Björnstjerne Björnson
411
eine Theaterprahlerei vernimmt, sondern dem Manne, der es
ausspricht, glaubt, so wie ich ihm an dem Abend geglaubt
habe, ihm noch heute glaube, der muß die stählerne Seele, aus
der das Wort kommt, aus eigener Seele in sich tragen, selbst
ein Advokat Berent sein! Alle Kompromißdramatiker würden
der Szene und dem Wort klüglich aus dem Wege gegangen
sein — „man würde dir doch nicht glauben; würde sagen,
du renommierst“. Dieser Biörnson ist ihr nicht aus dem
Wege gegangen, weil er wußte, daß Berent so tun, so
sprechen würde, weil seine eigene, große, naive Seele ihm das
sagte. Es werden heutzutage so komplizierte Methoden gesucht,
um Wert und Unwert eines Dichters, eines Künstlers kritisch
festzustellen, — und doch gibt es eine so einfache, daß es die
einzige sein sollte: Laßt mich sehn, was der Mann für Ge—
stalten in sich trägt, laßt mich hören, wenn er ein Dichter,
laßt mich sehn, wenn er ein Bildner ist, ob seine Gestalten
wirkliche Bestandteile seines eigenen Innern sind, ob ich an
sie glauben muß. Nun — diese Methode auf Biörnstjerne
Björnson angewandt: ein Advokat Berent, das haben wir eben
gesehn, ist also in ihm, ein Mann von der Art jener, an
denen Lug und Trug sich selbst zu Tode rennen, wie Mücken
und Fliegen sich in die Flamme des Lichts stürzen und darin
sterben müssen, und ein Mann zugleich, der, nachdem er den
Lügner zum Geständnis gezwungen, sich neben ihn setzt: „Ist
es denn nicht etwas Schönes, sein gutes Gewissen wieder zu
erlangen ...?“
Nun gehen wir weiter. Der Advokat Berent hat die
Szene verlassen — statt seiner kommt eine Frau, die Gaͤttin
des Bankrottierers, Frau Tjälde. Und es kommt der Auftritt,
das Gespräch zwischen Mann und Frau, zwischen dem Mann,
der immer so klugen Kopfes und dummen Herzens, und der
Frau, die immer so unklugen Kopfes und so weisheitsvollen
Herzens gewesen ist. Diese Frau Tjälde, vor der, wenn sie