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Zeitgenossen über Zeitgenossen

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

Zeitgenossen über Zeitgenossen 
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Weber, ich liebte Hoffmann, aber beide waren, längst gestorben, 
bevor ich geboren wurde, historische Persönlichkeiten für mich 
geworden, und eine historische Tatsache, die keine individuellen 
Leidenschaften mehr erweckt, auch der Kampf zwischen ihnen. 
Da begegnete mir eines Tages im Hause meines verstorbenen 
Freundes Mar Jähns) dessen Vater, der Musiker und Musik— 
schriftsteller, der Biograph und leidenschaftliche Anhänger We— 
bers, Friedrich Wilhelms Jähns, der beide Männer noch aus 
eigener lebendiger Anschauung gekannt hatte. Das Gespräch 
kam auf besagten Kampf, und nun erlebte ich etwas Merk—⸗ 
würdiges: Kaum daß ich den Namen Hoffmanns genannt hatte, 
so erfaßte etwas wie ein Krampf, ein Wutkrampf den alten 
Mann; sein schönes, für gewöhnlich so freundliches Gesicht ver⸗ 
finsterte sich, seine Augen rollten, seine lange Gestalt reckte sich; 
„o dieser Hoffmann,“ stöhnte er, „dieser Mensch, dieser Mensch! 
Lassen Sie sich erzählen.“ Er nötigte mich auf einen Stuhl 
neben sich und erzählte. Und das, was ich da vernahm, ist 
mir, obschon es zum Teil unfreiwillig drolliger Art war, als 
ein ernsthaftes Erlebnis unvergeßlich geblieben. Denn ich er⸗ 
fuhr damals das Übergewicht, mit dem eine aus eigener sinn⸗ 
licher Anschauung hervorgehende Erzählung jede, auch die 
lebendigste schriftliche Berichterstattung übertrifft. Menschen und 
Dinge, die für mich nur noch historische gewesen waren, wurden 
mir zu unmittelbar gegenwärtigen, an deren Freund- und Feind⸗ 
schaften ich Anteil nahm, als lebte ich mitten darunter und 
darin. An der Hand des alten Jähns, der 1821 noch ein 
Knabe gewesen war, schlich ich mich zu den Proben des „Frei⸗ 
schütz“ ins Schauspielhaus, beäugte aus dunkler Ecke die zierliche 
Gestalt Karl Maria von Webers, der am Dirigentenpult die 
Proben leitete; ich sah den Intendanten Grafen Brühl am 
Schluß der Probe an die Namve der Bühne treten, sah, wie 
Vgl. oben den Aufsatz „Marx Jähns“ S. 197 ff. A. d. H.
	        
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