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Björnstjerne Björnson. Der Dramatiker. Einige Gedanken

Full text: Blätter vom Lebensbaum / Wildenbruch, Ernst von (Public Domain)

Björnstjerne Björnson 
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Kraft zerbrechen muß, der Wunder tun, an Wunder glaubt und 
glauben machen will?“ Töorichte Fragen, und ein verfehltes 
Tun! Der große Dichter will überhaupt nie etwas beweisen. 
Alles was er will und tut, ist dies, daß er Tatsachen erzählt, 
Tatsachen, die er aus seinem Innern als Gewißheiten schöpft. 
Die Schlußfolgerung daraus zu ziehen überläßt er uns. Die 
Tatsache, die Björnstjerne Biörnson in diesem seinem Werke 
vor uns hinstellt, ist, meines Erachtens, die, daß es Menschen 
geben kann und gibt, die so über den Durchschnitt der Menschheit 
hinausragen, wie dieser Pfarrer Adolph Sang es tut, daß es 
Verhältnisse zwischen Menschen geben kann und gibt, die so 
den konventionellen Menschenverkehr überragen, wie das zwischen 
Adolph Sang und Klara, seiner Frau es tut. Diese Tatsache 
ist durch das Stück als eine unwiderlegliche Gewißheit vor 
unsere Augen gestellt. 
Unsere Sache nun, die Schlußfolgerung daraus zu ziehn 
und dafür zu sorgen, daß es die richtige sei. Diese Schluß— 
folgerung aber, welche ist es? Es ist die, daß es ein Irrtum 
ist, überall da, wo uns etwas entgegentritt, was über die so— 
genannte „Natürlichkeit“ hinausgeht, immer gleich von „Wunder“ 
zu sprechen. Ein Irrtum, weil auf der irrigen Anschauung 
beruhend, als wäre diese „Natürlichkeit“, die ja doch nichts 
anderes ist, als das Leben, das wir leben, das wir atmen, das 
uns umkleidet und umgibt, das leibliche und seelische, als wäre 
es ein erforschtes und erkanntes Ding, gewissermaßen ein ab— 
geschlossenes Rechenexempel, innerhalb dessen alles stimmt und 
klappt, und außerhalb dessen es nichts Vernünftiges gibt. Diese 
Auffassung, aus der schließlich die schlimmste aller Weltanschau— 
ungen, die triviale hervorgeht, ist ein Irrtum, weil in Wahrheit 
diese „Natürlichkeit“, dieses unser Sein und Leben ein Ge— 
heimnis, ein ungeheueres, unergründetes, vielleicht nie zu er— 
gründendes ist. In unsichtbaren Tiefen ruht das Arfeuer, das 
unser Dasein und das Leben der Welt nährt, und wir, das 
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