Björnstjerne Björnson
417
dürfte leugnen, daß dieses bei Björnstjerne Björnson manchmal
geschehen, daß seine Seele mit seinen Stücken manchmal durch-
gegangen ist? — Aber es ist ein AUnterschied, ob solches Ab—
weichen vom dramatischen „Richtgang“ aus Armut geschieht,
oder aus übergroßem Reichtum. Da wo letzteres, wie bei
Bibrnson, der Fall ist, da gewinnt die dichterische Persönlich-
keit, was das geschlossene Werk verliert. Da kann es sich dann
ereignen, daß gerade aus diesem Überwuchern der Persönlichkeit
Werke entstehen, die nach einem andern Maßstab betrachtet
werden müssen als dem bühnentechnischen, weil sie keiner drama—
tischen Gattung angehören, sondern eine Art für sich darstellen,
etwas Einziges; und solch ein Werk ist Bijörnstjerne Björnsons
„Uber unsere Kraft“. Daß dieses Werk in Deutschland so
tiefen Eingang, so begeisterte Liebe gefunden hat, das hat mich
auf Deutschland stolz gemacht. „Laßt mich sehn, was der
Mann für Gestalten in sich trägt, und ob es Bestandteile
seines eigenen Innern sind,“ so habe ich gesagt, — nun denn
— wer einen „Pfarrer Adolph Sang“ in sich trägt, der muß
selbst von denen sein, von denen belebender Hauch ausgeht,
wie von Adolph Sang, bei dessen Eintritt Klara Sang, seine
Frau, Jasmin zu atmen glaubt — „Jasmin! Das ist er —
nun bin ich gleich ruhig — welch ein Glück!“ Wer ein
Verhältnis wie das zwischen diesen beiden Eheleuten glaubhaft
zu machen weiß, in dem muß „Mann und Weib“ das Ur—
element aller organischen Natur lebendig gewesen sein, als das,
was es ist, als das große, ewige, nie mit dem Verstand zu er—
gründende, nur mit dem Gefühl, dem reinen, keuschen, zu
ahnende heilige Gesetz einer heiligen Weltordnung. Ja — wenn
ich gesagt habe, daß Gott den Dichter als den Propheten für
die Menschen gewollt hat, so ist das Gespräch, in welchem
Klara Sang zu ihrer Schwester Hanna von Adolph, ihrem
Gatten, spricht und ihr den Mann beschreibt, so ist dieser
Mann selbst, dieses heilige Kind, so ist dieses ganze wunderbare,
w 27