Path:
Simson und Delila

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

42 
Simson und Delila 
zu gehen. Wir hoffen, daß der Verfasser daraus entnehmen 
wird, daß unsere Angriffe nicht seiner dichterischen Personlichkeit 
galten, welche uns, wir wiederholen es, edel und wohltuend aus 
seinen Versen entgegentritt, aber „die Sache will's, die Sache 
will's, mein Herz“. Jene Kritik, die mit einem Mundwinkel 
lobt und mit dem andern tadelt, kann ja niemandem erwünscht 
sein, dem es um die heilige Sache Ernst ist. Und wir betonen 
noch einmal, daß unsere Besprechung nicht dem vorliegenden 
Drama allein, sondern allen denen gilt, die als sogenannte 
„ideale“ auftreten und die von den Mustern der idealen Meister 
gerade so weit entfernt sind, wie Overbecks und der Nazarener 
Bilder von den Werken Raphaels und Michelangelos. 
Man schilt die Menschen unserer Zeit materialistisch, wir 
glauben, daß sie nicht sowohl materialistisch als realistisch sind. 
Sie wollen allerdings auf der Bühne mit Händen greifen und 
mit Augen sehen. So war es zu Shakespeares Zeiten auch; 
und seine große Wirkung entstand daraus, daß er sein Publikum 
vor eine Fülle neuer großer, tatsächlicher Ereignisse stellte, und 
sie von Figuren tragen ließ, die mit warmem, natürlichem und 
großem Gefühle erfüllt waren. Darum, ihr deutschen Dramatiker, 
laßt die Stürme, die ihr entfacht, wirklich Stürme in Fleisch 
und Blut, nicht bloß in Gedanken sein; werft Tatsachen auf die 
Bühne, laßt Bedeutendes geschehen. Sind die Taten da, dann 
werden die poetischen Worte, gleich den Blättern am gesunden 
Baume, von selbst daraus entsprossen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.