Alt⸗Berlin
t⸗-Berlin und altes Berlin!) — dazwischen ist
ein Unterschied. Gibt es überhaupt ein altes
Berlin? Ich meine, solch einen alten, granite—
nen Kern, dem man ansieht, daß die übrige
Stadt langsam, Glied für Glied, Ring um
Ring daraus heraus⸗, darum herumgewachsen
ist? Ich kenne keinen. Höchstens die alte
Marienkirche mit ihrer einstigen Umgebung — durch die jetzigen
Umbauten ist auch das alles charakterlos modernisiert — und
die an der Spree gelegenen alten Teile des königlichen Schlosses.
Die Wurzeln Berlins strecken sich eben nur in die Jahrhunderte,
nicht in die Jahrtausende, wie die von anderen Großstädten.
Aber ein Alt-⸗Berlin, ja, das ist vorhanden. Eine Stadt von
Gebäuden, die, wenn auch nicht sehr alt, so doch älter als wir,
sich üuber uns Heutigen emporrecken, wie die Köpfe von Leuten,
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9 Die Redaktion des Berliner Lokal-Anzeigers leitete unter
der Äberschrift „Zur Neuentdeckung des alten Berlin“ diesen Auf—
satz mit folgenden Worten ein: „Rastlos ist die neue Zeit über das
alte Berlin hinweggeschritten. Aus der kleinbürgerlichen Beamten⸗
und Garnisonstadt ist die strahlende Metropole geworden. Aber
wie immer der Glanz des gewaltigen Gemeinwesens leuchten mag —
mit stiller Wehmut denken wir der heimlichen Winkel und Gassen
Alt-Berlins, die heute schon zum großen Teil der Spitzhacke zum
Opfer gefallen sind. Was aber noch geblieben ist von dem Berlin
unserer Vorfahren, das haben wir festzuhalten getrachtet, indem
wir die ersten und besten Kenner des verschwindenden Berlins ge⸗
beten haben, uns die heimlichen Plätze mit ihren architektonischen
und landschaftlichen Schönheiten, mit ihren persönlichen und ge—
schichtlichen Erinnerungen zu schildern. Es liegen uns wertvolle
Beiträge vor von Reinhold Begas, Geh. Rat E. Friedel, dem
Königl. Tiergartendirektor Freudemann, Friedrich Haase, Prof. Jo⸗
hannes Böse, Stadtbaurat Hoffmann, Otto Sommerstorff und
Prof. Georg Voß, die wir in zwangloser Folge veröffentlichen
werden. Heute geben wir unserem vaterländischen Dichter Ernst
von Wildenbruch als dem ersten das Wort.“