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Das "alte Haus"

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

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Das „alte Haus“ 
nur plötzlich der törichte Gedanke)y? Wenn so etwas denkbar 
wäre, dann müßte es ja auch denkbar sein, daß ein preußischer 
König die Hand von dem Hause nähme, daß er von der Über⸗ 
lieferung seiner Ahnen abwiche und sagte: „Ich gebe nicht 
länger“ — und das ist nicht denkbar, das weiß ein jeder, das 
ist unmöglich. Denn die preußischen Könige sind ja Hohen— 
zollern und werden es sein, und es hat noch keinen Hohenzollern 
gegeben, der nicht gewußt hätte, was die dramatische Kunst für 
ein Volk bedeutet, die dramatische Kunst, die große Volks— 
rednerin, die Erklärerin der Weltgeschichte, die gütige Mutter, 
die uns von Leiden und Freuden der häuslichen vier Wände 
erzählt, die weisheitsvolle Erlöserin der Menschheit vom Drucke 
des Alltags, von der Last der Wirklichkeit. — Wenn das Haus 
nicht wäre — wenn ich nur begriffe, wo er plötzlich herkommt, 
dieser Gedanke, der früher nicht da war, und der nun auftaucht 
und quält, nagt, wie eine häßliche, böse Sorge, die man nicht 
hören, über die man sich hinwegsetzen will, und die sich dennoch 
wie ein Insekt in den Grund unserer Seele bohrt und plötzlich, 
während wir ruhig und heiter sind, mit boösen Augen zu uns 
aufblickt und uns zuflüstert: „Ich bin da, ich bin noch immer 
da.“ Wo mag er herkommen? Vielleicht daher, daß ich neulich 
einen bösen, schweren, quälenden Traum gehabt habe. 
Dieser Traum nämlich führte mich weit von Berlin hinweg, 
in eine andere Stadt, und dieses war die Stadt Hannover. 
Inmitten der Stadt Hannover nämlich, auf dem Georgsplatze, 
in weitem Kreise von den malerischen Häusern der malerischen 
Stadt umrahmt, steht auch so ein altes, schönes, ehrwürdiges 
Haus, und wenn die Hannoveraner daran vorübergehen, dann 
fühlen sie dasselbe, was die Berliner fühlen, wenn sie an ihrem 
y) Veranlassung gab das mit großer Bestimmtheit auftretende 
Gerücht, die Krone beabsichtige aus Ersparnisgründen das Hof- 
theater in Hannover als königliches Theater eingehen zu lassen. 
A. d. H.
	        
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