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Das "alte Haus"

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

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Das „alte Haus“ 
Vom Boahnsteig läutete die Glocke zum Einsteigen. Ich 
hatte keine Zeit mehr, dem Manne zu antworten, vielleicht hätte 
ich ihm in dem Augenblick auch nichts zu antworten vermocht. 
Nur in die Augen konnte ich ihm sehen, die Hand ihm drücken, 
dann mußte ich fort. 
Die Männer, die mit ihm zusammensaßen, hatten alle 
die Augen auf mich gerichtet, und indem ich mich nach der Tür 
wandte, nickten sie mir schweigend zu, als wollten sie bekräftigen 
und bestätigen, was jener mir gesagt haͤtte. 
Es ist lange her seitdem, aber der Vorgang lebt in meiner 
Seele, als hätte er sich gestern zugetragen. Wer waren diese 
Männer? Einfache Bürger von Hannover; und in den Herzen 
dieser einfachen Männer war ein solches Bewußtsein von der 
Kraft und Gewalt der dramatischen Dichtung, daß sie in einem 
Drama eine politische Tat-Handlung erblickten. 
Wenn ich damals hätte in die Zukunft sehen können! Wenn 
ich damals diesen Leuten hätte sagen müssen: „In zehn Jahren 
wird es so stehen, daß in Hannover überhaupt keine Stätte 
mehr sein wird für die große dramatische Dichtung, in zehn 
Jahren wird es kein königliches Theater in Hannover mehr 
geben!“ Denn dieses war es, was ich neulich geträumt habe. 
dies ist es, was mich im Wachen verfolgt. 
Mir träumte, ich stände im königlichen Theater zu Hanno— 
ver, ganz einsam in dem weiten, schönen, feierlich geschmückten 
Raum. 
Vom herabgelassenen Vorhange blickte Gott Apoll hernieder, 
auf dem Wagen stehend, von weißen Rossen gezogen. Ein tiefes 
Schweigen herrschte. Und plötzlich war mir, als würde von 
draußen ein Wort hereingeflüstert, ganz heimlich und leise, als 
schämte und fürchtete es sich vor sich selbst: „Schließt zu.“ 
Und das Geflüster lief durch alle Sitzreihen, durch alle Ränge, 
hinauf und hinunter, bis daß es wie ein schwerer, dumpfer 
Seufzer durch das Haus rauschte: „Schließt zu.“ Der gemalte
	        
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