Flächen
zu identifizieren
•
Neu Gewerbe- und Industriestandorte sollten möglichst an bestehende
Gewerbegebiete anschließen, statt auf
der grünen Wiese gänzlich neu ausgewiesen zu werden.
•
Nachhaltigkeitsmaßnahmen in
Gewerbe- und Industriegebieten
werden aktiv umgesetzt, etwa durch die
Versorgung mit erneuerbaren Energien,
einen entsprechenden Boden- und
Wasserschutz, integrierte Mobilitäts- und Logistikkonzepte sowie die
Beachtung der Auswirkungen auf das
Stadtklima.
•
Durch diese klare Branchenausrichtung
und Profilierung wird ein Mehrwert für
die Wirtschaftsstruktur geschaffen.
tierten Flächen direkt in die Kanalisation geleitet – was bei
Starkregen zu Überlastungen und Überschwemmungen
führen kann. Auch das Regenwassermanagement und Regenwasserrückhaltebecken sollten daher mitgeplant werden. Grünzüge in Gewerbegebieten tragen darüber hinaus
zur Frischluftzufuhr, einer besseren Luftqualität, zur Vermeidung von Wärmeinseln und damit zur Verbesserung des
Stadtklimas bei. Das Mikroklima kann auch durch Dach- und
Fassadenbegrünungen verbessert werden, die über eine entsprechende Bebauungsplanung für Neubauten festgelegt
werden können Um Gewerbegebiete gleichzeitig attraktiv
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 25
Die wichtigsten Nachhaltigkeitskriterien
Eine Mindestzahl an geschaffenen Arbeitsplätzen pro Fläche
69 Nennungen
Vorgaben zu Grünflächen oder Fassadenbegrünung
60 Nennungen
Vorgaben zu Installation und Nutzung nachhaltiger Energien
54 Nennungen
Vorgaben zu nachhaltigen Gebäudestandards
44 Nennungen
Mindestvorgaben zur Ausnutzung des Bebauungsplans
40 Nennungen
Abbildung 10: Die am häufigsten geprüften Nachhaltigkeitskriterien bei Unternehmensansiedlungen
zu gestalten, können Sozial-, Freizeit- und Nahversorgung,
Rad- und Fußwegeverbindungen sowie Grünflächen zu einer
Verbesserung der Aufenthaltsqualität beitragen.
Viele Gewerbebauten eignen sich zudem für PhotovoltaikAnlagen (PV-Anlagen). Während in einigen Bundesländern
bereits die Pflicht zur Errichtung von PV-Anlagen an neuen
oder sanierten Nichtwohngebäuden besteht, kann eine solche Pflicht auch auf kommunaler Ebene verbindlich beschlossen werden. Mit Blick auf das Thema Energie sollte im Rahmen
eines energetischen Quartierskonzepts für Gewerbeflächen
außerdem über den Aufbau von Nah- und Fernwärmenetzen
nachgedacht werden. So können Energiepotenziale im Gebäudebestand gehoben werden.
Potenziale liegen darüber hinaus in einer integrierten Mobilitätsplanung für die Anbindung grüner Gewerbegebiete.
Neben der Pendlermobilität, die durch ÖPNV-Anbindung,
Radinfrastruktur, Ladeinfrastruktur oder betriebliches Mobilitätsmanagement beeinflusst werden kann, können auch Logistikprozesse in den Blick genommen werden.
Die Entwicklung nachhaltiger Gewerbegebiete erfordert eine
enge Abstimmung zwischen der Wirtschaftsförderung und
der Stadt- bzw. Gemeindeplanung. Auch die frühzeitige Einbindung von Bürger:innen und Unternehmen ist entscheidend – ebenso wie die von Umwelt- und Landschaftsplanung
und ggf. weiteren kommunalen Fachbereichen. Die Vielzahl
der Stakeholder wird bestimmt durch die hohen Anforderungen an die Infrastruktur grüner Gewerbegebiete sowie durch
die Möglichkeit, interkommunale Gewerbegebiete zu schaffen. So können anstatt kleinteilig zersiedelter Standorte wirtschaftsstarke und hochwertige Gebiete in guter Lage entstehen – während sich die Kosten für die einzelnen Kommunen
durch die Bündelung der Kräfte reduzieren.
26 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
VORTEILE GRÜNER
GEWERBEGEBIETE AUF EINEN BLICK
•
Hohe Attraktivität für Unternehmen
und Arbeitgeber:innen im Vergleich
zu häufig grauen, dicht versiegelten
Gewerbegebieten sowie ein Imagegewinn für Premium-Standorte.
•
Standorte mit klarem Branchenprofil
und hochwertigen Ansiedlungen
schaffen Synergien, eine höhere
Wertschöpfung und damit eine bessere
Flächeneffizienz.
•
Stärkung des Standortprofils der
gesamten Kommune.
•
Verbesserung der ökologischen,
ökonomischen und sozialen Leistungsfähigkeit der Unternehmen im Gewerbegebiet.
•
Effizienzvorteile für Unternehmen durch
eine Energie- und Stoffstromplanung.
•
Entschärfung von Nutzungs- und
Nachbarschaftskonflikten durch nachhaltige Produktion in Gewerbegebieten.
PRAXISBEISPIEL
GRÜNES GEWERBEGEBIET NEUSTRELITZ
AUTOR: RESIDENZSTADT NEUSTRELITZ UND STADTWERKE NEUSTRELITZ GMBH
In der Stadt Neustrelitz wurde in den vergangenen Jahren
eine Vielzahl von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien errichtet und installiert. Diese liefern bereits heute einen
Großteil der im Stadtgebiet benötigten Strom- und Wärmemengen. So können allein durch das Biomasseheizkraftwerk
(BMHKW 7,5 MWel,17 MWth) jährlich 14.000 t CO2 eingespart
werden. Diese positive Bilanz hat zu einer großen Akzeptanz
und Identifikation mit den erneuerbaren Energien in Neustrelitz geführt.
In unmittelbarer Nähe zum Biomasseheizkraftwerk, direkt an
der Bundesstraße B96, befindet sich eine 8,8 ha große, mit
allen Medien erschlossene Freifläche, die interessierten Unternehmen zum Kauf angeboten werden kann. Die sich hier
ansiedelnden Unternehmen profitieren von einer regionalen
Strom- und Wärmeversorgung auf Basis von erneuerbaren
Energien. Ziel ist es, an diesem Standort ein Grünes Gewerbegebiet zu etablieren. Hierzu wurde, gefördert durch die Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe (FNR) mit Mitteln des
Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, eine
Machbarkeitsstudie zur Entwicklung eines Grünen Gewerbegebiets erarbeitet.
Im geplanten Grünen Gewerbegebiet Neustrelitz ist beabsichtigt, die bestehenden Anlagen für erneuerbare Energien, die
den Strom aus Biomasse und Sonne produzieren, mit neuen
derartigen Anlagen zu kombinieren. Bei den neuen Energieanlagen werden weitere Photovoltaik- (vorrangig Dachanlagen auf den Gewerbeanlagen) und Windkraftanlagen entstehen. Somit kann im Projektgebiet das gesamte Spektrum an
Erzeugungsenergie im Bereich der erneuerbaren Energien,
von Biomasse über Photovoltaik bis hin zu Wind, abgedeckt
und dargestellt werden. Neben den Erzeugungsanlagen ist
ein weiterer wichtiger Baustein des Projektes ein Stromspeicher.
Der Speicher wird als zentrales Regel- und Steuerungselement
fungieren sowie eine technische und wirtschaftlich sinnvolle
Verbindung zwischen regenerativer Stromerzeugung und
den regionalen Verbraucher:innen schaffen. Heute ist eine
Vielzahl von Speichertechnologien geeignet, eine hohe Anzahl fluktuierender Energien (wie z. B. Wind und Sonne) aufzunehmen, zwischenzuspeichern und wieder abzugeben. Das
Aufgabenspektrum dieser Energiespeicher dehnt sich aber
zunehmend aus. Zusätzlich zu ihren klassischen Aufgaben,
wie z. B. die Aufnahme und Abgabe von positiver bzw. negativer Primärregelenergie, müssen Speicher in der Lage sein,
Systemdienstleistungen zur Erhaltung der Versorgungssicherheit und der Funktionserhaltung des Elektroenergiesystems
zu erbringen. Zu diesen Systemdienstleistungen zählen Frequenzhaltung, Spannungshaltung, Versorgungswiederaufbau (Schwarzstartfähigkeit) und System-/Betriebsführung.
Bei dem Projekt Grünes Gewerbegebiet Neustrelitz soll der
erneuerbar produzierte Strom auch in anderen Sektoren regional genutzt werden. Beim Vorhaben wird eine Sektorenkopplung durch Verknüpfung der Bereiche Strom, Wärme
und Mobilität angestrebt. Es fördert das Ziel der aktuellen Landesregierung, den hier produzierten Strom aus erneuerbaren
Energien künftig verstärkt im Land selbst zu nutzen. Somit sollen aufwendige Schalthandlungen der Netzbetreiber vermieden werden, um zu einer Stabilisierung der Netzentgelte für
Verbraucher:innen beizutragen. Zusätzlich liefert liefert das
Projekt bereits Lösungsansätze, wie Anlagen für erneuerbare
Energien, auch nach der aktuellen EEG-Vergütung wirtschaftlich betrieben werden können.
Mehrere regenerative Energieerzeuger aus Sonne, Biomasse
und Windenergie unter der Nutzung eines Energiespeichers
sollen eine grund- sowie mittel- und spitzenlastfähige Stromversorgung der energieintensiven Verbraucher:innen im Gewerbegebiet Neustrelitz gewährleisten. Das so geschaffene
Verbundsystem ist in der Lage, sich ohne Bezug elektrischer
Energie von außen zu versorgen. Es stellt somit ein zukunftsweisendes Leuchtturmprojekt ohne eine zusätzliche fossile
Redundanzstromversorgung in der Mecklenburgischen Seenplatte dar.
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 27
PRAXISBEISPIEL
© Stadt Neustrelitz
Die Windenergie stellt neben dem bereits bestehenden Biomasseheizkraftwerk einen wesentlichen Energieträger dar.
Durch die Einbeziehung von zwei leistungsstarken Windenergieanlagen (jeweils mindestens 4,5 MW) können nicht
nur Schnittstellen für die Sektorenkopplung umfassend bedient werden, sondern es soll auch der Einstieg in eine regionale Wasserstoffproduktion in Neustrelitz unterstützt und
so der Energieträger Wasserstoff in größerer Menge für die
regionale Wärmeerzeugung nutzbar gemacht werden. Alternativ bestünde hier auch die Möglichkeit, die Wärme über
eine Wärmepumpe zu erzeugen, die den notwendigen Strom
aus den Windenergieanlagen bezieht. Die Besonderheit bei
der Standortplanung der Windenergieanlagen liegt in deren unmittelbarer Lage über einem Eisenbahngleis auf der
gegenwärtig nicht betriebenen Eisenbahnlinie NeustrelitzFeldberg, gelegen im Stadtforst Neustrelitz in unmittelbarer
Nähe zum geplanten Grünen Gewerbegebiet. Für dieses
innovative Projekt wurde, nachdem die Stadtvertretung mit
großer Mehrheit zugestimmt hat, am 26.08.2022 ein Antrag
auf Zielabweichung von der Raumordnung beim Ministerium
für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit des Landes
Mecklenburg-Vorpommern eingereicht.
Das Projekt Grünes Gewerbegebiet Neustrelitz ist sowohl
für die Stadt als auch für die Tochtergesellschaft Stadtwerke
28 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Neustrelitz GmbH ein nächster wichtiger Baustein bei der
Verwendung, der Integration, dem Ausbau und der Speicherung von erneuerbaren Energien und gleichzeitig die
erfolgreiche Fortsetzung des eingeschlagenen Weges der
Vernetzung von erneuerbaren Energien mit zukunftsfähigen
Informations- und Kommunikationstechnologien. Das Grüne
Gewerbegebiet wird aber auch gleichzeitig die Stadt Neustrelitz als Wirtschaftsstandort stärken und somit wesentlich zur
Daseinsvorsorge beitragen.
© AA+W/ stock.adobe.com
4.4
Energieversorgung
Die Bedeutung des Energiesektors für die kommunale Wirtschaftsentwicklung wurde durch die Energiepreissteigerungen des Jahres 2022 besonders deutlich und hat gerade
energieintensive Betriebe vor große Herausforderungen
gestellt.
Insbesondere im industriellen Kontext ist eine Umstellung auf
erneuerbare Energieträger erforderlich. Der Großteil der dort
benötigten Energie ist Wärme, davon sind etwa zwei Drittel
der Prozesswärme und ein Drittel der Heizung und Warmwasserversorgung zuzurechnen. Zu den Branchen mit den
größten Wärmebedarfen zählen unter anderem die Metallerzeugung und -bearbeitung, die Zement-, Glas- und Keramikindustrie sowie zum Teil auch die Chemieindustrie und der
Maschinenbau.
Im Strombereich sind die Voraussetzungen aufgrund
günstiger und effizienter PV-Anlagen etwas einfacher, denn
Unternehmen sind zunehmend in der Lage, ihre eigene
Energie zu produzieren. Bereits im Blick behalten werden
sollte dabei jedoch der perspektivisch steigende Strombedarf, der sich durch eine zunehmende Elektrifizierung fast aller
Prozesse, insbesondere auch der Wärmeerzeugung, ergibt.
Bereits heute sind erneuerbare Energien mit dem Risiko sogenannter Dunkelflauten behaftet.
Für Unternehmen mit sehr hohen Energieverbräuchen wird
Wasserstoff zu einem bedeutenden Thema. Grüner, also
mit Hilfe erneuerbarer Energien erzeugter, Wasserstoff hat
das Potenzial einen wichtigen Beitrag zur Klimaneutralität
zu leisten. Prominentestes Beispiel dafür ist die Umstellung
des ThyssenKrupp Stahlwerks in Duisburg, in Teilschritten bis
voraussichtlich 2050. Wasserstoff ist ein Wachstumsmarkt, der
für einige Standorte innovative Entwicklungspotenziale und
aus Sicht der Kommunen regionale Wertschöpfungspotenziale bietet. Entsprechend viele kommunale, regionale und
Landeswasserstoffstrategien wurden in den vergangenen
Jahren auch unter Mitwirkung von Wirtschaftsförderungen
erarbeitet, die den Anteil der jeweiligen Gebietskörperschaft
am entstehenden Wasserstoffmarkt sichern sollen.
Der Zeithorizont von ThyssenKrupp zeigt aber auch, dass eine
Umstellung auf Wasserstoff selbst für große Unternehmen
weder einfach noch schnell zu leisten ist. Erste bundesweite
Infrastrukturen zum Wasserstofftransport werden gerade erst
aufgebaut. Hinzu kommt, dass die Anwendung von Wasserstoff viel Know-how und das Training von Mitarbeiter:innen
erfordert. Von daher wird sich noch zeigen, wie sich die
Nutzung von Wasserstoff im gewerblichen Bereich entwickeln wird. Für Kommunen ohne industrielle Unternehmen
bietet Wasserstoff derzeit noch ein sehr begrenztes Anwen-
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 29
dungspotenzial. Das zeigt sich auch in der Befragung: Trotz
der medial großen Aufmerksamkeit spielt das Thema Wasserstoff dort bislang kaum eine Rolle.
Wasserstoff kann letztlich einen entscheidenden Beitrag für
die Energiesicherung leisten, denn die sogenannte Sektorenkopplung erlaubt es, Strom aus erneuerbaren Energien
in andere Energieformen umzuwandeln, etwa in Gas oder
Wärme. Die Technologie macht es so möglich, Stromüberschüsse in Form von Wasserstoff zu speichern und während
einer Unterproduktion zusätzlich als Energie einzuspeisen
und damit das Problem der Dunkelflaute zu lösen. Ein Anwendungsfeld von Wasserstoff ist in der Transformation der
leitungsgebundenen Wärmeversorgung über die vorhandene Gasnetzinfrastruktur zu sehen.
Im komplexen Themenfeld der Energieversorgung besitzen
oftmals öffentlich geförderte Institutionen wie Landesenergieagenturen die erforderlichen Kompetenzen und bieten
kostenlose Erstberatungen für Unternehmen an. Sie können
damit wichtige Partner auch für Wirtschaftsförderungen sein.
So ergibt sich eine Reihe von Maßnahmen zur Steigerung
der Energieeffizienz, die von den Wirtschaftsförderungen
als Schnittstelle zwischen Unternehmen, Energieversorgern
und ggf. Energieagenturen auch ohne technisches Wissen im
Energiesektor umgesetzt werden können. Dazu zählen:
• Partnerschaften und Zusammenarbeiten mit Landesenergieagenturen oder ähnlichen öffentlichen Einrichtungen.
• Die Vermittlung von Kontakten, Energieberatungen und
Energieaudits zwischen Unternehmen und Energieagenturen.
• Die Organisation von Infoveranstaltungen und Aufklärung
für Unternehmen zu Energieeffizienz, Energiemanagement und Energieproduktion.
• Die Vermittlung von Förderprogrammen. Diese sind in
der Regel online aufgeführt, zum Beispiel im „Förderwegweiser Energieeffizienz“ des Bundesamts für Ausfuhrkontrolle.
• Die Beteiligung an der Einrichtung einer kommunalen
Wärmeplanung und Aufbau kommunaler Nah- und Fernwärmenetze.
• Die explizite Einbindung von Standorten energieintensiver
Unternehmen in die kommunale Wärmeplanung.
• Die Identifikation perspektivischer Nutzer:innen von
Wasserstoff im Produktionsprozess und Förderung des
Wissenstransfers zu dessen Anwendung, zum Beispiel
durch die Bildung von Unternehmensnetzwerken sowie
gegebenenfalls die Unterstützung beim Aufbau von
Wasserstoffinfrastrukturen.
30 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen ergeben sich langfristige Vorteile für Städte und Kommunen. Dazu zählen die
Sicherung von Bestandsarbeitsplätzen durch die Beschleunigung des Strukturwandels in energieintensiven Industrien
sowie die Verringerung des Ressourceneinsatzes und die
allgemeine Beschleunigung der Energiewende.
Doch für Kommunen ergibt sich noch eine weitere Möglichkeit, von der Versorgung mit regenerativen Energien zu
profitieren. Diese entsteht, wenn Kommunen als primäre
Energieproduzenten auftreten, etwa in den Bereichen Solar
und Windkraft, aber auch im voran genannten Feld der
Wasserstofferzeugung. Insbesondere ländliche Kommunen
mit entsprechenden Flächen haben hier ein großes Potenzial.
Diese Potenziale werden in Teilen bereits genutzt. Einige
Kommunen sind heute in der Lage ihren Energieverbrauch
durch in der Region produzierte erneuerbare Energien zu
decken. Und ist ihr Bedarf gedeckt, kann überschüssige
Energie exportiert werden und so einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten. Gerade für Regionen, die
aufgrund ihrer geringen Standortattraktivität kaum Gewerbesteuern einnehmen, kann dieses Modell interessant sein.
Ein Bespiel dafür ist der Kreis Hunsrück, der aktuell bereits
mehr als 300 Prozent seines eigenen Energiebedarfs durch
erneuerbare Energien deckt, ein Großteil davon durch Windenergie. Entsprechende Windanlagen wurden größtenteils
auf kommunalen Flächen errichtet. Dadurch erhalten die
Kommunen jährliche Pachterträge und Steuergewinne –
und die privaten Anlagenbetreiber eine Einspeisevergütung.
Doch auch das lokale Handwerk und Baufirmen profitieren
durch die Errichtung und die notwendigen, regelmäßigen
Wartungen von Windkraftanlagen. Für Kommunen kann die
Energieproduktion zu einer Einnahmequelle werden. Gleichzeitig leisten die Kommunen so einen direkten Beitrag zur
Energiewende.
PRAXISBEISPIEL
GRÜNE TALACHSE STOLBERG
WIEDERAUFBAU ALS CHANCE FÜR DIE ENERGIEWENDE
AUTOREN:
PETER GIER (AGIT Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer mbH)
SVEN PENNINGS (Geschäftsführer AGIT Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer mbH)
Vor dem Hintergrund der Energiewende steht die deutsche
Industrie vor großen Herausforderungen. Fragen der Wettbewerbsfähigkeit und der Zukunftssicherung beschäftigen
die Unternehmen, insbesondere in den energieintensiven Industrien. Diese Situation stellt sich gerade in der Kupferstadt
Stolberg (NRW), mit einem überproportionalen Besatz an
Industrieunternehmen – vielfach aus energieintensiven Branchen – am gesamten Wirtschaftsgefüge (24 Prozent der Unternehmen und 43 Prozent aller Beschäftigten im sekundären
Sektor) als besonders drängend dar. Das Industriegefüge in
der Kupferstadt ist insgesamt zwar sehr heterogen aufgestellt,
sodass es keine direkte Branchenkonkurrenz unter den ansässigen Unternehmen gibt, dennoch treiben die Unternehmen
die gleichen Probleme und Herausforderungen im Zusammenhang mit der Energiewende um.
In Anbetracht dieser besonderen industriellen Prägung rückte
seit 2020 das Thema der Standortsicherung und damit der Sicherung von Arbeitsplätzen durch energetische Transformation der Industrie in den Fokus der lokalen Akteure. Im Gedankenaustausch mit der FH Aachen wurden erste Impulse
zur Entwicklung der „Grünen Talachse“ gesetzt. Mit der verheerenden Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 bekam das
Thema eine besondere Brisanz, da der flächendeckende Wiederaufbau auch als Chance gesehen wurde, um eine zukunftsorientierte Energieversorgung der Industrie mitzudenken. Bei
der Auftaktveranstaltung des Netzwerks im September 2021
signalisierten mehrere Stolberger Unternehmer zusammen
mit regionalen Partnern einen starken gemeinsamen Willen,
aus der Katastrophe neues Potenzial zu schöpfen.
Als erstes Ergebnis schlossen sich die Städteregion Aachen, die
IHK Aachen und die regionale Wirtschaftsförderung AGIT mit
der Kupferstadt Stolberg als Akteurskonsortium zusammen,
um die Aufbruchsstimmung der Industrie in umsetzbare Projekte zu überführen. Mit einer Untersuchung zur Ist-Situation
der Energieverbräuche der Unternehmen sollten Projektansätze mit hohem Umsetzungspotenzial abgeleitet und diese
über ein geeignetes Förderprogramm in die Antragsstellung
gebracht werden. Mit der technisch-fachlichen Erarbeitung
wurde ein Konsortium um die umlaut SE aus Aachen mit dem
Solarinstitut Jülich und dem Institut NOWUM-energy (beide
FH Aachen) beauftragt. Hervorzuheben ist, dass die Vorbereitung der Antragsstellung mit ihren Voruntersuchungen
außerhalb von Förderprogrammen durch das Akteurskonsortium und durch dreizehn – den Industriebeirat bildenden
– Unternehmen mit eigenen Mitteln finanziert wurde. Dieses
Beteiligungsmodell unterstreicht den Wunsch und den Bedarf, zügig mit der Projektentwicklung beginnen zu können.
Die Übernahme der Ausschreibungsmodalitäten sowie die
Verwaltung des Projektbudgets durch die AGIT ermöglichte eine zügige Aufnahme der Aktivitäten. Die AGIT brachte
zudem die Sichtweise einer technologieorientierten Wirtschaftsförderung in das Konsortium ein und konnte so ergänzende Expertise sowie einen inhaltlich-strategischen Beitrag
zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten
sowie zur Entwicklung eines Projektportfolios, einschließlich
einer mittelfristigen Umsetzungsroadmap, leisten. Als regionaler Akteur für Technologiethemen vermag es die AGIT, die
in der Grünen Talachse gewonnenen Erkenntnisse im Sinne
des Modellcharakters in die Region zu tragen und Impulse für
eine Übertragung in andere Gebietskörperschaften zu setzen.
Nach der Bestandsaufnahme der Energiesituation in den beteiligten Unternehmen durch Vor-Ort-Besuche der Auftragnehmer wurden in insgesamt vier Workshops mit allen Beteiligten eine Projekt-Longlist entwickelt und daraus ein Projekt
mit dem höchsten Umsetzungspotenzial ausgewählt. In einer
Roadmap wurden daneben weitere Themen zur nachhaltigen Energieversorgung wie Wasserstoff, ihre Umsetzungsabhängigkeit untereinander sowie ein zeitlicher Rahmenplan
erarbeitet. Der Bearbeitungszeitraum lief von Februar 2022 bis
August 2022. Als Hauptprojekt, welches über ein geeignetes
Förderprogramm in die Umsetzung gebracht werden soll, hat
sich sehr deutlich die Nutzung des industriellen Abwärme-
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 31
PRAXISBEISPIEL
© Kupferstadt Stolberg
potenzials zur Speisung eines Fernwärmenetzes in Stolberg
herausgestellt. Die Beteiligung der ansässigen Unternehmen
im gesamten Prozess war grundlegend für den Erfolg des Projektes.
In einer seit Herbst 2022 laufenden, zunächst eigenfinanzierten Voruntersuchung sind der lokale Energieversorger
EWV mit dem Netzbetreiber regionetz und mit Unterstützung durch externe Berater:innen in die Konzeptkonkretisierung eingestiegen. Es wird untersucht, wie und unter
welchen Bedingungen konkret ein Fernwärmenetz auf Basis
von industrieller Abwärme in der Kupferstadt Stolberg aufgebaut werden kann. In einem ersten Schritt werden geeignete räumliche Varianten herausgestellt sowie eine erste
wirtschaftliche Bewertung durchgeführt. Anschließend ist
geplant, einen Antrag für Bundesförderung für effiziente
Wärmenetze (BEW) zu stellen, um die Detailplanung zur
technischen Konkretisierung und auch die Beleuchtung der
rechtlich-regulatorischen Rahmenbedingungen zu starten.
Für die Region und die ansässigen Unternehmen können
durch die hier dargestellten Arbeiten konkrete Lösungsansätze der Energiewende hin zu Projekten mit einem hohen
Umsetzungspotenzial aufgezeigt werden. Dabei ist es nicht
entscheidend, direkt in einem ersten Schritt auf neue Technologien, die gegebenenfalls noch nicht marktreif sind, zu
setzen. Wichtiger ist, durch neue Formen der Kooperation
untereinander (Verhältnis Unternehmen als Pro-Consumer
32 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
zu Energieversorger und Kommune) – basierend auf Stateof-the-Art-Technologien – schneller umsetzbare Erfolge und
damit Planungssicherheit und Perspektiven für alle Beteiligten zu erzielen. Dass die beteiligten Unternehmen mit vergleichbaren Problemen und Herausforderungen gemeinsam
mit den intermediären Institutionen am gleichen Strang ziehen, stärkt den konstruktiven Austausch bei der Entwicklung
der „Grünen Talachse“ Stolberg. Durch die rege Beteiligung
an den Workshops und das Einbringen der jeweiligen Sichtweisen, konnte ein breiter Konsens in der Projektentwicklung
erzielt werden. Mit dem ersten Projekt der Grünen Talachse
werden Ansätze einer nachhaltigen kommunalen Wärmeversorgung über industrielle Abwärme aufgezeigt. Somit ergibt
sich ein Projekt mit Modellcharakter für weitere Kommunen
in der Region Aachen und darüber hinaus.
Der forcierte Austausch und die Vernetzung der Beteiligten
aus Industrie, Wissenschaft und Wirtschaftsförderung sind
der erste Schlüssel, um die Herausforderungen der Wirtschaft
mit Blick auf eine nachhaltige Energieversorgung zu bewältigen. Dabei sollte eher auf „low-hanging fruits“ mit schnellerem Umsetzungspotenzial gesetzt werden, um diese im
weiteren Verlauf strategisch durch „high-hanging fruits“ (mit
noch benötigtem technischen Entwicklungsvorlauf ) zu erweitern bzw. zu ergänzen. Da die Energiewende keine rein
lokale Herausforderung darstellt, sollten auch strategische
Kooperationen über kommunale Grenzen hinweg gedacht
werden.
4.5
Regionale Wirtschaftskreisläufe
International strukturierte Wertschöpfungsketten sind für
viele Unternehmen in den vergangenen Jahren zu einem
Problem geworden – ursächlich sind vor allem die nach wie
vor spürbaren Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie
zunehmende geopolitische Spannungen. Ein zentraler
Lösungsansatz besteht darin, Wertschöpfungsnetzwerke zu
regionalisieren, um die Importabhängigkeit zu verringen und
die Rohstoffverfügbarkeit zu verbessern. Dieses Vorgehen
bringt weitere Vorteile mit sich: Regionale Wertschöpfungsnetze erhöhen die Nachhaltigkeit und vermeiden Emissionen bei der Distribution, gleichzeitig sorgen sie dafür,
dass möglichst viele Wertschöpfungsanteile in der Region
verbleiben.
Die Förderung regionaler Wertschöpfungsnetze wirkt sich
damit in vielerlei Hinsicht positiv auf die kommunale Wirtschaftsentwicklung aus. Die Schwierigkeit liegt indes darin,
dass nicht alle Primärrohstoffe verfügbar sind. Erschwerend
kommt hinzu, dass gleichzeitig die Rohstoffproduktivität
erhöht werden muss, um die gesetzten Nachhaltigkeitsziele
zu erreichen.
Der Aufbau einer zirkulären Wertschöpfung (Kreislaufwirtschaft) kann dafür einen wesentlichen Baustein darstellen.
Ihr Ziel ist es, Materialkreisläufe zu schließen. Produkte und
Prozesse werden also so gestaltet, dass einmal eingesetzte
Ressourcen immer wieder verwendet werden können.
Auf diese Weise werden lineare Wertschöpfungsketten zu
geschlossenen Produktions- und Materialkreisläufen, in
denen keine weiteren nicht-erneuerbaren Ressourcen eingesetzt werden müssen (Cradle-to-Cradle-Prinzip). Wichtige
Bestandteile der Kreislaufwirtschaft sind daher:
• Recycling- und Reparaturprozesse
• Sharing-Economy
• „Product-as-a-Service“-Angebote, wie etwa Produktleasing
Passend dazu hat die EU-Kommission im März 2020 mit dem
Circular Economy Act den ordnungs- und förderpolitischen
Rahmen zugunsten einer Kreislaufwirtschaft verändert. Das
Unternehmen Deloitte hat in einer 2021 veröffentlichten
Studie errechnet, dass sich der Marktanteil von kreislauffä-
higen Produkten in den kommenden Jahren stark erhöhen
wird. Entsprechend groß sind auch die Wachstumspotenziale
in Deutschland: Geschätzt 177.000 neue Arbeitsplätze und 12
Milliarden Euro Bruttowertschöpfung werden demnach allein
bis 2030 durch die Kreislaufwirtschaft und die Substitution
von Rohstoffimporten durch inländische Sekundärrohstoffe
entstehen – entweder direkt oder aber in vor- und nachgelagerten Stufen.
Für Unternehmen bringt die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft folglich einige Vorteile mit sich. So werden die Kosten
für recycelte Rohstoffe in absehbarer Zeit geringer sein als
Rohstoffimporte aus dem Ausland – das macht die Unternehmen wettbewerbsfähiger. Außerdem reduzieren sie ihre
Abhängigkeit von Importstrukturen und Lieferketten und
passen sich den Kundenbedürfnissen an, denen eine nachhaltige Produktgestaltung zunehmend wichtiger ist.
Durch die Kreislaufwirtschaft entstehen zugleich neue
Geschäftsmodelle. Denn eine zirkuläre Wertschöpfung ist viel
mehr als schlichtes Recycling – sie bestimmt den gesamten
Produktlebenszyklus und erfordert entsprechende Innovationen des Produktes. Die Verwendung von innovativen
Werkstoffen und nachwachsenden Rohstoffen ist ein wichtiger Hebel zur Steigerung der Ressourceneffizienz und zur
Reduktion der Stoffintensität. Gleichzeitig wird das Produktdesign zu einem zentralen Punkt für die Stoffnutzung und die
Wiederverwertbarkeit. Im Vordergrund stehen dabei derzeit
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 33
intelligente und sortenrein recycelbare Produktgestaltungen
und Cradle-to-Cradle-fähige Materialien. Digitale Technologien und Künstliche Intelligenzen können zudem dazu
beitragen, Stoffströme digital zu planen und zu analysieren.
Zu den Branchen mit den größten Potenzialen für zirkuläre
Produktdesigns gehören zum Beispiel die Baubranche, die
Kunststoffbranche, die Chemie-, Pharma- und Papierindustrie
sowie die Elektro- und die Textilindustrie.
Während der Aufbau einer Kreislaufwirtschaft von den
Unternehmen innovative Leistungen erfordert, besteht die
wichtigste Aufgabe für Wirtschaftsförderungen hingegen
im Transfer des notwendigen Know-hows. Entsprechende
Maßnahmen zur Förderung regionaler Wertschöpfungsnetze
und Materialkreisläufe ähneln daher einer spezifischen Innovationsförderung.
Da eine zirkuläre Ökonomie auf nachwachsenden Rohstoffen
aufbaut, können ländlich strukturierte Regionen besonders
von ihr profitieren. Das betrifft nicht nur den Anbau, sondern
auch die innovative Verarbeitung von Stoffen. Ländliche
Regionen haben damit die Chance, ihre Anteile an den Wertschöpfungsprozessen zu stärken – wie auch das nachfolgende Beispiel zeigt.
MASSNAHMEN ZUR FÖRDERUNG REGIONALER
WERTSCHÖPFUNGSNETZE UND MATERIALKREISLÄUFE
•
Die Beratung von Unternehmen zur Regionalisierung von Wertschöpfungsnetzen
und Bereitstellung grundsätzlicher Informationsmaterialien zur Circular Economy.
•
Die Förderung landwirtschaftlicher Regional- und Direktvermarktung.
•
Die Förderung von Reparaturinitiativen (beispielsweise offene Werkstätten und RepairCafés), Leasing-Modellen und Sharing-Modellen.
•
Die Sensibilisierung von Unternehmen für Marktpotenziale und mögliche Ansatzpunkte
für ein zirkuläres Wirtschaften.
•
Information zu und Vermittlung von Förderprogrammen.
•
Der Aufbau von Netzwerken zur Steigerung der Ressourceneffizienz.
•
Die Vernetzung zu regionalen und überregionalen Partnern, insbesondere zu Kompetenzträgern für nachhaltige und kreislauffähige Produktdesigns.
•
Der Aufbau eines Stoffstromkatasters: Aufnahme von Abfallstoffen regionaler Unternehmen und Identifikation von Ansatzpunkten für die Schließung von Stoffkreisläufen.
•
Die Einbindung der kommunalen Abfallwirtschaft.
•
Die bewusste Förderung der Ansiedlung zirkulär wirtschaftender Unternehmen.
34 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
PRAXISBEISPIEL
INTERVIEW
Dagmar Schulz
Landrätin des Landkreises Lüchow-Dannenberg
Frau Schulz, mit dem Cradle-to-Cradle-Ansatz verfolgen
Sie einen stringenten, nachhaltigen Ansatz. Wie lauten die
ersten Ziele für Ihre Pilotprojekte in der C2C Modellregion
Nordost-Niedersachsen?
Unter Einbeziehung regionaler Akteure soll ein C2C-Masterplan entstehen, der auf das Jahr 2035 ausgerichtet ist.
Bestandteile sind insbesondere eine Leitvision für die Entwicklung als Modellregion, eine Regional- und C2C-Potenzialanalyse sowie die Benennung konkreter Handlungsfelder der Umsetzung.
Das C2C-Modell dürfte erklärungsbedürftig für Verwaltungen und die Wirtschaft sein. Wie wollen Sie diesen komplexen Kreislaufwirtschaftsansatz in der Region verankern?
Diese Ansätze der Kreislaufwirtschaft werden beim Landkreis Lüchow-Dannenberg in unserem Zukunftsentwicklungskonzept und damit in unserer strategischen Regionalentwicklung verankert.
Weiterhin wollen wir mit einem Leuchtturmprojekt, dem
Aufbau eines C2C-Labs für Nachhaltigkeitsinnovationen,
eine C2C-Wirtschaft und die Entstehung innovativer Projekte durch Wissenstransfer fördern, die modellhafte Umsetzung erproben und die Voraussetzungen für eine Verstetigung erarbeiten.
Darüber hinaus identifizieren wir regionale C2C-Pilotprojekte in der Region, die wir in der Umsetzung begleiten und
unterstützen. Diese Projekte dienen als Best-Practice und
sollen als Treiber von Innovationen wirken. Die Bandbreite
der Ansätze reicht von Prozessverbesserungen z. B. in der
Beschaffung über die Begleitung von Bauprojekten bis hin
zur Unterstützung von Unternehmen bei der Entwicklung
neuer Geschäftsmodelle oder C2C-inspirierter Produkte.
Welche Rolle nimmt die hiesige Wirtschaftsförderung in
diesem Projekt ein?
Die Chancen und Aufgaben für die Wirtschaftsförderung
liegen darin, den Ansatz des zirkulären Wirtschaftens gemeinsam mit Unternehmen, Politik und Verwaltung voranzutreiben. Denn oftmals beobachten wir, dass der Transformationsprozess hin zum zirkulären Wirtschaften zwar
artikuliert, aber häufig nicht durch ein politisches Mandat
oder durch die Geschäftsführung der Unternehmen gedeckt wird. So bleibt diese Transformation meist theoretisch.
Anders gehen wir in Lüchow-Dannenberg vor. Hier konnten
unter anderem im Baubereich, z. B. mit der Feuerwehrtechnischen Zentrale in Dannenberg, Projekte realisiert werden,
die bereits wesentliche Komponenten in C2C-Bauweise beinhalten. Projekte wie das destinature Dorf Hitzacker setzen
auf natürliche und nachhaltige Materialien. Das Unternehmen Goldeimer macht sich z. B. hier mit Trockentoiletten
für eine nachhaltige Sanitärwende und Sanitärversorgung
stark. Ein weiteres Beispiel ist die Herstellung von C2C Produkten im Bereich Heimtextilien.
Auch wenn die von Ihnen genannten Projekte dem Baubereich zuzuordnen sind, unterscheiden sie sich doch fundamental. Gibt es denn trotzdem einen entscheidenden
Erfolgsfaktor?
Alle Projekte haben gemeinsam, dass sie jeweils in der
Geschäftsführung und den relevanten Entscheidungsbereichen fest verankert sind. Wichtig ist darüber hinaus der
geschlossene Wille aktiv etwas zur Veränderung beizutragen. Diese Energie führt dazu, mehr als nur Standard zu
erreichen, ohne Gewinn einbüßen zu müssen. Für die landkreiseigenen Projekte (Feuerwehrtechnische Zentrale) gibt
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 35
PRAXISBEISPIEL
© Wirtschaftsförderung Lüchow-Dannenberg
es entsprechende politische Beschlüsse und für die Projekte
der freien Wirtschaft gibt es Rückhalt aus der Verwaltung
und der Politik.
dass sie mit den C2C-Projekten nicht alleine gelassen werden, ist sicherlich ein Erfolgsfaktor.
Wie sieht denn Ihre Unterstützung konkret aus?
Eine gewisse betriebswirtschaftliche Unsicherheit dürfte
die Entscheidungsträger bei der Umsetzung von C2C-Projekten begleiten. Mit welchen Argumenten überzeugen Sie
Ihre Projektpartner?
Die Kreislaufwirtschaft ist eines der bedeutsamsten Themen für die Wirtschaft vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen und dem Klimawandel. Der Ansatz von
C2C, die Ressourcen konsequent in Kreisläufen zu halten
hat für die Unternehmen einen spürbaren Mehrwert. Etliche der über 16.000 erfolgreich am Markt etablierten C2CProdukte oder neue C2C-Geschäftsmodelle zeigen, dass
C2C nicht teurer sein muss als konventionelle Ansätze.
Diese Transformation muss nicht immer nur allein aus eigenen Mitteln vollzogen werden. Neben der Beratung besteht
ebenfalls die Möglichkeit der Unterstützung durch Fördermittel bei der Suche nach den richtigen Mitteln für Umbauten oder Entwicklungen. Gerade kleine und mittelständische Unternehmen können sich häufig die Umstellung
der Beschaffung, der Produktion oder ein höheres Engagement in der Materialforschung nicht leisten, unabhängig
davon, wie hoch auch die Motivation zur Einführung von
C2C-Ansätzen sein mag. Dass diese Unternehmen wissen,
36 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Der Landkreis Lüchow-Dannenberg veranstaltet gemeinsam mit unserer Wirtschaftsförderung diverse Informationsveranstaltungen und Workshops zu diesem Thema, um
die Unternehmen zu sensibilisieren und konkretes Wissen
aufzubauen – und damit auch Hemmschwellen abzubauen. Bei der Initiierung und Realisierung von kreislaufwirtschaftlichen Ansätzen wird bedarfsgerecht unterstützt, z. B.
mit Verbindungen zu Netzwerken, Einzelberatung, Fördermittelakquise – egal, ob es sich um ein Einzelprojekt oder
einen komplexen Ansatz mit Blick auf regionale Produktionskreisläufe handelt.
Mit unseren Modellvorhaben sind wir mitten in der Umsetzung und Erprobung. Daher kann noch nicht abschließend
gesagt werden, wie erfolgreich das C2C-Lab und eine am
zirkulären Wirtschaften orientierte Wirtschaftsförderung
bei der Bewältigung des Strukturwandels sein werden.
Aber für die Modellregion ist klar: Wir möchten uns nicht
vom Strukturwandel bestimmen lassen, sondern die Klimafolgenanpassungsprozesse und den damit notwendigen Transformationsprozess gestalten, um Beschäftigung,
Wertschöpfung und damit einhergehende Innovationen zu
sichern und in Zukunft weiterhin zu ermöglichen.
4.6
Corporate Social Responsibility
Corporate Social Responsibility (CSR) bezeichnet die gesellschaftliche Verantwortung, die Unternehmen innerhalb
ihrer Geschäftstätigkeit freiwillig übernehmen. CSR umfasst
damit soziale, ökologische und ökonomische Aspekte. Dazu
gehören beispielsweise faire Geschäftspraktiken, eine verantwortungsvolle Gestaltung von Lieferketten, eine mitarbeiterorientierte Personalpolitik, ein sparsamer Ressourceneinsatz
und zivilgesellschaftliche Initiativen vor Ort. Für Unternehmen
mit einem Fokus auf CSR ist die kurzfristige Profitmaximierung deshalb nicht das alleinige Ziel des Wirtschaftens.
Die Befragung hat gezeigt, dass CSR-Themen bereits vereinzelt auch in die Arbeit von Wirtschaftsförderungen integriert
werden. In der Breite scheint das Thema CSR jedoch noch
keine große Rolle zu spielen. Dabei bietet das Themenfeld
eine Reihe von Ansatzpunkten, um die Wirtschaftsstruktur zu
fördern und zentrale Herausforderungen in Wirtschaft und
Gesellschaft gleichermaßen zu lösen.
Die Förderung von Corporate Social Responsibility kann dazu
beitragen, den Standort von innen heraus zu stärken und
stellt für Unternehmen eine Möglichkeit dar, positiv wahrgenommen zu werden. Insbesondere die Verbesserung der
Arbeitsbedingungen und der Mitarbeiterzufriedenheit liefern
einen zentralen Mehrwehrt. Gute Arbeitsbedingungen
werden gerade in Zeiten des Fachkräftemangels zu einem
wichtigen Standortfaktor und die Verbesserung der Lebensund Arbeitsqualität zum Schlüssel in der Gewinnung und
im Erhalt von Fachkräften. Das zeigt sich auch darin, dass
für Arbeitnehmer:innen die Werteorientierung eines Unternehmens immer wichtiger wird, ebenso wie die Nachhaltigkeitsaspekte ihres Arbeitgebers. Zusätzlich legen sie einen
großen Wert auf die Erfahrung ihrer Selbstwirksamkeit – dies
gilt insbesondere für jüngere Arbeitnehmer:innen.
Dabei sind aus der Befragung drei Beispiele einer solchen
verantwortungsorientierten Wirtschaftsstruktur hervorgegangen, die von einigen Wirtschaftsförderungen bereits in
ihre Arbeit integriert worden sind:
Die Gemeinwohlökonomie stellt den Menschen und dessen
Lebensgrundlagen in den Vordergrund. Neben dem Umwelt-
VORTEILE VON CORPORATE SOCIAL
RESPONSIBILITY AUF EINEN BLICK
•
Steigerung der Krisenfestigkeit und der
Resilienz durch verantwortungsvolles
und wertorientiertes Wirtschaften
•
Förderung von Chancengleichheit,
Integration und sozialer Gerechtigkeit
•
Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen – und damit attraktive Arbeitsplätze vor Ort – stärkt die Position im
Fachkräftewettbewerb
•
Stärkung des Images von Unternehmen
und damit des gesamten Standortes
verbrauch liegt ihr Schwerpunkt vor allem auf der Reduzierung der Ungleichheit bei Einkommen, Vermögen und
Macht. Wirtschaftsförderungen können die Gemeinwohlökonomie fördern, indem sie einerseits deren Werte in die
Unternehmenslandschaft tragen und andererseits, indem
kommunale Akteure, beispielsweise Stadtwerke, sich selbst
einer Gemeinwohlbilanzierung unterziehen, die Ergebnisse
veröffentlichen und damit die Prinzipien bekannter machen.
In vielen Regionen haben sich so bereits lokale Gruppen zur
Gemeinwohlökonomie etabliert, in denen Unternehmer und
regionale Akteure zusammenarbeiten.
Ein weiterer CSR-Ansatz ist das vom Wuppertal-Institut
entwickelte Konzept der Wirtschaftsförderung 4.0. Ziel dieses
vom BMBF geförderten Projekts war die Stärkung der Resilienz durch den Ausbau lokaler und regionaler Wirtschaftsstrukturen. In den Modellkommunen Osnabrück, Witten,
Wuppertal und Witzenhausen wurden dazu verschiedene
Maßnahmen umgesetzt. Hierzu gehörten die Vernetzung
regional wirtschaftender Unternehmen sowie die Förderung einer solidarischen Landwirtschaft und sozial orientierter Unternehmen. Über allem stand dabei das Prinzip des
Teilens, Tauschens und Kooperierens. Im Gegensatz zur klas-
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 37
Produktverantwortung / Markt
• Energieverbrauch der Produkte
• Ressourcenschonung
• Fairer Umgang mit Lieferanten
• Arbeitsverhältnisse in der Wertschöpfungskette
• Schadstofffreiheit
• Verbraucherschutz
• etc.
Arbeitsplatz / Mitarbeitende
• Arbeitnehmerrechte
• Vereinbarkeit Familie und Beruf
• Diversity
• Arbeitgebermarke
• Arbeitsschutz
• Gesundheitsförderung
• etc.
CSR Handlungsfelder (Auswahl)
Gemeinwesen / Engagement
• Spenden
• Beteiligung an lokalen Infrastrukturen
• Ausbildungskooperationen
• Unterstützung des Ehrenamts von
Mitarbeitenden
• Nachbarschaftsinitiativen
• etc.
sischen Wirtschaftsförderung ist die Wirtschaftsförderung
4.0 nicht in erster Linie wachstumsorientiert. Zielgruppe sind
nicht klassische Bestandsunternehmen, sondern vor allem
kooperative und meist kleinteilige Wirtschaftsformen, die
eine nachhaltige Produktion und Vertrieb haben. Das macht
die Prinzipien der Wirtschaftsförderung 4.0 insbesondere für
kleinere Kommunen interessant, zum Beispiel im Bereich der
Nahversorgung.
Ein weiterer CSR-Baustein ist die Förderung von Social Entrepreneurship, so genanntes Sozialunternehmertum. Als Sozialunternehmen werden dabei Unternehmen definiert, die
sich für das gesellschaftliche Wohl und für Nachhaltigkeit
einsetzen und nicht primär gewinnorientiert arbeiten. Solche
Unternehmen sind resilienter, da sie von Unternehmern mit
einer hohen intrinsischen Motivation gegründet werden.
Eine große Hürde für die Gründer stellt jedoch der Zugang zu
Finanzierungen dar.
Die zunehmende Relevanz von Corporate Social Responsibility verdeutlicht, dass es wichtig ist, neben dem Bruttoinlandsprodukt weitere Erfolgskriterien für ein wirtschaftliches
Handeln zu definieren. Für Wirtschaftsförderungen wiederum
ergeben sich aus der beschriebenen Situation verschiedene
Maßnahmen, die sie umsetzen können, um CSR zu fördern.
38 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
Umwelt- und Klimaschutz
• Energieeffizienz / Erneuerbare Energien
• Wasserverbrauch
• Abfalltrennung und -verwertung
• Nachhaltige Logistikprozesse
• Umweltfreundliche Standortgestaltung
• etc.
MÖGLICHKEITEN DER FÖRDERUNG
VON CORPORATE SOCIAL
RESPONSIBILITY (CSR)
•
Unterstützung von Unternehmen bei
der Identifikation geeigneter CSR-Instrumente
•
Förderung des unternehmensübergreifenden Austauschs zum Thema CSR
•
Vernetzung von nachhaltigen Initiativen und Projekten vor Ort
•
Förderung von Social Entrepreneurship,
zum Beispiel durch eine Unterstützung
bei der Entwicklung von Social-Business-Plänen
•
Förderung von regionalen und kooperativen Wirtschaftsmodellen
•
Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien
als Zuschlagskriterium bei öffentlichen
Ausschreibungen
PRAXISBEISPIEL
INTERVIEW
DAS CSR-KOMPETENZZENTRUM OWL
Thorsten Brinkmann
Geschäftsführer – GILDE
Gewerbe- und Innovationszentrum Lippe-Detmold GmbH
Wie entstand die Idee zur Gründung des CSR-Kompetenzzentrums OWL?
2005 war das Thema gesellschaftliche Verantwortung CSR
noch ziemliches Neuland – unser EU-Projekt hieß damals
„Mainstreaming CSR among SMEs“. Das Ziel war es, CSR in
den Mittelstand zu tragen und kleine wie mittlere Betriebe
in Sachen betrieblicher Nachhaltigkeit zu unterstützen –
zum Wohl der Gesellschaft und des Unternehmens. Und
das ist auch heute noch das Kernthema des 2015 gegründeten CSR-Kompetenzzentrums für Ostwestfalen-Lippe
(OWL). Wir wollen, dass nicht nur Großunternehmen oder
internationale Konzerne die Zukunftsthemen Verantwortung und Nachhaltigkeit für sich nutzen, sondern gerade
die Unternehmen, die sich mindestens genauso nachhaltig
engagieren, freiwillig und weit über gesetzliche Vorgaben
hinaus: Nämlich der klassische Mittelstand, also die vielen
kleinen und mittleren Betriebe, die oft seit Generationen
in Familienhand sind und immer mit einer gelebten Verantwortung gegenüber ihrem Umfeld, dem Standort und
den Beschäftigten handeln. Gerade diese KMU nutzen ihr
nachhaltiges Engagement auch heute noch viel zu wenig
strategisch, um in den Märkten gezielt zu agieren. Sei es auf
ihren Absatzmärkten gegenüber immer anspruchsvolleren
Stakeholder oder auch auf dem Arbeitsmarkt im Wettbewerb um die „guten Leute“, um es mal KMU-gerecht zu formulieren.
Wie sind Sie vorgegangen?
Als kommunale Wirtschaftsförderung ist uns immer die
absolute Praxisnähe von und für KMU wichtig. Um das Rie-
senthema Nachhaltigkeit „herunterzubrechen“, haben wir
ein praktisches „5-Schritte-Konzept“ erarbeitet, damit auch
kleinere Betriebe einen strategischen Ansatz finden, eigene
Ziele zu formulieren, mit Maßnahmen zu unterfüttern etc.
Für das emotionale Überzeugen sind die guten, echten Praxisbeispiele aus anderen Betrieben genauso wichtig. Diese
„Good CSR-Practices“ zeigen, wie CSR im Alltag funktionieren kann und gleichzeitig, dass eben kein Betrieb schon
100 Prozent nachhaltig perfekt ist bzw. sein muss, sondern
dass CSR und Nachhaltigkeit immer ein strategischer,
kontinuierlicher Prozess sind. Elementar ist für uns seit jeher das Arbeiten in Netzwerken, etwa mit Kammern und
anderen Wirtschaftsförderungen der Region, in manchen
Projekten auch bundesweit und international. CSR ist ein
Querschnittsthema, das automatisch viele Facetten und
betriebliche Themenfelder betrifft. Da ist es ganz wichtig,
dass auch man hier Kompetenzen und Knowhow bündelt.
Was sind aus Ihrer Sicht die größten Mehrwerte des Projekts für die Region und für die Unternehmen vor Ort?
Ganz konkret sensibilisieren wir, qualifizieren und vernetzen die Betriebe. Wir zeigen also nicht nur die Relevanz des
Themas, sondern liefern Praxisansätze, wie man beispielsweise sein Engagement messen und gezielt kommunizieren kann. Als Wirtschaftsförderer verstehen wir uns hier
nicht als Unternehmens- oder CSR-Berater, sondern wir
machen die Betriebe soweit thematisch fit, damit sie sich
gegebenenfalls für die individuelle Umsetzungsbegleitung
eine externe Expertise gezielt einkaufen können. Einen sehr
hohen Stellenwert bei den Unternehmen hat seit jeher der
persönliche Austausch untereinander. Im „CSR-Club OWL“
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 39
PRAXISBEISPIEL
etwa organisieren wir regelmäßige Meetings für die Nachhaltigkeits-Verantwortlichen und CSR-Fachleute in den Betrieben. Gerade die Vernetzung mit anderen Akteuren in der
Region macht nicht nur inhaltlich Sinn, sondern bietet einer Region auch einen echten Mehrwert, um sich in einem
nachhaltigen Ökosystem kontinuierlich weiterzuentwickeln. Beispielhaft zeigt dies auch die hohe Resonanz und
die breite Kooperation bei der regelmäßigen Verleihung des
„CSR Preises OWL“ für besonders engagierte Unternehmen
in der Region.
Welche Erkenntnisse nehmen Sie aus dem Projekt mit, die
Sie auch anderen Regionen oder Kommunen mit auf den
Weg geben können?
Es gelten auch hier die klassischen Erfolgsfaktoren der
Wirtschaftsförderung: Bei den dringenden Problemen der
Betriebe ansetzen, also z. B. beim Thema Fachkräfte. Gute
Praxisbeispiele zeigen und Erfolge highlighten. Unternehmen zusammenbringen und das Networking forcieren. In
Partnerschaften denken und Themen gemeinsam bearbeiten. Wir sind sicher, dass die Nachfrage und die Herausforderungen rund um Unternehmensverantwortung und
Nachhaltigkeit weiter steigen – auch und gerade für KMU.
Stichworte sind das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz,
der European Green Deal, die CSRD- oder auch die EU-Taxonomieverordnung. Es lohnt sich also, jetzt vertieft in die
Thematik einzusteigen.
40 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
6
FAZIT
Wirtschaftsförderungen sind wichtige Akteure
für die Transformation zu Nachhaltigkeit und
Klimaneutralität vor Ort
Wirtschaftsförderungen, das zeigt die Studie, können auf unterschiedlichste Weise zu einem integralen Bestandteil des
kommunalen Pfads zu Nachhaltigkeit und Klimaneutralität
werden. Dafür ist es nötig, dass sie ihre Angebote auf die
Bedarfe der Nachhaltigkeitstransformation zuzuschneiden
und Handlungsfelder wie die Energiewende, Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft oder CSR direkt zu adressieren. Die
Beispiele dieser Studie zeigen, dass hier bereits ein Wandel
stattgefunden hat. Die ggf. anfängliche Skepsis gegenüber
Nachhaltigkeitsprojekten ist auch bei vielen Unternehmen
einer stärkeren Ausrichtung auf Nachhaltigkeit gewichen.
Die Befragung belegt, dass Wirtschaftsförderungen bisher
vor allem dort tätig sind, wo sie durch unmittelbaren Einfluss
die Entwicklung in den Kommunen mitsteuern können, beispielsweise in der Gewerbeflächenentwicklung. Insbesondere der Transfer von Wissen und Know-how zu den vielfältigen
Themen der Nachhaltigkeitstransformation in den Unternehmensbestand wird als zentrale Herausforderung für Wirtschaftsförderungen deutlich.
Um Nachhaltigkeitsziele in den Kommunen zu erreichen,
muss sich die Umsetzungsgeschwindigkeit von Nachhaltigkeitsmaßnahmen erhöhen. Auch die Wirtschaftsförderungen
sind gefordert, entsprechende Angebote zu entwickeln. Es
bestätigt sich, dass die Bewältigung der Nachhaltigkeitstransformation in den kommenden Jahren zu einer der zentralen
Herausforderungen und ein wichtiges Aufgabengebiet für
Wirtschaftsförderungen sein wird.
Da das Themenfeld auch innerhalb von Wirtschaftsförderungen vielfältig ist, ist es wichtig, durch eine enge Zusammenarbeit mit anderen Stellen der Verwaltung und
kommunaler Beteiligungen (z. B. kommunale Planung, Klimaschutzmanagement, Energieversorgung) Synergien zu
erzeugen und somit auch die eigene Wirkkraft zu erhöhen.
Nicht alle Wirtschaftsförderungen sind gleich,
aber alle können profitieren
Wie tief die Wirtschaftsförderungen bereits in das Themenfeld
Nachhaltigkeit eingestiegen sind, ist häufig eine Frage der
Größe und damit der Kapazitäten und Ressourcen. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass Nachhaltigkeitsmaßnahmen in
Wirtschaftsförderungen sehr vielfältig sind. Das bedeutet:
Nicht jede Kommune muss und kann jede der beschriebenen
Maßnahmen umsetzen, aber jede Kommune kann auf ihre Art
Akzente setzen. Kleine Kommunen profitieren von der engen
Verzahnung von Planung, Wirtschaftsförderung und dem direkten Draht zu Bürgermeister:innen und kommunaler Politik.
Sie haben damit die Möglichkeit, innerhalb der Kommunen
die Rahmenbedingungen für die Nachhaltigkeitstransformation mitzubestimmen. Themen wie Innovations- und Wissenstransfer können dagegen vor allem in größeren, oft regionalen Wirtschaftsförderungen umgesetzt werden. Diese sind
eher in der Lage, regionale Netzwerke zu Kompetenzträgern
wie Hochschulen oder Transferinstitutionen zu pflegen. Aus
dem Zusammenspiel von kommunalen und regionalen Wirtschaftsförderungen ergeben sich erhebliche Potenziale für
die Nachhaltigkeitstransformation.
Die Auswahl der richtigen Maßnahmen ist dabei auch abhängig von der Wirtschaftsstruktur. Regionen mit einem hohen Anteil an energie- und ressourcenintensiver Produktion
können beispielsweise in den Bereichen Energieeffizienz
und Kreislaufwirtschaft ansetzen. Für Kommunen mit hohem
Dienstleistungsbesatz können Maßnahmen aus dem Bereich
CSR erfolgsversprechender sein.
Kommunen sind häufig weiter in der Nachhaltigkeitstransformation als Unternehmen
Die Ergebnisse der Befragung lassen eine hohe intrinsische
Motivation zur Umsetzung der Nachhaltigkeitstransformation bei kommunalen Stakeholdern erkennen. So gelten die
Hauptverwaltungsbeamten, die Verwaltung und die Kommunalpolitik als die wichtigsten Treiber der Nachhaltigkeitstrans-
NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG | 41
formation, während Unternehmen und Unternehmensverbände dort bisher eher unterrepräsentiert sind.
Dies birgt für die Wirtschaftsförderungen eine große Chance, Maßnahmen und Angebote zu entwickeln, die auf eine
breite Akzeptanz bei Stakeholdern in den Kommunen stoßen. Gleichzeitig zeigen die Best-Practices aus Augsburg
und Stolberg, dass auch in Unternehmen die Bereitschaft zur
Umsetzung der Nachhaltigkeitstransformation wächst und
Unternehmen auch durch äußere Zwänge wie Energie- und
Rohstoffpreise verstärkt gezwungen sind, sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Sie können durch entsprechende
Erfolge selbst zu Treibern der nachhaltigen Entwicklung werden. Die Angebote von Wirtschaftsförderungen fallen damit
mehr und mehr auf einen fruchtbaren Boden.
Nicht alles muss anders gemacht werden
Die Umsetzung der Nachhaltigkeitstransformation auf der
Ebene der Wirtschaftsförderungen bedeutet nicht, dass
grundlegend neue Angebote entwickelt werden müssen. Bestehende Initiativen können oft an die neuen Anforderungen
angepasst werden.
Wirtschaftsförderungen müssen sich nicht neu erfinden. Im
Grunde sind auch in der Nachhaltigkeitstransformationen
die Kernkompetenzen in der Bestandspflege gefragt: In allen in dieser Studie beschriebenen Handlungsfeldern bildet
der Wissens- und Kompetenztransfer einen entscheidenden
Baustein der Transformation. Wirtschaftsförderungen sollten
daher Multiplikatoren, Vernetzer und Ansprechpartner für Unternehmen sein und durch die Förderung des Know-hows in
den relevanten Themen einen Beitrag dazu leisten, Unternehmen zur Transformation zu befähigen. Eine serviceorientierte
Wirtschaftsförderung ist dabei stets an den Bedarfen der Bestandsunternehmen ausgerichtet .
Im Fokus steht die Modernisierung der
regionalen Wirtschaftsstruktur
Ergebnisse der Nachhaltigkeitstransformation, sind aus Sicht
der Wirtschaftsförderung nicht Verzicht und Schrumpfung,
sondern eine Modernisierung der Wirtschaftsstruktur. Diese
kann die Zukunftsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit
42 | NACHHALTIGKEIT IN DER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG
der lokalen Wirtschaft fördern und eine Vielzahl neuer, qualifizierter Arbeitsplätze generieren, während durch die technologische Entkopplung von Wachstum und Ressourcenverbrauch die Treibhausgasemissionen deutlich reduziert
werden.
Dies ermöglicht es, die gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen und die Resilienz und Anpassungsfähigkeit der Wirtschaftsstruktur gegenüber exogenen disruptiven Ereignissen
und Umbrüchen, wie etwa Strukturbrüchen, Wirtschaftskrisen
und internationalen Krisen, deutlich zu stärken.
Darüber hinaus kann auch das Image von Unternehmen
und des gesamten Wirtschaftsstandorts dauerhaft profitieren
Maßnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit, insbesondere
der ökologischen Verträglichkeit und der sozialen Inklusion
können auch die Gewinnung von Fachkräften im zunehmenden Fachkräftemangel entscheidend unterstützen.
Eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirtschaftsförderung
wird damit für viele Standorte ein entscheidender Baustein,
um die Zukunftsfestigkeit unserer Städte und Regionen zu
sichern und neue Perspektiven für die Standorte zu eröffnen.
1.1.
NOTIZEN
BISHER IN DIESER REIHE ERSCHIENEN
No. 169
Klimaschutz und Klimaanpassung
10/2022
No. 168
Bewegung in der Stadt
09/2022
No. 167
Das neue Baulandmobilisierungsgesetz
04/2022
No. 166
Hitze, Trockenheit und Starkregen
01/2022
No. 165
Wasserstoff im kommunalen Einsatz
12/2021
No. 164
Friedhöfe im Wandel der Zeit
12/2021
No. 163 Auslaufende Konzessionsverträge
09/2021
No. 162
Bevölkerungsschutz in Städten und Gemeinden
08/2021
No. 161
Bundeswehr und Kommunen
08/2021
No. 160
Kommunale Außenbeleuchtung – draußen wird es digital
08/2021
No. 159
Freibäder in Kommunen
07/2021
No. 158
Förderung des Radverkehrs in Städten + Gemeinden
04/2021
No. 157
Kommunen innovativ
11/2020
No. 156 Infobaukasten Mobilfunk
10/2020
No. 155
10/2020
Insektenfreundliche Kommune
No. 154 Deutsche und Türkische Integrationskonzepte in KommunenIntegration
als gesamtgesellschaftlicher Auftrag
No. 153
09/2020
Kommunen gestalten Ernährung –
Neue Handlungsfelder nachhaltiger Stadtentwicklung
1/2020
No. 152
Einsatz von Gasbussen im ÖPNV –
Ein Beitrag zum Klimaschutz und zur Luftreinhaltung
9/2019
No. 151
EU-Beihilfenrecht in der kommunalen Praxis
6/2019
No. 150
Vielfalt leben – Anregungen und Praxisbeispiele für das Älterwerden
und Teilhaben im Quartier
No. 149
3/2019
Wasser in der Stadt – Planungsinstrumente, Risikomanagementsysteme
und Entwicklungskonzepte aus der BMBF-Fördermaßnahme
ReWaM
1/2019
No. 148
6/2018
Mobilfunk – Gestern-Heute-Morgen
No. 147 Bezahlbaren Wohnraum schaffen – Kommunale Instrumente
der Baulandmobilisierung
3/2018
No. 146
Genossenschaften und Komunen – Erfolgreiche Partnerschaften
1/2018
No. 145
Elektromobilität bei kommunalen Nutzfahrzeugen –
Einsatzfelder, Anwendungsbeispiele und vergaberechtliche Anforderungen 11/2017
No. 144 Auslaufende Konzessionsverträge –
Ein Leitfaden für die kommunale Praxis – 3. Auflage
No. 143
10/2017
Kommunale Beleuchtung – wirtschaftliche, technische
und rechtliche Rahmenbedingungen
9/2017
Diese und frühere Dokumentationen stehen im Internet unter www.dstgb.de > Publikationen zum Download zur Verfügung.
Marienstraße 6 · 12207 Berlin
Telefon 030 77307-0
Telefax 030 77307-200
dstgb@dstgb.de
www.dstgb.de
© 2023 – ein Produkt der DStGB Dienstleistungs GmbH