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Furor Teéutonicus
brechenden Anlauf und so viel mattherziges Erlahmen, Zer—
splittern und Versiegen der Kraft in der Verfolgung des Zieles
erblicke, wie in der deutschen. Weil all diese Lähmungen,
Hemmungen, diese bösartigen Fügungen, die den schon so oft
beinahe errungenen Sieg immer wieder aus der deutschen Hand
gewunden haben, nicht von draußen, nicht von dem Auslande
und den Fremden gekommen, sondern aus den innersten, eigensten
Eigenschaften der deutschen Natur herausgewachsen sind, wie
böses Unkraut, das in seiner geilen Wucherung die guten und
edlen Pflanzen schließlich erdrückt und erstickt hat, nicht nur für
den Augenblick, sondern oftmals für Jahrhunderte, manchmal für
immer, weil keine Geschichte eines anderen Volkes so die Ge—
schichte der Selbstzerstörung eines Volkes ist, weil in keiner
Volksseele der Wahnsinn des Selbstmordes so sein breites,
tiefes, blutiges Brandmal eingedrückt hat, wie in der deutschen.
Wenn ich die leitenden Persönlichkeiten der Weltgeschichte
betrachte und vor die großen deutschen Menschen trete — welch
eine Empfindung! Welch ein Jungbrunnen von Kraft in diesen
Seelen, welch ein Reichtum von urwüchsigen Gedanken in
diesen Köpfen, welch eine Fülle von allem, was wir Menschen⸗
herrlichkeit nennen, in diesen ganzen Persönlichkeiten! Mögen
es Männer der Tat, oder des Gedankens sein, immer wieder
fängt mit jedem dieser Männer die Welt von neuem an; wie
ein menschgewordener Frühlingssturm brausen sie in die stickig
gewordene Luft der Zeiten hinein, ein Schwall von Hoffnungen,
wie ein flammender Kometenschweif hinter ihnen drein, und das
Ziel in leuchtender, beinahe greifbarer Nähe dicht vor ihren
Augen und vor den Augen derer, die ihnen folgen. Und dann,
bevor das Ziel erreicht ist, beinahe im letzten Augenblick, aus
dem Innern dieser Persönlichkeiten hervorbrechend eine Flamme,
von der niemand zu sagen weiß, aus was für Elementen sie ent—
standen ist, die über sie selbst emporwächst, über ihrem Kopfe,
ihrem Verstande zusammenschlägt, ihre Augen blind macht und