Björnstjerne Björnson
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Kraft zerbrechen muß, der Wunder tun, an Wunder glaubt und
glauben machen will?“ Töorichte Fragen, und ein verfehltes
Tun! Der große Dichter will überhaupt nie etwas beweisen.
Alles was er will und tut, ist dies, daß er Tatsachen erzählt,
Tatsachen, die er aus seinem Innern als Gewißheiten schöpft.
Die Schlußfolgerung daraus zu ziehen überläßt er uns. Die
Tatsache, die Björnstjerne Biörnson in diesem seinem Werke
vor uns hinstellt, ist, meines Erachtens, die, daß es Menschen
geben kann und gibt, die so über den Durchschnitt der Menschheit
hinausragen, wie dieser Pfarrer Adolph Sang es tut, daß es
Verhältnisse zwischen Menschen geben kann und gibt, die so
den konventionellen Menschenverkehr überragen, wie das zwischen
Adolph Sang und Klara, seiner Frau es tut. Diese Tatsache
ist durch das Stück als eine unwiderlegliche Gewißheit vor
unsere Augen gestellt.
Unsere Sache nun, die Schlußfolgerung daraus zu ziehn
und dafür zu sorgen, daß es die richtige sei. Diese Schluß—
folgerung aber, welche ist es? Es ist die, daß es ein Irrtum
ist, überall da, wo uns etwas entgegentritt, was über die so—
genannte „Natürlichkeit“ hinausgeht, immer gleich von „Wunder“
zu sprechen. Ein Irrtum, weil auf der irrigen Anschauung
beruhend, als wäre diese „Natürlichkeit“, die ja doch nichts
anderes ist, als das Leben, das wir leben, das wir atmen, das
uns umkleidet und umgibt, das leibliche und seelische, als wäre
es ein erforschtes und erkanntes Ding, gewissermaßen ein ab—
geschlossenes Rechenexempel, innerhalb dessen alles stimmt und
klappt, und außerhalb dessen es nichts Vernünftiges gibt. Diese
Auffassung, aus der schließlich die schlimmste aller Weltanschau—
ungen, die triviale hervorgeht, ist ein Irrtum, weil in Wahrheit
diese „Natürlichkeit“, dieses unser Sein und Leben ein Ge—
heimnis, ein ungeheueres, unergründetes, vielleicht nie zu er—
gründendes ist. In unsichtbaren Tiefen ruht das Arfeuer, das
unser Dasein und das Leben der Welt nährt, und wir, das
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