Marie von Olfers
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strömte herbei. Es war dort ein großes „Berliner Zimmer“,
köstlich unregelmäßig gebaut, mit lauschigen Winkeln und Ecken;
seiner gelb tapezierten Wände halber hieß es der „gelbe Saal“.
In diesem, damals in Berlin berühmten gelben Saale habe
auch ich Marie von Olfers kennen gelernt. Hier sah ich zum
ersten Male auf Tellern und Tassen, Schalen und Schüsseln
jene märchenhaft duftigen Malereien und Sinnsprüche, mit
denen sie das ganze Hausgerät ihrer Familie geschmückt hatte;
hier sah ich Marie von Olfers am Klavier; hier wurden von
Zeit zu Zeit kleine, von ihr verfaßte Theaterstücke aufgeführt;
und wenn sie dann, liebenswürdig, wie nur bedeutende Men—
schen es sein können, den Bedürfnissen der Gäste als Wirtin
vorsorgte, fühlte ich staunend, welchen Schatz von menschen—
beglückenden Fähigkeiten die Natur diesem reich beanlagten
Wesen verliehen hatte.
Aber ein Licht muß leuchten, und ein großes Talent wird
bekannt, — das ist ein alter Satz, und die Stunde kam, da
auch andere Augen, als die der Familienmitglieder und Haus—
freunde, sich an Marie von Olfers' Malereien erfreuen sollten.
Bei Amsler & Ruthardt erschien zuerst eine Mappe ihrer
Zeichnungen, und dieser folgten im Buchhandel Märchen, von
ihr selbst geschrieben und illustriert. Daneben breiteten sich ihre
Fayencemalereien aus und fanden Bürgerrecht in immer mehr
Familien. Ihre Gestalten, die anfänglich beinahe zu sylphenhaft
über den harten Boden der Wirklichkeit dahingeflattert waren,
gewannen immer mehr körperliche Macht, und ihren Majolika—
arbeiten ward auf der diesjährigen Weihnachtsausstellung im
Architektenhause die verdiente Anerkennung zuteil.
Soweit die Malerin — nun die Dichterin.
Eine kleine, in R. v. Deckers Verlag erschienene Er—
zählung, „Frau Eochen“, bezeichnet den ersten schüchternen
Schritt, mit dem sie die gedruckte Welt betrat, und alles
Rührende, was solch ein erster Schritt besitzt, zeigte dieser. Be—
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