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„Landgraf, werde hart!“
Sprache, die dir schöner klingt als deine eigene. Und was hörst
du aus ihren Worten? Schmähungen wider dich!
Nun, ihr Deutschen, habt ihr Stolz im Leibe, daß ihr
schweigend ihre Schmähungen verachten könnt? Ihr könnt es
nicht. Klagend tretet ihr vom Fenster zurück, klagend und
jammernd: „Ach, wie sie ungerecht sind! Wie sie mich ver—
leumden! AUnd ich bin doch nichts als nur ein artiges Kind!
Was können wir tun, daß wir sie besänftigen? Bescheiden
wollen wir sein, doppelt bescheiden, und so wird es uns ge—
lingen, wir werden sie versöhnen.“
Ihr wollt sie versöhnen? Weichmütige Toren, meint ihr,
die da draußen wären so temperamentlos wie ihr? Wißt ihr,
was die da draußen einzig und allein versöhnt? Daß ihr nicht
mehr da seid; daß ihr aufhört, zu sein! Wollt ihr damit
Frieden von ihnen erkaufen und ihre Gunst? Und daß ich es
aussprechen muß von der Nation, zu der ich gehöre, die ich
liebe — es ist wirklich in der deutschen Natur solch ein Zug,
solch ein unfaßbar- unerhörter, selbstmörderisch-selbstbefleckerischer,
solch ein Drang zum Renegatentum, der den Deutschen treibt,
sein Land zu verkaufen, zu verlassen, zu verraten, seine an⸗
geborene Nationalität von sich abzustreifen wie einen alten,
schlechten Rock, seine Muttersprache, sogar seinen Namen zu
oergessen, zu den Fremden zu laufen, bei ihnen unterzukriechen
und bei ihnen wieder aufzutauchen als ein neuer Mensch, ein
nicht mehr Deutscher; und wenn's der feindlichste von allen
Feinden wäre.
Wißt ihr, was man einen typischen Vorgang nennt? Soll
ich euch einen erzählen? Habt ihr von dem deutschen Manne
gehört, dessen Geist wie eine Flamme über die Welt ging, dem
großen deutschen Philosophen unserer Tage? Wie ein Kind
an überströmender Mutterbrust, so hatte sein Geist sich an
Deutschlands Geist genährt, sein Wissen an seinem Wissen, sein
Ahnen und Fühlen an allem, was in Deutschlands Seele ahnt