„Landgraf, werde hart!“
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und fühlt. Wie einen ungeheuren Reichtum hatte Deutschland
ihm seine Sprache dahingegeben, wie einen funkelnden Schatz
von Edelsteinen, aus denen man alles anfertigen kann, Waffen
und Schmuck. Er schmiedete sich Waffen daraus und formte
sich daraus ein Geschmeide, das er wie ein Diadem sich auf das
Haupt setzte. Und als er das alles empfangen, genossen und
getan — was war sein Dank an Deutschland? Daß er wie
ein Rasender in die Welt hinausschrie: „Ich bin kein Deutscher!
Will keiner sein, sondern ein Pole, ein Pole, ein Pole!“
Ja, Deutschland — manchmal zur Nacht, wenn statt des
Schlafes die Gedanken über mich kommen, dann erscheinst du
vor meines Geistes Augen, auf einsamer Klippe im Meer, ein
einsames Weib, von Haifischen umfletscht, von Seeteufeln um—
glotzt, von Spottoögeln umkrächzt. Wie du dasitzest, mit den
breiten Hüften, der mächtigen Brust, ein Mutterweib, nicht nur
Mutter deiner eigenen Kinder, sondern eine Mutter der Welt;
denn allen hast du gegeben, alle haben an deinen Brüsten ge—
legen, und an der Milch, die sie von dir getrunken, haben
einige von ihnen sich überhaupt erst zum Menschen herangesäugt.
Wenn du den Fuß doch erheben wolltest, den weichen, weißen
Fuß, der jetzt so träge ruht, und dem Gezücht aufs Haupt
treten wolltest, das dich umkreist! Einmal hast du's ja gekonnt
und einmal getan; entsinnst du dich nicht mehr? Als „der aus
dem Sachsenwalde“ kam und zu dir sagte: „Komm, jetzt müssen
wir reiten — ich setze dich in den Sattel!“
Wie sie da sprachlos wurden, die Schreihälse, als in deinen
träumenden, blauen Augen der Zorn aufbrach, wie sie zurück-
taumelten, als das Mutterweib zur Jungfrau wurde, zur streit⸗
baren, zur Walküre! Entsinnst du dich nicht mehr? Gerade
ein Menschenalter ist es her. In dem Menschenalter ist ein
neues Geschlecht von Kindern dir herangewachsen, eine neue
Generation. Was hat diese neue Generation dir gegeben und
gebracht? Neue Wege zum Gewinn haben sie sich erschlossen;
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