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Faust in Weimar
man die Devrientsche Bearbeitung kennen gelernt — sondern
in dieser oder nach Vorbild dieser, das ist eine noch größere,
noch dringendere Pflicht. Die Berliner Hofbühne leidet an
einer Krankheit, die lächerlich erscheinen würde, wenn sie nicht
zu so traurigen Ergebnissen führte, am Furcht-Fieber vor dem
Publikum. Wir haben schon oben gesagt, wie unbegründet
diese Befürchtungen und worauf sie zurückzuführen sind. Wo—
durch hat es denn das Berliner Publikum verdient, daß man
eine so geringe Meinung von ihm hegen, daß man nicht wagen
darf, den Faust ihm ungeschmälert vorzuführen? Es wäre über
diesen Punkt so übermäßig viel zu sagen, daß wir es auf eine
andere Gelegenheit verschieben und für heute endigen wollen.
Hätte Apoll nicht seit Jahrzehnten gezeigt, daß er vom deutschen
Theater nichts mehr wissen will, so würden wir zum Schlusse
sagen: „Gott bessere es.“ Weil wir das also nicht können,
rufen wir den trefflichen Weimaranern von ganzem Herzen zu:
„Habt Dank!“ Und wenn Krittler und Mäkler an eurem Werke
zerren, so denkt der Schlußworte in Goethes neu veröffentlichter?)
Parabel, die Eblis: „Es können die Eblis, die uns hassen,
Vollkommenes nicht vollkommen lassen.“
y Aprilheft 1878 der deutschen Rundschau.